Im proppenvollen Kleintierzüchterheim warten die Bürger gespannt auf die Ausführungen der Bürgerinitiative. Foto: Morlok

Geplante Containerumladestation in Eutingen: Verkehr wird stark zunehmen. "Situation würde sich weiter verschärfen".

Eutingen - So voll wie zur Infoveranstaltung der Bürgerinitiative (BI) "Nein zum Railport Eutingen" war das Eutinger Kleintierzüchterheim sicher schon lange nicht mehr.

Einige besorgte Bürger haben sich nach der ersten Informationsveranstaltung zur geplanten Containerumladestation, die hinterm Eutinger Bahnhof entstehen soll, mit dem primären Ziel zusammengetan, die extrem schwierige Verkehrssituation in der Ortsmitte zu entschärfen und den Ortskern für alle Bürger als Wohn- und Einkaufsstätte wieder sicher und attraktiv zu machen.

"Ein Railport am Eutinger Bahnhof würde die aktuell bereits schwierige Situation nur noch weiter verschärfen", so die klare Einschätzung der BI. Sie haben sich deshalb die Mühe gemacht, in aufwendigen Recherchen die mehr als schwammigen Aussagen, die während der ersten Bürgerinfo-Veranstaltung von den Verantwortlichen der Firma "Metrans" und von Kurt Plathe, Inhaber der Nagolder Spedition Kußmaul, gemacht wurden, zu relativieren. Das Ergebnis ihrer Arbeit stellten sie am Samstagabend den rund 150 Personen – die meisten davon klare Gegner der Containerumladestation – vor.

Am Anfang ihrer Ausführungen betonte die BI, dass sie keinesfalls dem Gemeinderat bei seiner schweren Entscheidung für oder gegen diese Umladestation Knüppel zwischen die Beine werfen wolle. Im Gegenteil. Man möchte den Gemeindevertretern helfen, ihnen faire Zahlen an die Hand geben und sie für die Ängste und Befürchtungen der Bürger zu diesem Thema sensibilisieren. Ein Thema, das nach Meinung der BI in seiner gesamten Komplexität in die Hände von Fachplanern gehört und nicht auf den Schultern von ehrenamtlichen Gemeinderäten abgeladen werden sollte.

Im ersten Schritt ihrer Präsentation appellierte die BI an die "Verantwortung für unsere Umwelt". Auch für sie steht fest, dass der ökologische Nutzen eines kombinierten Verkehrs "Schiene-Straße" unbestritten ist, jedoch ist aus ihrer Sicht Eutingen kein geeigneter Standort für einen Railport.

Bereits heute rollen durch Eutingen werktags 10 472 Kraftfahrzeuge, darunter 1366 Lkws (13 Prozent). Für die Anwohner der Hauptstraße bedeutet dies, dass sie permanentem Lärm und Feinstaub ausgesetzt sind und dies in Verbindung mit Lärmstress und Schlafstörungen, die krank machen. "Wer kann, wird dem entfliehen und die Hauptstraße droht auszusterben", so die Schlussfolgerung der BI aus dieser Ist-Situation.

In einigen Beispielsbildern zeigten die BI-Mitglieder Verkehrssituationen in Eutingen auf, die man schlicht und einfach als lebensgefährlich bezeichnen kann. Hier sticht vor allem die Breite der Fußgängerwege von der Metzgerei runter in den Ortskern ins Auge. Links sind es ganze 60 Zentimeter, rechts immerhin 84 Zentimeter. Mit Rollator oder Kinderwagen geht da gar nichts. Und alle 23 Sekunden rauscht ein Brummi durch dieses Nadelöhr.

Bei solchen Gegebenheiten klingen dann Sprüche wie der von Verkehrsminister Hermann "man muss die Durchfahrtsstraßen für den Schwerlastverkehrt unattraktiv machen" oder der Einwand von Kurt Plathe "man müsste Straßen bauen – aber das kann doch nicht Thema dieses Projektes sein" wie Hohn in den Ohren der betroffenen Bürger, die ihrem Ärger am Samstagabend auch freien Lauf ließen.

In einem weiteren Schritt nahmen die Verantwortlichen der BI die bei der ersten Bürgerinformation vorgelegten Zahlen ins Visier. Damals war von 112 Ladeinheiten (LE) pro Tag ankommend die Rede. Das heißt im Klartext, dass 112 Lkws zum Umladeterminal müssen. Das sie auch wieder abfahren müssen, das gab Metrans-Geschäftsführer Holger Westphal auf Nachfrage der BI in einem Telefonat am 4. Mai zu. Und schon werden aus 112 Lkws 224 Brummis.

