Beim Eurojackpot gibt es am Freitag 62 Millionen Euro zu gewinnen. Foto: Lotto Hessen/HO/dpa

Am Freitag gibt es beim Eurojackpot sage und schreibe 62 Millionen Euro zu gewinnen - Rekord. Die Wahrscheinlichkeit für den richtigen Tipp ist verschwindend gering. Trotzdem wird fleißig Lotto gespielt. Forscher können das erklären.

Münster - Wie wahrscheinlich ist es, mit geschlossenen Augen zwei rot gefärbte Grashalme auf einem riesigen Fußballfeld zu finden? Die eigene Hand greift wohl eher nach zwei der rund 160 Millionen grünen Halme auf der Spielfläche. Wer würde dieser Behauptung widersprechen? Den Eurojackpot an diesem Freitag zu knacken, ist ungefähr genauso (un-)wahrscheinlich.

Trotzdem machen sich viele Menschen Hoffnung, den Rekord-Gewinn von 62 Millionen Euro für sich einzusacken. Am Freitag werden in Helsinki die Zahlen gezogen. Achtmal in Folge wurde der Jackpot nicht geknackt. Jetzt steht eine Rekordsummen auf dem Spiel. Beim Eurojackpot müssen 5 aus 50 sowie 2 aus 10 Zahlen richtig getippt werden. Die Wahrscheinlichkeit dafür liegt bei 1:95 Millionen. Auch der Jackpot des deutschen Traditionsspiels 6 aus 49 ist prall gefüllt, weil zum neunten Mal hintereinander niemand sechs Richtige plus Superzahl erriet. Am Samstag sind daher rund 24 Millionen Euro zu holen, was die Fantasie vieler Tipper ebenfalls beflügeln dürfte.

„Wir Menschen sind nicht in der Lage, solche Wahrscheinlichkeiten zu begreifen. Je kleiner sie sind, desto unvernünftiger wird unser Handeln“, erklärt Andreas Heuer. Der Professor leitet das Institut für Physikalische Chemie an der Uni Münster.

Um der Unfähigkeit des menschlichen Gehirns bei niedrigen Wahrscheinlichkeiten auf die Sprünge zu helfen, nutzt Heuer gerne Bilder. Als Fußball-Fan hat er sich das Beispiel von den Grashalmen ausgedacht und umgerechnet, wie viele Halme ein ganzes Feld hat, wenn auf einem Quadratmeter 25 000 davon aus dem Boden sprießen.

Wahrscheinlichkeiten auszurechnen sei für seine Studenten kein Problem, diese intuitiv in der Praxis anzuwenden aber schon. Beim Thema Lotto rät der Wissenschaftler zu einer unverkrampften Annäherung: „Vielleicht ist es vernünftig, unvernünftig zu sein. Die Leute sollen einfach Spaß haben, wenn sie den Schein ausfüllen.“ Er selbst spielt kein Lotto.

Lottospieler entscheiden nicht rational

Den Spaß will auch der Mathematiker und Lotto-Experte Norbert Herrmann den Tippern nicht nehmen. Er lehrte bis 2007 an der Uni Hannover und weiß, dass die Lotto-Spieler immer wieder die gleichen Gedankenfehler machen. Er rät zu mehr rationalen Entscheidungen. „Aber nicht um die Wahrscheinlichkeit auszutricksen, sondern um im Gewinnfall nicht mit vielen anderen teilen zu müssen“, sagt Herrmann. Zu viele Tipper würden die vermeintliche Glückszahl 19 ankreuzen oder das Geburtsdatum der Enkel.

„Die Ziehmaschine ist völlig frei. In jeder Woche ist die Wahrscheinlichkeit für eine Zahlenkombination immer die gleiche“, sagt Herrmann. Sich also an den Zahlen der Vorwoche zu orientieren und dann bewusst andere Kombinationen auszuwählen, sei irrational. Und mit einem weiteren Gedankenspiel räumt der Mathematiker auf: Alle glauben, sie seien doch irgendwann mal dran mit dem Gewinn. Dafür sei die Anzahl der Möglichkeiten aber viel zu groß.

Um das zu verdeutlichen, nutzt Herrmann wie Heuer Bilder. „Stellen Sie sich vor, sie haben zu Ostern 95 Millionen Eier in eine Reihe gelegt. Das entspricht rund 3814 Kilometern und der Entfernung zwischen Litauens Hauptstadt Vilnius und Malaga in Spanien“, sagt Herrmann. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Maschine jetzt ein ganz bestimmtes Ei aus dieser langen Reihe von der Ostsee zum Mittelmeer auswählt, sei genauso groß wie den Eurojackpot zu knacken.

Lottospieler entscheiden nicht rational. Für den Berliner Verhaltensökonom Peter Mohr von der Freien Universität Berlin liegt das an unserem Gehirn, das Wahrscheinlichkeiten nicht linear bewerten kann. Mohrs Spezialgebiet sind ökonomische Entscheidungen in riskanten Situationen. „Ich glaube, dass Lottospieler eigentlich auch nicht wissen wollen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit für einen Gewinn ist. Sie gucken nur noch auf den Betrag, der zu gewinnen ist.“