Bei einem Besuch in einer ehemaligen US-Militäreinrichtung in Heidelberg versprach Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Freitag unter anderem mehr Sozialarbeiter und Polizei. Foto: dpa

Die Erstaufnahmeeinrichtungen für Asylsuchende in Baden-Württemberg sind hoffnungslos überbelegt. Davon konnte sich Ministerpräsident Kretschmann am Freitag in Heidelberg ein eigenes Bild machen. Er versprach Verbesserungen.

Heidelberg - Die baden-württembergische Landesregierung will die angespannte Situation in den überfüllten Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes mit Sofortmaßnahmen entschärfen. Bei einem Besuch in einer ehemaligen US-Militäreinrichtung in Heidelberg versprach Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Freitag unter anderem mehr Sozialarbeiter und Polizei. In der Anlage, die ursprünglich für 1000 Asylbewerber ausgelegt war, leben zur Zeit mehr als 2600 Menschen. Die Opposition bleibt skeptisch.

„Die Überbelegung bringt für alle Beteiligten viel Stress, das will ich gar nicht kleinreden“, sagte Kretschmann, nachdem er sich bei einem Rundgang durch verschiedene Teile der Einrichtung ein Bild von der Situation gemacht hatte. Auf die Frage einer Journalistin, ob er angesichts der Situation geschockt sei, reagierte der Regierungschef nüchtern: „Ich bin nicht hier, um die Dinge wie sie sind zu beklagen, sondern sie zu verbessern.“

Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) berichtete von Plänen, bis zum Winter in neuen Erstaufnahmeeinrichtungen 5700 neue Plätze zu schaffen. Das Land müsse sich auf weiter steigende Flüchtlingszahlen einstellen. Baden-Württemberg sei verpflichtet, 13 Prozent der Asylsuchenden in Deutschland aufzunehmen. In diesem Jahr rechne sie mit mehr als 52 000. Staatssekretär Klaus-Peter Murawski berichtete von erwarteten 600 000 Asylsuchenden bundesweit. Auf Baden-Württemberg könnten im nächsten Jahr bis zu 85 000 Menschen zukommen. „Wir werden die Situation Schritt für Schritt mit zusätzlichen Unterkünften entschärfen“, versprach Kretschmann.

Landesregierung will Busdienst einrichten

CDU-Fraktionschef Guido Wolf übte Kritik an Kretschmanns Vorstoß: „Mehr Sozialarbeiter und Polizei werden das Problem in den völlig überbelegten Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes nicht lösen“, sagte er. „Diese Regierung hat das sich lange abzeichnende Problem der Flüchtlingsströme einfach nicht ernst genommen.“ Grün-Rot müsse die Plätze in den Erstaufnahmeeinrichtungen massiv ausbauen und daran mitwirken, dass die Flüchtlingsströme vom Westbalkan gestoppt würden.

Für die Menschen in der weit außerhalb von Heidelberg gelegenen Unterkunft werde ab sofort ein Busdienst eingerichtet, für den das Land aufkomme, versprach Kretschmann. Außerdem sollen Toiletten und Bänke entlang der Fußwege in die Stadt aufgestellt werden. Innerhalb der Anlage sollen weitere ehemalige Wohngebäude hergerichtet werden. Aus Gründen des Infektionsschutzes müsse die Unterkunft im Casino aufgelöst werden.

In den Heidelberger Stadtteilen nahe der ehemaligen Militäranlage werde der Streifendienst der Polizei verstärkt, sagte Kretschmann. Landesweit sollen künftig 100 Polizisten in Reserve stehen, um bei Bedarf die Sicherheit in den Einrichtungen zu gewährleisten.