Automatisch werden so aus den geschätzten 25 000 bis 30 000 LE bei 252 Arbeitstagen 56 448 LE’s. Dadurch liegt man in der Größenordnung einer mittleren Umladestation, wie man sie in großen Städten findet. Der Blick der BI ging selbstverständlich auch in die Zukunft. "Das Einzugsgebiet des Eutinger Railports ist natürlich auch der Süden", ließen die Metrans-Verantwortlichen inzwischen wissen, obwohl sie bei der Infoveranstaltung im März noch von gerade mal 2,5 Prozent Verkehr in Richtung Freudenstadt (Westen) sprachen und gar von null Prozent in Richtung Singen (Süden).

Nach einem hastig nachgeschobenen Gutachten von Metrans beläuft sich das West + Süd Potenzial nun doch auf 45,4 Prozent der 224 LE’s pro Tag. "Spätestens mit Bau der Horber Hochbrücke werden all diese Railport Lkws ihren Weg mitten durch Eutingen nehmen, alles spricht dann dafür, diese deutlich kürzere, zeitgleiche und kostengünstigere Strecke zu wählen" glaubt die BI.

"Auch ohne Hochbrücke werden viele Railport Lkws, ihren Weg mitten durch Eutingen nehmen. Das Navi zeigt bei Einstellung ›Effiziente Route‹ genau diesen Weg von und nach Süden" so eine weitere Überzeugung der BI, die durch Mitglied Jens Eggert hierzu eine ausführliche Analyse erstellen ließ. Die Essenz seiner Ermittlungen sind: Lkw-Fahrer fahren nach Navi (Aussage Plathe/Kußmaul), die jährliche Mautgebühren-Ersparnis dieser Route beträgt über 50 000 Euro und Eutingen ist Ausweichroute bei allen Staus und Unfällen auf der Autobahn.

Eine weitere große Gefahr, dass der Verkehr in Zukunft zunehmen wird, sehen die Gegner des Projektes in der Wachstums-Prognose des Container Verkehrs "Schiene-Straße". Die BI ist sich sicher, dass Metrans sich dieses Wachstum auch in Eutingen nicht entgehen lassen wird. "Man muss damit rechnen, dass Möglichkeiten gesucht und gefunden werden, sich der steigenden Nachfrage zu stellen", befürchtet die BI und ihr Umkehrschluss daraus ist, dass noch mehr Schwerverkehr durch Eutingen rollt.

Sie rechtfertigen diese Annahme mit einer Stellungnahme von Professor Bernecker, die dieser im Rahmen einer Studie im Auftrag des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg im Mai 2013 abgegeben hat.

Bernecker schreibt darin, dass neben der bereits ausgewiesenen Fläche eine Erweiterung für bis zu 25 000 LE’s auch in Eutingen möglich wäre.

"Man muss damit rechnen, dass dieser Railport aufgrund seiner strategisch günstigen Lage zu Autobahn und Schienennetz sowie seiner Erweiterungsmöglichkeiten zu einem "Logistik-Park" heranwächst, der in seiner Dimension zur Größe und zum Charakter des Ortes nicht passt und so eine unwiderrufliche Veränderung von Landschaftsbild und Ortscharakter nach sich zieht.

Im Fazit ihrer Betrachtungen und aufgrund der beschriebenen Ausgangssituation und unter Abwägung der kurz- und langfristigen Auswirkungen eines Railports auf Verkehr und Infrastruktur des Ortes sagt die Bürgerinitiative ganz klar "Nein zum Railport Eutingen".

Im Anschluss an diese Präsentation kam es zu hitzigen Wortgefechten. Vor allem Kurt Plathe schoss sich dabei ein Eigentor nach dem anderen. Er verstrickte sich in widersprüchliche Aussagen und als all seine unternehmerisch orientierten Argumente nicht zogen, stand für ihn fest, dass die regionalen Großfirmen ihre Firmensitze ins Ausland verlagern, wenn man den Railport nicht baut.

"Und wegen so ein paar Container zieht der fischer nach Shanghai – des glaubet se doch selber net", so ein erboster Zwischenruf. Kurt Plathe musste sich anhören, dass man ihm sowieso nichts mehr glaubt und er die Gesundheit der Menschen und das Leben der Kinder nicht wegen so einem Projekt noch mehr in Gefahr bringen soll.

Info: Unterschriftenlisten gegen den Railport liegen in vielen Geschäften der Gäugemeinde aus.