Die Weitinger Urnburghexen tragen ihr Scherflein dazu bei, dass Hexen nicht in Vergessenheit geraten. Foto: Morlok

Hexenmeistersitzung im Narrenheim der "Bettschoner". Heimatforscher wühlen in Historie.

Eutingen-Weitingen/Horb - Am Sonntagnachmittag trafen sich die Hexenmeister der umliegenden Narrenzünfte in Weitingen zu einer Hexenmeistersitzung im Narrenheim der "Bettschoner".

Im Anschluss an diese geschlossene Versammlung traf man sich zu einem Vortrag der Heimatforscher Werner Baiker und Klaus Warnke aus Empfingen, die zum Thema "Geschichte und Entstehung der Hexen im schwäbisch-alemannischen Raum" wissenswerte Details erläuterten.

Hexen gibt es heute nicht nur um die Fasnetszeit, sondern überall im täglichen Leben, so ihre These. Wer’s nicht glaubt, sollte nur mal an den schmerzhaften Hexenschuss, an Bibi Blocksberg oder die vielen Halloween-Hexen denken, die unlängst ihr Unwesen trieben. Heute weiß man, dass es sich nur um Fabelwesen handelt, von denen keine Gefahr ausgeht.

Das war früher nicht immer so. Die Menschen glaubten noch im letzten Jahrhundert an die wundersame Kraft der Hexen, die auf Besen, Feuerhacken oder gar auf Tieren durch die Lüfte flogen und für vielerlei Unglücke verantwortlich gemacht wurden. Tierkrankheiten, Missernten, Wetterkapriolen – das alles und noch viel mehr wurde den Hexen zugeschrieben. Um sich vor ihnen zu schützen, nagelten die Bauern Hufeisen über die Stalltür und die Firstziegel der Häuser wurden mit Zacken versehen, damit die Hexen nicht auf dem Dach landen konnten. Damals entstanden die auch heute noch weit verbreiteten Begriffe "Wetterhex" oder "Behnehex", erläuterte Baiker den rund 40 Hexenmeistern.

Wie aber entstand der Hexenaberglaube und welchen Einfluss hatten die sogenannten Märchenhexen auf den Ursprung der Fasnetshexe? Diesen Fragen gingen die beiden Vortragenden nach.

Werner Baiker übernahm dabei den Part der geschichtlichen Nachbetrachtung. Seinen Recherchen nach kann der Ausdruck Hexe zum Teil vom althochdeutschen Wort "Hagazussa" abgeleitet werden, was soviel wie Hag oder Hecke bedeutet. Damals war der Hag die Einfriedung um den Ort und er bestand zum Schutz vor dem Feind meist aus Dornenhecken. Nur die Hexe – die Heckenreiterin – konnte darauf ohne Probleme sitzen. Sie hatte ja Zauberkräfte. Er verdeutlichte auch, dass der Aberglaube oft vom Aussehen der älteren Frauen in den Dörfern abgeleitet wurde.

Warzen im Gesicht und gebeugter Gang wurden nicht als altersbedingte Krankheiten angesehen, sondern als böse Zeichen. So entstand nach und nach der Aberglaube, denn alles, was im Flecken schief lief, wurde auf die Hexe geschoben. Die Gebrüder Grimm, die 1837 in ihrem Märchen Hänsel und Gretel zum ersten Mal eine Hexe als Illustration vorstellten, taten ihr Übriges dazu, den Hexenkult zu unterstützen.

Häs der Empfinger Rußhexe aus alten Frauenröcken entstanden

Wie die Hexen dann später in die schwäbische-alemannische Fasnet kamen, erläuterte Klaus Warnke. In einer Zusammenfassung beleuchtete er die geschichtlichen Hintergründe der Tracht mit ihren Besonderheiten. Ob Kopfschmuck, Gehrock oder Mailänder Einstecktuch – jedes Detail zeugte von Heimatverbundenheit und der Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft und gab Auskunft über den Träger. Da nach und nach die Bekleidungsvorschriften fielen und die Leute anziehen konnten, was sie wollten, wanderten Teile der Tracht immer mehr in die Fasnets-Kostüme jener Zeit. Aus alten Frauenröcken entstand so beispielsweise das Häs der Empfinger Rußhexe.

Vollends ihren Siegeszug traten die Hexen an, als der Offenburger Holzschnitzer Karl Vollmer die erste Holzlarve schnitzte und durch Veröffentlichungen bekannt wurde. Überall gründeten meist junge Männer Hexengruppen und die Hexe mit ihrer Holzmaske wurde zum Synonym für die schwäbische-alemannische Fasnet. Das "Offenburger Modell" ist heute weit verbreitet und auch die Horber Hexen tragen diese Maske.