Annette Roth: "Alles im Leben hat seine Zeit." Foto: Hof­mockel Foto: Schwarzwälder-Bote

Die Diakonin Annette Roth ist zu Gast beim "Offenen Nachmittag" in Epfendorf

Epfendorf. Über das Thema "Wir werden immer größer – älter, jeden Tag ein Stück, wir werden immer größer – älter, da gibt’s kein zurück", sprach Diakonin Annette Roth beim "Offenen Nachmittag" in Epfendorf.

Roth ist Referentin für gemeindebezogene Frauenarbeit in der evangelischen Landeskirche und arbeitete früher in der Familienbegleitung. Im ersten Teil des Referats ging sie auf das Thema Alterskatastrophe und schönes neues Alter ein. Die Sichtweise, ab wann man als alt gelte, habe sich im Laufe der Jahre stark verändert. Während noch im Jahre 1994 in einer Umfrage zwei Drittel aller Befragten antworteten, dass man ab 65 Jahren alt sei, hielten zwei Drittel aller Befragten im Jahre 2004 den Menschen erst ab 80 Jahren für alt.

Das Alter werde durchaus unterschiedlich wahrgenommen, einige assoziierten mit dem Thema Alter Reife, Abgeklärtheit, Weisheit und Zufriedenheit, andere Krankheit und Gebrechlichkeit. Durch den demografischen Wandel werde der Großteil der Gesellschaft immer älter, was zu massiven Problemen bei der Rentenfinanzierung und beispielsweise zu Altersarmut bei Frauen führe, da das Rentenniveau immer weiter sinke und diese größtenteils ihre Versicherungszeiten durch lange Familienpausen unterbrochen hätten. Alter werde, durch die aus gesundheitlichen oder finanziellen Gründen nur noch eingeschränkt mögliche Teilhabe am Leben, zum Diskriminierungsgrund. Die Pflegeproblematik stehe vor der jungen Generation wie ein Berg, da die Pflege in der Familie meist nicht möglich und Hilfen und Pflegeheime sehr kostspielig seien.

Anderseits seien heute vier Fünftel aller über 65-Jährigen noch bei bester Gesundheit, könnten den Ruhestand genießen oder, wenn finanziell möglich, auch mal eine Reise machen.

Selbstbestimmtes Leben führen

Früher sei eine 63-jährige Frau alt und faltig gewesen, wäre zumeist nur in dunkler Kleidung herumgelaufen, hätte am Ofen gesessen, gestrickt und vielleicht noch die Enkelkinder beaufsichtigt. Heute sei der Großteil der 63-Jährigen noch attraktiv und gepflegt, würde ein selbstbestimmtes Leben führen und sei unabhängig.

Allerdings gäbe es auch heute schon Frauen, die auf Grund zu geringer Rente ihren Lebensunterhalt nicht alleine bestreiten könnten. Dies würde in Zukunft noch zunehmen. Es müssten deshalb auch andere Lebensmodelle wie Wohngemeinschaften im Alter angedacht werden.

Die Würde eines Menschen wurde zu biblischen Zeiten nicht über Leistung und Alter definiert. Die Ehrfurcht vor dem Alter war groß. Wer in hohem Alter (damals höchstens 60 Jahre) starb, galt als lebenssatt. Langes Leben war ein Gottesgeschenk. Altersweisheit hatte nichts mit Intelligenz zu tun, sondern mit Lebenserfahrung. Auch damals gab es schon die Last des Alters und man wurde mit der Endlichkeit des Lebens konfrontiert, wenn die Kraft nachließ. Die in der Bibel angegebenen hohen Alterszahlen sieht die Referentin als mythologisch begründet und nicht real.

Zur Schönheit im Alter führte sie an, dass diese nicht von dem in den Medien suggerierten Schönheitsideal abhängig sei. Früher war es normal, mit grauen Haaren herum zu laufen, diese wurden als "Krone der Ehren" gesehen, heute würden sich die meisten Frauen die Haare färben, Kosmetika benutzen und versuchen, sich sportlich fit zu halten, um schlank zu bleiben. Von den Medien würde der Jugendwahn suggeriert, man müsse bis ins hohe Alter schön und faltenfrei bleiben. Sie riet den Frauen, sich unkritisch im Spiegel zu betrachten, Werte wie Zufriedenheit, Erfahrung und Ausstrahlung seien wichtiger als ein faltenfreies Gesicht und eine Modelfigur.

Alles im Leben habe seine Zeit und es sei wichtig, jede Lebensphase in ihrer Eigenständigkeit und in Dankbarkeit anzunehmen und das Beste daraus zu machen. Als Abschluss bekamen die Frauen noch ein Blatt mit auf den Weg, auf dem sie ihre Erlebnisse in den einzelnen Lebensabschnitten notieren konnten.