Bäckerei Plaz besteht seit 125 Jahren / Pfeifer-Beck überlebt als Einzige der drei früheren Bäckereien / Brezeln als Markenzeichen

Von Martin Dold

Eutingen. Man schreibt das Jahr 1890: Bismarck trat als Reichskanzler zurück und Helgoland ging von Großbritannien an Deutschland über. Doch für Eutingen noch viel wichtiger: Die Bäckerei Plaz wurde in diesem Jahr gegründet.

Tobias Plaz führt das Unternehmen mittlerweile in der vierten Generation. Sein Vater Roland fährt morgens noch Backwaren aus und springt ein, "wenn es klemmt".

Dessen Großvater Anton Plaz gründete die Bäckerei im Jahr 1890, was sich an einer Baugenehmigung für einen Backofen nachweisen lässt. Die Tageseinnahmen damals: 3,15 Mark. Das Haus selbst wurde nach dem Fleckenbrand von 1685 gebaut, erstmals erwähnt wurde es 1820. Das Haus wurde mehrfach umgebaut, so wurde die einstige Scheune abgerissen und dort die Backstube gebaut. Sogar Bischof Sproll übernachtete einst bei einem Besuch von Eutingen in dem Haus.

Nach dem Tod von Anton Plaz im Jahr 1935 führte dessen Frau Maria die Geschäfte weiter, bis Stefan Plaz nach seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft im Jahr 1948 die Bäckerei die Leitung übernahm.

Stefan Plaz war in Kälberbronn als Holzmacher in französischer Gefangenschaft. Er sprach Französisch, was ihm auch später in Eutingen zugute kam. So belieferte er als Bäcker das Munitionslager in Eutingen und die Horber Kaserne der Franzosen.

Von den Franzosen erhielt Stefan Plaz die Auflage, mit dem Auto lediglich zu diesen beiden Orten fahren zu dürfen. Als aber ein Kind ins Wasser gefallen war und schnell ins Krankenhaus musste, setzte er sich über diese Beschränkung hinweg und fuhr das Kind ins Krankenhaus. Der damalige Schultes zeigte Plaz wegen einer Privatfahrt an, worauf ihm die Fahrerlaubnis entzogen wurde. Daraufhin meldete Stefan Plaz den Franzosen, dass er sie nicht beliefern könne. Und schwupps, schon sorgten diese dafür, dass das Fahrverbot wieder aufgehoben wurde.

Zu dieser Zeit hatte das Dorf mit 1000 Einwohnern noch drei Bäckereien: den Done-Beck in der Hinteren Gasse, den Peter-Beck in den Unteren Gasse und den eben Pfeifer-Beck, wie die Bäckerei Plaz damals genannt wurde.

Die Leute kamen damals oft mit den Zutaten in die Bäckerei, um daraus dann dort einen Kuchen backen zu lassen. Noch heute kommen zwei Familien, um in der Bäckerei ihr Brot backen lassen.

Morgens um 9 Uhr ging es früher zu Vesper und Frühschoppen ins Gasthaus "Waldhorn"

In jenen Zeiten ging es noch deutlich gemütlicher zu. Morgens um 9 Uhr, wenn der Großteil der Arbeit geschafft war, ging Anton Plaz mit einem befreundeten Schmied ins "Waldhorn" zu Vesper und Frühschoppen, erinnert sich Roland Plaz an Erzählungen von früher.

Stefan Plaz war im Vorstand der Landesbäckerinnung und Obermeister der Bäckerinnung Horb. "So kam er oft nach Stuttgart und informierte sich über die neuesten Trends", sagt Tobias Plaz. Ein großes Schaufenster hatte die Bäckerei bereits seit den 60er-Jahren, was damals noch kein Standard für Läden war. Ein Ölofen wurde 1967 angeschafft, zuvor wurde mit einem Dampfbackofen gearbeitet, der mit Kohle beheizt wurde.

Damals war es noch mehr als eine Bäckerei, bekam man doch dort auch alles für den täglichen Bedarf. Dieses Angebot wurde 2000 reduziert und mit dem Einbau des Cafés im Jahr 2011 auf das Wichtigste beschränkt. "Früher waren wir Nahversorger, heute sind wir Treffpunkt im Ort", beschreibt Tobias Plaz den Wandel.

Doch zurück zu Stefan Plaz: Er war gesellig, im Sportverein in der Vorstandschaft und hatte immer einen lockeren Spruch auf den Lippen. Oft erlebte man ihn auch fröhlich pfeifend – was natürlich zu dem Pfeifer-Beck passte.

Stefan Plaz schaffte auch schon früh eine Knetmaschine an und setzte auf neue Backöfen. Diese Ausrichtung auf die Zukunft dürfte mit ein Grund dafür sein, dass der Pfeifer-Beck als Einziger der drei früheren Bäckereien seit den 60ern übrig blieb.

Früher war es ein reiner Familienbetrieb und das Sortiment war deutlich überschaubarer. Heute gibt es 15 Sorten Brot, früher hingegen lediglich Grau- und Mischbrot. Schon immer ein Renner waren die Brezeln, wurden doch damals bis zu 2000 Brezeln von Hand geschleudert – wie bis zum heutigen Tag übrigens. Auf Handarbeit wird nach wie vor viel Wert gelegt. Die Brezeln von der Bäckerei Plaz sind seit Jahrzehnten ein Erfolgsprodukt und weit über Eutingen hinaus bekannt. "Das Rezept ist immer gleich geblieben", verrät Tobias Plaz.

Im Laufe der Jahr kam samstags ein Helfer hinzu, bei Roland Plaz waren es dann schon drei Mitarbeiter. Heute stehen fünf Fachkräfte in der Backstube, hinzu kommen weitere Aushilfskräfte.

Während früher die Beimischung von USA-Weizen im Trend lag, geht es heute zurück auf das Regionale und Ursprüngliche. So gibt es seit einigen Jahren wieder Holzofenbrot und auch der Dinkel – das ursprüngliche Getreide der Region – ist wieder sehr beliebt.

Kam die Kundschaft früher fast ausschließlich aus dem eigenen Flecken, so verzeichnet die Bäckerei mittlerweile vor allem aus dem Umland Zuwachs. Zudem werden immer mehr Vereine beliefert.

Gefeiert wird das 125-jährige Bestehen am Sonntag, 17. Mai, mit einem Tag der offenen Tür von 11 bis 17 Uhr.