In ihrem Schaukelstuhl im Garten kommen der Künstlerin Glenda Kreidler viele Ideen. Foto: Hopp Foto: Schwarzwälder-Bote

Momente der Muse: Glenda Kreidler findet Ideen im Garten oder beim Blick in den Sternenhimmel

Von Lena Müssigmann

Eutingen-Weitingen. Glenda Kreidler rückt sich ihren Gartenschaukelstuhl zurecht und lässt sich kühn nach hinten fallen. Beim Blick in den Himmel fliegen ihr so viele Ideen zu wie Schwalben über den Himmel. Genug Stoff für den arbeitsamen Winter.

Glenda Kreidler (78) hat auf einer Truhe neben der Terrassentür ihren Gartenhut und eine Zweigschere liegen. Wenn sie Zeit und Lust hat, kann sie sofort loslegen. "Im Sommer nehme ich mir viel Zeit für den Garten", sagt sie und zeigt ihre Pflanzen. Hibiscus, englische Rosen, Lilien und verschiedene Kräuter.

Hier kann sie abschalten, ihren Gedanken freien Lauf lassen. Sie sammle im Sommer unbewusst Ideen, die sie im Winter bearbeite. "Manchmal sehe ich einen Käfer, dessen Bewegung mir gefällt. Oder eine besondere Farbe, die mich inspiriert."

Der ist weit und endlos, das öffnet meine Gedanken"

Manchmal legt sie sich in ihren wippenden Liegestuhl und schaut in den Himmel. "Der ist weit und endlos, das öffnet meine Gedanken. Wer ins Universum schaut, kann keine negativen Gedanken haben." Wie in der Kindergeschichte von der Maus Frederik, die im Sommer Sonnenstrahlen für den harten Winter sammelt. Sie macht weder Skizzen noch Fotos. Sie behalte ihre Eindrücke wie ein Foto vor ihrem inneren Auge.

In ihrem Garten klimpert ein Windspiel. Auf einem rund gepflasterten Platz hinter der alten Scheune steht eine Steinskulptur von der Bildhauerin Sonya Braun aus Betra. Ein Holunderbaum hängt brengend voll mit schwarzen Beeren. "Es gibt ein Märchen, das von einem Mädchen erzählt, das in so einem Busch wohnt." Ihre Fantasie schlägt im Garten Kapriolen. Wenn sie sich mit ihren Ideen beschäftigt, kämen immer noch mehr dazu, sagt sie. "Wenn man das nicht hat, ist man kein Künstler."

Glenda Kreidler ist in Südafrika aufgewachsen und hat an der School of Art in Port Elizabeth studiert. Sie war im Kunstverein, hat sich kürzlich aber losgesagt und ist jetzt "solo unterwegs". Zur Zeit stellt sie im Bürgerkulturhaus in Horb aus, zeigt Bilder, in denen sie Eindrücke von ihrer Reise nach Israel verarbeitet hat.

Ein Bild, an dem sie gerade feilt, geht auf eine Einladung der Stadt Horb zurück: Im nächsten Jahr soll es eine Ausstellung geben, weil sich die erste Eisenbahnfahrt durch den Horber Bahnhof zum 150. Mal jährt. Kräftige Farbe, gerade, klare Linien, eine eher grafische Arbeit.

Wenn sie arbeitet, braucht sie ihre Ruhe, will keine Ablenkung. Ihr Atelier liegt im ersten Stock ihres Wohnhauses an der Weitinger Durchfahrtsstraße. Der Blick nach draußen ist von weißen Spitzenvorhängen unterbrochen, auf dem Boden liegt ein heller, hochfloriger Teppich. Neben ihrer Staffelei steht ein Bügelbrett, auf dem sie ihre Utensilien ausgebreitet hat, Gläser mit Stiften und Pinseln. In einem Korb nehmen gerne ihre beiden Siamkatzen Platz, die ihr bei der Arbeit Gesellschaft leisten. "Die bringen mir Liebe, Ruhe, Geborgenheit."

Gleich neben dem Atelier liegt ihr Schlafzimmer. Manchmal wache sie nachts mit Ideen auf und mache sich an die Arbeit. Dazu hört sie mal Kletzmer, mal Rockmusik.

Manchmal nimmt sie auch Auftragsarbeiten an, malt Porträts, als Vorlage dienen Fotos. "Heute will ja niemand mehr so lange sitzen", sagt sie. Das Porträt – für sie eines der heikelsten Werke. "Die Leute haben ein Bild von sich im Kopf, aber man malt die Seele. Manche Leute haben Angst vor ihrem eigenen Spiegelbild und sind am Ende schockiert."

Deshalb sei es ihr lieber, wenn Leute ihre Bilder kaufen, nachdem sie fertig sind. "Wenn ein Bild fertig ist, gehört es der Welt", sagt sie. "Ich habe die größte Freude, wenn jemand kommt und sagt: Ich mag das Bild. Und wenn er bereit ist, mit diesem Bild in seiner Wohnung zu leben." Sie empfinde es als ihre Pflicht und den eigentlichen Sinn ihres Tuns, "das Leben zu verschönern".