Pascal Schmitt und seine Narren haben es geschafft: Der Weitinger Rathausschlüssel ist in den Händen der Narren. Foto: Mattenschlager Foto: Schwarzwälder-Bote

Schlüsselübergabe: Narren nehmen Lokalpolitik auf die Schippe / Seitenhieb auf Eutinger fällt harmlos aus

Von Harald Mattenschlager

Fest in Narrenhand ist seit dem "Schmotzigen Daoschtig" der alte Narrenflecken Weitingen.

Eutingen-Weitingen. Nach dem "Aufwärmen" ging es zur Grundschule, dem Kindergarten und der Tagespflege. Nachdem alle befreit waren, hießen die Ziele Raiba und Bäckerei Kalbacher.

Gestärkt von den Wirtschaften, zogen die Narren samt Musikkapelle vor der Machtzentrale des "allgewaltigen Ortsherumstehers" auf und forderten den Schlüssel. Bevor sich der in seiner vierten Amtszeit befindliche "Oberjauner" Roland Raible diesen herausrückte, setzte er zur Verteidigung seiner Politik an.

Doch zuvor las Narrenboss Pascal Schmitt der Gemeinde- und Ortschaftsverwaltung die Leviten. Die Narren hätten gerne bei der Haushaltsmittelverteilung mehr für Weitingen abbekommen: "Unser Anspruch isch scho klei‘ – doch a bissle mehr hätt’s dürfa sei". Drum werde es Zeit, dass die Narren regieren.

Ein Wunder gab es mit dem Bauplatzverkauf in der "Seite". Während der Narrenpräsident im Vorjahr schelten musste, weil "nichts ging", habe die Gemeinde fast alles verkauft und kräftig abkassiert.

Jetzt fehle die Markthalle, damit man ordentlich einkaufen und aufs öffentliche Klo gehen könne. Die Gäuwärme erschließe den Flecken "ökologisch einwandfrei". Die Kehrseite: "Des müsset vor allem aoßere Stroßa büßa, dia seand aus wie a g‘flickte Hos", so Schmitt. Auch fehle ein neues Feuerwehrhaus: "Denn höret es isch kaum zu fassa, zum Ei‘parka miaßat se Luft aus de‘ Reifa lassa...".

Ein Seitenhieb auf die Eutinger, die immer wieder über Weitingen herziehen, fiel harmlos aus: "Doch die deant oa‘m so langsam nao no leid, sich do drüber lustig z‘machet isch fast koa mei Freid...". Zur Aufheiterung wurde der "Rathaus-Hit" angestimmt, dessen Refrain begeistert mitgesungen wurde. Kostproben: "Uff dr Eutinger Eisabahna duat da Jöchle so gern fahra, a Statio’ äll hondert Fuaß, a jeder do scho lacha muaß".

Eine Strophe widmete sich der mangelnden Wahlbeteiligung bei der Bürgermeisterwahl: "Die Bürgermeisterwahl war für Jöchle ne Qual, denn keine Sau ein Kreuzle macht, ein Schelm wer da schon wieder lacht…".

Die über 40-jährige Zusammengehörigkeit in der Gäugemeinde nahm Schmitt freundschaftlich-sportlich auf: "Uff dr Eutinger Eisabahna, scho 40 Johr au wir Weitinger fahra‘, seit dieser Zeit es Freude macht, wenn ma über a‘nander lacht... ".

In seiner Verteidigungsrede meinte der OV, das fehlende Feuerwehrgerätehaus sei mit das Ergebnis des KVT-Bürgerentscheids dahin: "Der Bürgerentscheid hat uns den Traum genommen – die Millionen sind verflossen". In Rohrdorf hätten dazu Hühner gewaltig gescharrt und auf freie Landschaft am Bahnhof beharrt, so Raible. Leider werfe die Abstimmung "auch unsere Weitinger Großprojekte zurück – die Feuerwehr und unsere Halle, müssen jetzt leider weiter warten, bevor wir mal können baulich starten".

Doch zuvor seien noch viele Projekte in Eutingen dran, vom Sportplatz, dem Nordbahnhof, ein Umbau des Rathauses für zwei Millionen Euro – "das wird betrieben vom Schultes mit aller Kraft, danach werden wohl die Ortsteilrathäuser zugemacht und eventuell die Ortschaftsräte abgeschafft", so Raibles Vision. Bis die Eutinger Halle saniert sei werde es wohl 2025.

Weitingen sei im Gemeinderat "zu dünn besiedelt", um was ausrichten zu können. Dass Eutinger Narren einen "Wexit" (Ausscheiden Weitingens aus der Gemeinde) forderten, sei umso frecher, als sie das ganze Geld aus den Bauplatzverkäufen eingesackt haben.

Dabei sei Weitingen der Stabilitätsfaktor der Gemeinde. Eutingen und Rohrdorf haben den KVT "abgeschossen", nun stehe man wie der Pudel begossen da.

Nachdem Volltreffer der Kanoniere den Verwaltungspalast sturmreif geschossen hatten, rückte Raible den Schlüssel heraus. Der Machtwechsel wurde mit Schunklern der Narrenkapelle kräftig gefeiert.