Das letzte Mal im Rampenlicht - die Weitinger Tanzgarde. Foto: Morlok

Selbst Rohrdorfer im Jaunerflecken mit "Narri, Narro" begrüßt. Tanzgarde sagt "Tschüss" mit letztem Auftritt.

Eutingen-Weitingen - Am Rosenmontag ging im Jaunerflecken Weitingen der traditionelle Sängerball über die närrische Bühne. Auf der Zielgeraden Richtung Aschermittwoch gaben die musikalischen Narren und ihre zahlreichen Gäste nochmals richtig Gas. Auch in diesem Jahr wurde alles aufgeboten, was in Weitingen närrischen Rang und Namen hat, denn wenn man in Mainz singt und lacht, dann lacht man in Weitingen beim Singen.

Selbst Rohrdorfer, die mit einem Extra-"Narri, Narro" begrüßt wurden, folgten dem legendären Ruf der "Wild Voices" und der "Fasnetssänger". Eröffnet wurde das letzte Großereignis der diesjährigen Weitinger Fasnet mit dem Einmarsch aller Maskenträger und einer Aufwärm-Schunkelrunde, bei der die Halle in den "Airport-W" verwandelt wurde, als beim Fliegerlied sämtliche Narren abhoben und die Beine der Mädels von der Tanzgarde hinterher zum allerletzten Mal scheinbar bis zur Hallendecke flogen.

Nach diesem flotten Auftakt bekamen die Ballbesucher von der Grand Dame der Weitinger Mundart-Bütt, von der "Altledigen" Elisabeth Speiser das hohe Lied auf das Leben ohne Ehemann vorgeklagt. "Ledig sei man frei, verheiratet soll doch scheener sei", habe man ihr erzählt und deshalb sucht sie jetzt einen Mann. "A Dommer darfs net sei, er soll au net trenga ond net nohch Knoblauch stenga", die Grundbedingen, zu denen im Laufe des Vortrags noch jede Menge weitere Ausschlusskriterien kamen. Nichts aus der Männerwelt schien für sie zu passen, nicht mal "a knuspriger Gockel" aus dem Nachbardorf und deshalb blieb sie am Ende doch lieber "ledig, oizecht und einwandfrei".

Aber nicht nur die "Altledige" sucht einen Mann, sondern ihr Neffe Marcus (Schweizer) sucht als Bauer eine Frau. Vor zwei Jahren hatte es mit der Gisela, die er damals beim Sängerball vorstellte, eine echte Niete gezogen. Nun versuchte er sein Glück aufs Neue und bekam auch jede Menge Bewerbungen, die bei genauerer Betrachtung irgendwie an real existierende Ladys aus dem Ort erinnerten. Alle leider zu alt, das Urteil des Herren, der weiterhin auf der Suche nach der idealen Frau ist, die mindestens 15 Asbach-Cola verträgt, mit ihm schoppen geht und einen Traktor besitzt.

Nach so viel lokalem Wortwitz nahmen dann die lampenfiebergeplagten Mädels von der Nachwuchstanzgarde die Ballbesucher mit auf die weiten Weltmeere. In ihrer Choreografie "Dancing Pirates" zeigten sie atemberaubend schnelle Schrittfolgen, mit denen sie gegen eine Flaute auf dem Meer – nicht in der Halle – erfolgreich ankämpften. Gut, dass sie dabei nicht Kapitän Kern begegnet sind. Der schoss aus allen politischen Rohren, landete einen Volltreffer – das ist echt keine Kunst – beim CDU-Fuchtel und verriet schon seine Wahlstrategie für 2016. "Mein nächstes Plakat, das ziert nicht der Timm, nein, mein nächstes Plakat, ganz ernst ich das meine, das zeigt dann ganz einfach meine Stachelbeerbeine". Schöne Aussichten.

Tolle Chancen dagegen für die Fasnetssänger, die sich in diesem Jahr wieder das "Weihwasser-Chörle" als Verstärkung mitbrachten. Im Auftakt kam es gleich zu einer letzten Endes friedlich ausgetragenen Revolution im Schlafzimmer bevor man feststellte, dass das Wissen um die eigenen (nicht wirklich vorhandenen) Möglichkeiten doch recht tröstlich sein kann. "Joh mir reicht’s wenn i woiss, dass i kennt wenn i wet" sangen sie zur Autopanne, zu Schulnoten oder zum Sex – auch im Ehebett vom singenden Ortsvorsteher. Dieser Song und der VoXXClub-Hit "Rock mi", den die "Blotzer" tänzerisch umsetzten, stehen derzeit anscheinend im Handbuch der gelungenen Fasnetsveranstaltung auf der ersten Seite.

Ohne Handbuch, dafür mehr als gelungen war der Auftritt der Wild Voices. Gesanglich Spitzenklasse, aber die Sketche die sie brachten, standen in nichts nach. Genial der Banküberfall von "Pony und Kleid" bei dem sich das Publikum vor Lachen bog. Nicht weniger lustig, mit viel Pyrotechnik gewürzt, das Baustellenszenario bei den so einiges – also genauer gesagt alles – schief ging, was schief gehen konnte.

Und dann kam der Moment, auf den die Mädels von der Tanzgarde gewartet hatten. Ihr aller-allerletzter Auftritt. Für ihre Performance "Last Dance, last Party – wir sagen Tschüss" gab es Standing Ovation vom Saalpublikum und von Moderator Tobias Schweizer ein großes Dankeschön für zehn tolle Jahre – das war’s – ciao Bellas.