1936, Maienträger ist Otto Miller, der Fähnrich ist Paul Fuhrer Foto: Schwarzwälder-Bote

Der aus Wurmlingen stammende Eutinger Anton Birlinger kennt sich aus mit Geschichte des Pfingstritts

Von Alexandra Feinler

Eutingen/Rottenburg-Wurmlingen. Zahlreiche Festschriften und recherchierte Geschichten zum Wurmlinger Pfingstritt liegen auf seinem Esszimmertisch. Der in Eutingen lebende Anton Birlinger ist bis heute mit seiner Heimat Wurmlingen stark verwurzelt und denkt jetzt schon an das kommende Fest.

Am heutigen Samstag, 23. Mai, startet das Pfingstreiten in Wurmlingen. Bis Pfingstmontag, 25. Mai, wird der Jahrgang 1995/96 das Ereignis in diesem Jahr austragen.

Früher haben die Rekrutenjahrgänge den alle zwei Jahre wiederkehrenden Brauch veranstaltet, heute sind es die Schuljahrgänge. 1969 war der Eutinger Anton Birlinger dabei, doch selbst Jahrzehnte danach wirkte er noch im Festkomitee mit. Bis heute ist es ihm ein Anliegen, dass der alte Brauch nicht verloren geht.

"Da steckt so viel Geschichte dahinter, die muss erhalten bleiben", erklärt der Rentner und verweist auf die lange Tradition. Wann genau der Wurmlinger Pfingstritt ins Leben gerufen wurde, ist nicht bekannt. "Durch fehlende schriftliche Zeugnisse ist es schwer, diese Wurmlinger Sitte zu bestimmen", schreibt Birlinger.

Schriftlich erwähnt wurde der Pfingstritt wohl erstmals in der Franzosenzeit. Die Figuren wie der Maienträger, der Mohrenkönig, Doktor Eisenbart und weitere, aber vor allem die Hauptfigur der Pfingstbutz lassen vermuten, dass der Brauch schon viele Jahrhunderte alt ist. Zeitzeugnisse gibt es allerdings nur wenige.

Im Nachlass des Wurmlinger Bürgers und Poeten Nikolaus Miller befindet sich eine Pfingstpredigt aus dem Jahr 1820. Die Hauptfigur Pfingstbutz gab es in manchen Regionen wie in Worms schon während der Amtszeit von Bischof Burchard von Worms (967-1025). Und auch in Wurmlingen muss der Brauch schon lange gepflegt werden. Sollte der Pfingstbutz, ein Jüngling gehüllt in junges Buchenlaub, Regen für die Landwirtschaft bescheren.

Mancher nahm an, dass der Regen das Pfingstreiten zum Pfingstdreckreiten werden ließ. Doch daher kam die frühere Bezeichnung des Festes laut Anton Birlinger nicht. Er meint, der schwäbische Dialekt hätte aus einem Pfingstreck einen Pfingschdreck und damit die Frühlings-Brauchtumsveranstaltung zum Pfingschdreckreiten gemacht.

Einen Hinweis darauf findet er in Aufzeichnungen aus dem Jahr 1858: "Eine Anzahl junger Burschen begaben sich zu Pferd nach dem Mittagsgottesdienst in den obren Wald. Allda wurde der Pfingstdreck erwählt."

Bemerkenswert muss auch sein, dass der Wurmlinger Pfingstbutz offenbar damals schon auf dem Pferd mitritt. Früher sei er ohne Pferd unterwegs gewesen und habe damals auch in den örtlichen Brunnen gebadet. Genannt sind der Brunnen beim Gasthaus Rössle, der damalige obere Brunnen beim Gasthaus Adler oder die Brunnstube im Brunnring. Örtliche Begebenheiten fließen immer wieder in den theatralisch aufgeführten Pfingstritt ein.

Anders ist es bei Möhrenkönig, der wohl auf das dunkelhäutige Volk der Mauren hinweist. Das Königreich Mauretanien, das sich über das heutige Marokko und Algerien erstreckt, gehörte einst ebenso zum römischen Reich wie Wurmlingen. Über Theaterspiele könnte der "Mohrenkönig" so in den Pfingstritt aufgenommen worden sein, rätselt Birlinger.

Beim Spruch des Mohrenkönigs habe sich über die Jahre ein Fehler eingeschlichen und es hieß: "Ich hab ein schwarzes Haar und ein weißes Gesicht." Das kann so natürlich nicht stimmen, ist sich der gebürtige Wurmlinger sicher. In der Überlieferung aus dem Jahr 1861/62 seines gleichnamigen Vorfahrens Anton Birlinger steht: "Ich hab ein weißes Haar und ein schwarzes Gesicht."

Doch Birlinger erinnert auch daran: "Ein Brauchtum, das lebt, das verändert sich auch immer wieder. Teile fallen weg, anderes wird aus welchen Gründen auch immer aufgenommen, als gut empfunden und akzeptiert."

Das bezieht sich auch auf die wohl jüngste Figur: Doktor Eisenbart. Diese geht auf den Wurmlinger Wundarzt Johannes Andreas Eisenbart zurück. Er lebte 1663 bis 1727. Weil er wie ein Marktschreier auf seine Behandlungen aufmerksam machte, wirkte er auf viele wie ein Quacksalber. Aus dieser Zeit muss auch das Lied vom Doktor Eisenbart stammen, das bis heute noch vorhanden ist.

Für viele Bürger und vor allem für die Jahrgänge sind diese Geschichten nicht mehr allgegenwärtig. Sie kennen das Fest und pflegen den Brauch, wissen aber nicht, wie besonders das Wurmlinger Pfingstreiten ist.

"Viele solcher Pfingsttraditionen haben die Geschichte nicht überstanden. Oft ist selbst in Archiven nur wenig zu finden", erklärt Birlinger und freut sich umso mehr, dass die Wurmlinger bis heute noch das Brauchtum alle zwei Jahre, zur ungeraden Jahreszahl, am Fuße der Wurmlinger Kapelle mit Leben erfüllen.

Pfingstsamstag

u 18.30 Uhr: Gottesdienst in der Katholischen St. Briccius Kirche in Wurmlingen

u 20 Uhr: Einmarsch ins Zelt mit Vorstellung des Pfingstreiterjahrgangs

u 20.30 Uhr: Jahrgängerabend mit den Albkrachern

Pfingstsonntag

u 11 Uhr: Frühschoppen mit dem Musikverein Wurmlingen

u 15 Uhr: HirschWurm Blechtreff

u 20 Uhr: Tanzabend mit DJ BOA

Pfingstmontag

u 10.30 Uhr: Frühschoppen mit dem Musikverein Wurmlingen

u 13 Uhr: Traditioneller Festumzug mit Ritt um den Maien und Siegerehrung

u 15 Uhr: Festausklang mit der Trachtengruppe Schießen