Im Auftrag des Naturschutzes (von links): NABU-Landesgeschäftsführer Uwe Prietzel, Minister Alexander Bonde und NABU-Landesvorsitzender André Baumann. Foto: NABU

In Radolfzell wird grünere Infrastruktur in Baden-Württemberg gefordert. Überraschungsbesuch von Minister Alexander Bonde.

Eutingen - Klimawandel, viel verbrannte Braunkohle und Biotope in Baden-Württemberg: Der NABU Eutingen war bei den Naturschutztagen in Radolfzell und berichtet über das Erlebte.

Beim Treffen der Naturschutzverbände NABU und BUND wurde den etwa 600 Teilnehmern bei vier Schwerpunktthemen neue Informationen nähergebracht. Die Eutinger Teilnehmer Eberhard Kläger, Egbert Badey mit den Crazy-Stork-Mitgliedern Christopher Meitz, Maximillian Schaffner, Michael Gsell und Christian Creuzberger konnten unter den Themen "Brücken in die Zukunft", "Grüne Infrastruktur", "Klima/Energie" und "Kommunale Biodiversität" eine reiche Auswahl finden.

Bei 13 Fachvorträgen, zwei Podiumsdiskussionen und 29 Seminaren und Exkursionen wurden von Fachleuten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik Entwicklungen, Zukunftsaussichten und Szenarien, die uns in den nächsten Jahrzehnten erwarten, mit Fakten untermauert.

Von Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, erfuhren die Besucher, wie die Großindustrie sich permanent über Umweltschutzbestimmungen hinwegsetze und Justiz und Politik, die diese Probleme kenne, bewusst nicht reagiere.

Dass es auch anders geht, zeigte Antje von Dewitz, Geschäftsführerin der Firma Vaude aus Tettnang. In ihrer Firma wird an allen Stellschrauben einer umweltgerechten Materialbeschaffung und Produktion gedreht. Professor Niko Paech zeigte, dass ein Leben auf dem Planeten ohne permanentes Wachstum möglich sei. 

Am zweiten Tag mit dem Thema Biotopverbund wurde die Bedeutung des Klimawandels auf die Tier- und Pflanzenarten erläutert.

Staatssekretärin Gisela Splett berichtete über grüne Infrastruktur in Baden Württemberg. In der Podiumsdiskussion wurde dieses Thema diskutiert. Fazit: "Tiere und Pflanzen werden gezwungen sein, sich neue Lebensräume im kühleren Norden oder in höheren Regionen zu suchen. Diese Suche darf aber nicht an der nächsten Autobahn oder Straße enden. Baden-Württemberg muss für Tiere durchwanderbar werden". Der Biotopverbundplan der erstellt werden muss, zielt vor allem auf Tier- und Pflanzenarten ab, die im Offenland leben, also auf Wiesen und Feldern.  

Der Klimawandel beherrschte den Montag. Professor Stefan Rahmstorf berichtete über Zukunftsperspektiven im Klimaschutz. Aus Sicht der Bundesregierung referierte Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter.

Erfrischend waren die Ausführungen von Bene Müller über regenerative Energieprojekte und Naturschutz in der Praxis. Als Vorstand der Firma Solarcomplex konnte er die laut NABU teilweise verfehlte Klimaschutzpolitik der Politik und Wirtschaft an Projekten dokumentieren.

"Grün-Rot scheitert beim Ausbau der Windenergie"

Anschließend gab es eine Diskussion mit den Referenten sowie der Landesgeschäftsführerin des BUND, Sylvia Pilarsky-Grosch. Müller sagte, zur Jahrtausendwende sei er zur Überzeugung gekommen, dass die Wende zu einer 100-prozentige Energieversorgung aus regenerativen Quellen in 30 Jahren machbar sei. Dass die grün-rote Landesregierung grandios beim Ausbau der Windenergie scheitern werde, prophezeite er genauso, wie er den Naturschützern in Sachen Artenschutz eine übertriebene Schutzbedürftigkeit vorwarf, die die Windenergie verhindere.

Hierfür bekam er oft spontanen Beifall. Heftiger waren die Äußerungen gegen Schwarzelühr-Sutter. Ihr hielt er vor, den Arbeitsplatzabbau in der Solarbranche klaglos hinzunehmen und forderte gleiches Verhalten bei der Stilllegung von Kohlekraftwerken. Durch die guten Kontakte von Wirtschaftsministers Gabriel zu den Energieversorgungsunternehmen würden Erfolge der Bürgerenergie-Initiativen behindert. Ihre Äußerung: "Erklären Sie mal einem Arbeitnehmer, warum man nichts für den Erhalt seines Arbeitsplatzes unternimmt", damit die wirtschaftlichen Aspekte der Energiewende berücksichtigt werden könne, kam nicht richtig an.

Die Ziele der Energiewende seien verschoben worden, denn die Stromerzeugung aus der Braunkohle seien wieder auf dem Niveau von DDR-Zeiten. Dass dadurch die Akzeptanz bei der Bevölkerung für die Energiewende schwinde, merkte Pilarsky-Grosch an.

Nach Meinung von Rahmstorf könnte dies weltweite Auswirkungen haben, denn der deutsche Anteil zur Energiewende habe international eine riesige Bedeutung.

Wer dachte, dass der letzte Tag, an dem die kommunale Biodiversität anstand, langweilig werden würde, sah sich getäuscht. Denn es stand der Überraschungsbesuch von Minister Alexander Bonde an. Unter der Überschrift "Bewahren und Gestalten: die neue Naturschutzstrategie für Baden-Württemberg" sprach er die politischen, ökologischen und naturschutzrelevanten Themen an, die sich in vielen Punkten mit den Naturschutzzielen von BUND und NABU decken.