Das Haus von Adreas Staiger. Im Erdgeschoss konnte das kirchliche Leben trotz der Nazizeit weitergehen. Foto: Fritsche Foto: Schwarzwälder-Bote

Förderer des kirchlichen Lebens in Locherhof während des Dritten Reichs

Von Helmut Lehmann

Eschbronn-Locherhof. Passiver Widerstand gegen das Dritte Reich: Dank Andreas Staiger gab es auch in der Zeit des Nationalsozialismus Raum für kirchliche Jugendarbeit der evangelischen Gemeinde in Locherhof. Heute vor 150 Jahren ist er zur Welt gekommen.

1935 gab es eine Zäsur für die Christen im Dorf. Bis dahin trafen sich die kirchlichen Gruppen und Jugendverbände im Gemeindehaus in der Schönbronner Straße 31. Carl Härdtner hatte der Gemeinde Locherhof das 1923 erbaute Gebäude geschenkt, laut Schenkungsurkunde unter anderem für kirchliche und kulturelle Zwecke. Es war als Ersatz für eine fehlende evangelische Kirche im Dorf zu verstehen.

Trotz dieses eindeutigen Verwendungszwecks untersagten die Nazis 1935 den kirchlichen Gruppen die Benutzung des Gemeindehauses. Dem Religionsunterricht, dem Christlichen Verein junger Menschen (CVJM), der Jungschar, dem Jungfrauenverein und anderen Gruppen war damit der Boden entzogen.

Andreas Staiger (geboren am 24. März 1865, gestorben am 24. März 1952) schaffte Abhilfe. Er stellte sein Haus in der Schönbronner Straße 71 – es hatte damals noch die Hausnummer 98 – für kirchliche Zusammenkünfte zur Verfügung. In einem Raum im Erdgeschoss konnte der schulmäßige Religionsunterricht gegeben werden, ebenso war Platz für CVJM-Zusammenkünfte, Bibelstunden und weitere kirchliche Arbeit vorhanden.

Für die Schulkinder der Jahrgänge 1937 und 1938 gab es am Nachmittag des 8. Februar 1945 ein einschneidendes Erlebnis: Sie hatten grade Religionsunterricht, als acht alliierte Jagdbomber 22 Bomben auf den Oberlocherhof warfen. Die Detonationen erschütterten auch das Haus von Andreas Staiger, etwa einen halben Kilometer vom Angriffsziel entfernt.

Staiger hatte in der Fabrik Carl Härdtners die Kettenfabrikation gelernt und machte sich 1901 in der Schönbronner Straße mit einer Kettenherstellung selbstständig. Der Bau des neuen Wohnhauses mit Fabrikräumen im Untergeschoss erfolgte zwei Jahre später. Die älteren Einwohner sind ihm heute noch dankbar für seine mutige Entscheidung, dem Nationalsozialismus mit der Überlassung von Räumen an die Kirche die Stirn geboten zu haben.