In der Vitrine im Eutinger Rathaus sind unter anderem Minerva (links) und Mercurius II ausgestellt. Foto: Feinler Foto: Schwarzwälder-Bote

Die Köpfe von Mercurius II und Minerva und ihre Bedeutung in der antiken Mythologie / Römische Gottheiten in Eutingen (II)

Von Alexandra Feinler

Eutingen. Die Unterschiede fallen auf den ersten Blick auf: Die Zwölfgötter-Statuen von Rohrdorf, deren Nachbildungen im Eutinger Rathaus ausgestellt sind, stammen aus unterschiedlichen Zeiten. Im ersten Bericht der Serie hat der Schwarzwälder Bote die größeren Statuen betrachtet, nun folgen die kleineren.

Ein Helm ziert den Sandsteinfarbenen Götterkopf von Minerva. Daneben in der Glasvitrine des Eutinger Rathauses, auf einer etwas tiefer versetzten Stele, befindet sich Mercurius II. Diese beiden Nachbildungen haben einiges gemeinsam: Erstens wurden die Originale bei den Grabungen 2001/2002 östlich vom Neuen Bahnhof in Eutingen gefunden (wir berichteten). Zweitens stellen sie Götterstatuen, die jeweils ihren eigenen Sockel hatten, in einem ehemaligen Tempel dar. Und drittens gehören Minerva und Mercurius II zusammen mit Bacchus, Iupiter, und Ceres zu den Göttern, die bei der Umgestaltung des Heiligtums ersetzt wurden. Sie sind im Gegensatz zu den größeren Statuen von Apollo, Diana, Hercules, Iuno, Mars, Mercurius und Venus nur noch lebensgroß und damit kleiner als diese.

In der Geschichte wird der römische Gott Mercurius II oft mit dem griechischen Gott Hermes in Verbindung gebracht, weshalb er dessen Attribute erhielt. Auf Deutsch wird er als Merkur bezeichnet.

Eine Zeichnung zur ehemaligen Tempelanlage bei Rohrdorf zeigt ihn mit beflügeltem Helm. In der rechten Hand hält er den Hermesstab und in der linken einen Geldbeutel. Zwei Symbole, die seine Funktion als Gott des Handels und des Gewerbes beschreiben. Sie zeigen aber auch, dass er der Götterbote war und Seelen in die Unterwelt geführt hat. Er überbrachte Nachrichten, zeigte jedoch ebenso das Glück auf. Zudem sind auf dem Sockel noch ein Wildschwein, ein Geißbock und weitere Tiere zu erkennen. Dies bestätigt, dass er Gott des Warenaustauschs war. Er bekam seinen Namen ungefähr zur Mitte der Republik, weil Rom erst zur dieser Zeit eine Geldwährung eingeführt hatte. Mercurius ist also einer der wenigen römischen Götter, deren Namensherkunft recht eindeutig ist. Bei der Betrachtung der Zeichnung stellt Mercurius II den ersten Gott dar, der links von Minerva steht.

Die Göttin des Handwerks, des Kunsthandwerks, des Kriegs, der Heilung und der Weisheit hat einen treuen Begleiter bei sich: die Eule. Diese befindet sich am Boden der Vitrine auf der gegenüberliegenden Seite ihrer hellsichtigen Göttin und symbolisiert den scharfen Blick in der Nacht und in düsteren Lebensumständen. Die Menschen damals glaubten, dass Minerva Fähigkeiten im Kunsthandwerk, aber auch in der Heilkunst bescherte. In Rom wurde sie neben Juno und Jupiter als eine der drei Stadtgottheiten verehrt. Während von ihrem einstigen Tempel am dortigen Aventinhügel nichts mehr vorhanden ist, bestehen die Originalfunde von Rohrdorf bis heute noch.

Eine weitere Besonderheit unter ihnen ist die Fruchtschale von Ceres, die ebenfalls am Boden der Vitrine angebracht ist. Die Göttin wurde dem Ackerbau, der Fruchtbarkeit und der Ehe zugeschrieben. Laut der Geschichte war sie Tochter der Ops und des Saturnus. Während in der Abbildung der Tempelanlage bei Rohrdorf der Gott Mercurius II ganz links steht, liegt auf der anderen Seite neben Bacchus am Ende die Göttin Ceres. Ganz bescheiden steht sie in Tüchern gehüllt mit ihrer Fruchtschale in der Hand auf dem Sockel.

Welche Geheimnisse sonst noch Jahrhunderte lang unter der Erde beim Neuen Bahnhof geschlummert haben, verrät ein Blick in den nächsten und letzten Teil der Serie.