Eine wichtige künftige Einnahmequelle, auf die die Gemeinde setzt: der Bauplatzverkauf im zweiten Bauabschnitt des Weitinger Baugebietes "Seite", der im Jahr 2018 anlaufen soll. Foto: Störzer

Bis 2020 könnten auf jeden Bürger 1000 Euro Schulden kommen. Viele Projekte, aber nicht ausreichend Mittel.

Eutingen - Es war zu spüren, dass es einigen Gemeinderäten bei der letzten Sitzung nicht ganz wohl in ihrer Haut war. Der Grund: Werden die Großprojekte in den nächsten Jahren so umgesetzt wie geplant, verdoppeln sich die Schulden der Gemeinde glatt.

Eutingen. Zu Beginn des Jahres 2017 beträgt der Schuldenstand 3,16 Millionen Euro oder 566 Euro je Einwohner. 2020 könnten es bereits 6,04 Millionen Euro oder 1069 Euro je Einwohner sein. Zur Erinnerung: Der Gemeinderat hatte sich vor einigen Jahren vorgenommen, die Pro-Kopf-Verschuldung auf 500 Euro zu drücken.

Die Ausgaben sind in den vergangenen Jahren immer weiter angestiegen. Hierzu zählen beispielsweise die Personalausgaben, die auch aufgrund neuer Aufgaben im Kindergartenwesen klettern. Aber auch bei der Kreisumlage werden über 500 000 Euro mehr fällig als noch 2010.

An kostspieligen Großprojekten mangelt es nicht. Sei es das barrierefreie Rathaus, die Hallensanierungen in Weitingen und Eutingen oder das Feuerwehrhaus Weitingen, um nur die wichtigsten zu nennen. Hinzu kommen die Zufahrt zum Verbrauchermarkt und die Erweiterung der Gewerbegebiete Neuer Bahnhof und Dorfwiesen.

Im Gemeinderat ging es daher ums Grundsätzliche: "Wir müssen uns auch selbst an die Nase fassen", meinte Horst Niessner. "Wir sollten auch mal nein sagen können", sagte er. Als Beispiel nannte er die Übernahme des Raiba-Gebäudes in Weitingen.

Das Damoklesschwert von einer 1000-Euro-Pro-Kopf-Verschuldung ging Tobias Plaz gehörig gegen den Strich: "Das trage ich nicht mit. So verbauen wir uns alles für die nächsten Jahre". Man müsse vielmehr an Bevölkerung und Vereinsvertreter appellieren, dass Abstriche gemacht werden müssten. Zudem müsse man vermeiden, dass die Kosten von Projekten am Ende immer deutlich teurer seien als am Anfang. Hier dachte wohl so mancher an das Naturschutzzentrum des Nabu.

Hubert Lachenmaier hingegen verteidigte die Projekte der Vergangenheit. "Wir haben die Gemeinde so weiter entwickelt", betonte er. Zudem habe man eine sehr knappe Personaldecke, auch wenn die Personalkosten rund 20 Prozent der Ausgaben des Vermögenshaushaltes ausmachten.

Weitinger Zweifel am Sinn des Volleyballfeldes

Die 1,4 Millionen Euro, die die Gemeinde für die Kinderbetreuung ausgebe, zeige deren Stellenwert an. Bürgermeister Armin Jöchle ergänzte, dass die Elternbeiträge nur einen geringen Teil der Ausgaben wieder einspielten.

Stefan Lazar waren die vielen Ausgaben erkennbar ein Dorn im Auge. Er sprach sich dafür aus, die geplante Belagserneuerung an der Einfahrt zum Frachtzentrum zu verschieben. Mit diesen Mitteln solle besser das Rathaus an das Glasfasernetz angeschlossen werden.

Doch so einfach sei das nicht, sagte Jöchle. Die Einmündung müsse spätestens 2018 gemacht werden. Eine Insellösung für ein schnelles Internet im Rathaus befürwortete er nicht. Vielmehr strebt er eine Übergangslösung an, sobald der Funkmast beim Tennisheim ans Netz geht. Längerfristig sei eine Glasfaserverbindung von Haus zu Haus angedacht. Allerdings: "Die Versorgung in Eutingen liegt im Schnitt nicht unter 50 Mbit, daher wird es mit einer Förderung schwierig". Eine schnelle und günstige Lösung sei daher nicht in Sicht.

Hermann Nesch gab die Einschätzung des Weitinger Ortschaftsrates weiter. Ob es nicht möglich sei, jedes Jahr mindestens einen Feldweg zu sanieren. Zudem habe sich das Gremium gefragt, ob das Beachvolleyballfeld am Sportplatz wirklich notwendig sei, da das keine Pflichtaufgabe der Gemeinde sei. Es sei außerordentlich schwierig, wo was eingespart werden solle, sagte Jöchle. Viele täten sich schwer, etwas Liebgewonnenes loszulassen.

Diana Wally sprach die Baulandausweisung im Baugebiet Täle an. Hier müsse man sich über die Umlegungskriterien unterhalten, so Jöchle. Weiteres mögliches Bauland für die Zukunft könnte es auch in Eutingen oberhalb der Höhenstraße und beim Horber Weg in Rohrdorf geben.

Schlechte Karten hat der angedachte Radweg zum Rohrdorfer Sportplatz. Es sei schwer zu begründen, so Jöchle, dass das ein bedeutender Radweg sei. Und nur solche würden in den Radnetzplan des Landes aufgenommen.

Kommentarvon Martin Dold

Bürger am Zug

So viel hätte auch das letztlich abgelehnte Kombinierte Verkehrsterminal (KVT) nicht einspielen können: Die angedachten Großprojekte wie Hallensanierungen und der Rathausumbau haben das Potenzial, die seit vielen Jahren einigermaßen stabilen Finanzen der Gemeinde Eutingen aus dem Ruder laufen zu lassen. Statt 430 Euro Schulden pro Kopf (2009) könnte dieser Wert auf über 1000 Euro im Jahr 2020 emporschnellen. Bürger und Vereinsvertreter sollten Bürgermeister und Gemeinderat deutlich machen, was ihnen wichtiger ist: Höhere Schulden und damit ein deutlich geringerer Handlungsspielraum in kommenden Jahren – oder der Verzicht auf eines oder mehrere der Großprojekte. Denn dass die Bürger der Gemeinde am lokalpolitischen Geschehen großes Interesse haben, zeigten sie nicht zuletzt, als sie einen Bürgerentscheid zum KVT herbeigeführt hatten.