Neue Besitzer in der Linde: Die Familie Medjedovic freut sich auf ihre neue Aufgabe. Mama Edita Medjedovic (Mitte) ist die neue Chefin des Traditionshauses. Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder-Bote

Neue Besitzerin der "Linde" kann schon 50 Kilo Spätzle schaben / Auch ein Treff für junge Leute soll eingerichtet werden

Von Peter Morlok

Eutingen. Mitte Januar wechselte im Gäu eine gastronomische Institution ihren Besitzer. Hanna und Philipp Kehm, die fast 41 Jahre Wirtsleute der Gaststätte "Zur Linde" waren, hörten am 11. Januar auf (wir berichteten) und übergaben ihr Haus der Familie Medjedovic.

Es war nicht nur ein einfacher Pächterwechsel, die Kehms verkauften ihr Haus mit allem, was dazugehört. Und für die neuen Besitzer stand von vorne herein fest: "Wenn schon, dann aber richtig."

Sie ließen sich komplett auf das Abenteuer ein, in die großen Fußstapfen der Familie Plaz/Kehm einzusteigen und die Tradition des Hauses weiterführen. "Ich hatte von Anfang an ein gutes Gefühl als ich dieses Haus das erste Mal von oben bis unten besichtigen durfte", sagte die neue Chefin Edita Medjedovic, die mit ihrem Vater Medo Soski im März 2014 den ersten Kontakt mit dem Besitzerehepaar Kehm aufnahm.

Ursprünge in einem Fischerdorf in Montenegro

Eigentlich wollte der Vater, der in einem kleinen, touristisch erschlossenen Fischerdorf in Montenegro wohnt und dort bis zum dortigen Krieg ein ähnliches Projekt betrieb, die "Linde" kaufen, nur gab es Probleme mit dem Visum und der Arbeitserlaubnis, so dass Tochter Edita nach reiflicher Überlegung in die Bresche sprang.

Nun ist ihr Reich dort, wo Philip Kehm die letzten 40 Jahre das Spätzlebrett schwang, und sie kann schon heute von der Erfahrung des routinierten Kochs zehren. Sie hat bei ihm viel gelernt: "Gestern habe ich 50 Kilo Spätzle geschabt", wie sie stolz im Gespräch mit unserer Zeitung verriet. Ihr Speisenangebot möchte sie in naher Zukunft zweigleisig aufstellen. Was auf jeden Fall bleibt, das ist die schwäbische Hausmannskost. Jedoch möchte sie auch Gerichte der Balkanküche anbieten. Dafür hat sie sich extra einen Koch aus ihrem Heimatort engagiert, der ab Anfang März in der "Linde" am Herd stehen wird.

1993 kam die Familie nach Deutschland. Alan Medjedovic fand Arbeit bei einem bekannten Autobauer, und deshalb zog die Familie 1998 von Heidelberg nach Rohrdorf. Inzwischen bewohnen sie ein Haus in der Gartenstraße und fühlen sich im Gäu zuhause. Der Chef der Familie wird weiterhin in Sindelfingen arbeiten, während sich der Rest der Familie – so gut es geht – in das neue Großprojekt einbringt. Dazu gehört auch Bruder Adrian Soski, der sich derzeit auf Urlaub in Eutingen aufhält, aber versuchen möchte, eine Arbeitserlaubnis zu bekommen. "Der wäre dann unser Mann für alles", verriet seine Schwester, "denn der kann kochen, servieren und ist handwerklich sehr begabt".

Umbauarbeiten sollen mit den Toiletten beginnen

So ein Mann könnte die Neu-Wirte-Familie in der Tat gut gebrauchen, da eines ihrer ehrgeizigen Zeile heißt, dass sie das Traditionshaus von Grund auf renovieren und modernisieren wollen. "Nicht von heute auf morgen, sondern Schritt für Schritt. Mit den Toiletten im Gaststättenbereich fangen wir an."

Eine weitere Veränderung soll es auch im aktuell leerstehenden Ladenanbau geben. Dort möchte die älteste Tochter Amina, die derzeit in Babypause ist, einen Treffpunkt für junge und junggebliebene Leute einrichten. Morgens Kaffeebar, abends Cocktails und Chill-Lounge. "Für die Jugend gibt es hier nichts – wenn wir abends mal weggehen wollen, müssen wir bis Sindelfingen fahren", so ihre Erfahrungen.

Trotz vieler Neuerungen soll vieles wie bisher bleiben. So werden sie auch weiterhin den Saal für Feste und Veranstaltungen mietfrei zur Verfügung stellen, im Sommer wird es das hausgemachte Eis nach den Geheimrezepten von Philipp Kehm geben, die Kegelbahn steht offen, und auch bei den Lieferanten wird sich nicht viel ändern.

"Warum soll ich Gutes verändern – dafür gibt es keinen Grund", ist Edita Medjedovic überzeugt. An einen neuen Ruhetag in der "Linde" muss sich auch niemand gewöhnen. Montags bleibt, wie die letzten 41 Jahre auch, die Küche kalt und die Eingangstür verschlossen.