Das Haus Nummer 59 in der "Halde" wird derzeit saniert. Dort entsteht Wohnraum für bis zu 40 Asylbewerber. Foto: Bienger

Bis zu 40 Asylbewerber könnten bald in Trichtingen einziehen. Unterkunft ist viel Bürgern Dorn im Auge.

Epfendorf-Trichtingen - Das Gebäude in der "Halde" 59 wird derzeit umgebaut. Bis zu 40 Flüchtlinge könnten dort demnächst einziehen. Für manche Anwohner eine Zumutung: Viele machten ihrem Ärger in der jüngsten Gemeinderatssitzung Luft.

So groß ist das Interesse an kommunalpolitischen Themen kaum. Dieses Mal ist es anders. Zahlreiche Zuhörer finden sich am Dienstag im Sitzungssaal des Epfendorfer Rathauses ein. Sie alle wollen Klarheit über das, was schon seit Monaten mehr oder weniger offiziell nach außen gedrungen ist. Es sollen Flüchtlinge nach Trichtingen kommen – wie viele genau, ist noch unklar. Fest steht: Das Gebäude Nummer 59 in der "Halde" wird derzeit umgebaut. Schon bald könnten dort Asylbewerber wohnen, vielleicht nur zehn bis 15 Menschen, vielleicht aber auch 40.

Die Flüchtlingsströme haben in den vergangenen Wochen erheblich nachgelassen – im Mai kamen rund 2300 von ihnen nach Baden-Württemberg, in Spitzenzeiten waren es bis zu 17 000. Die Lage hat sich beruhigt – vorerst. In Epfendorf leben bereits 45 Asylsuchende (siehe Infokasten). Laut Verteilungsschlüssel ist die Gemeinde verpflichtet, im Bedarfsfall bis zu 120 Personen aufzunehmen. Um die Schaffung der dafür notwendigen Kapazitäten kommt die Verwaltung also nicht herum. Eine mögliche Containerlösung wurde verworfen – zu aufwendig, nicht werterhaltend, relativ kostspielig. Alternativen mussten her. Ein Privatbesitzer hatte sich schließlich dazu bereit erklärt, dem Landratsamt sein Gebäude in der "Halde" zur Verfügung zu stellen.

Doch dafür haben längst nicht alle Bürger Verständnis. Die geplante Unterkunft ist vielen Anwohnern ein Dorn im Auge. Bereits im April haben sie deshalb ein entsprechendes Schreiben an die Verwaltung geschickt. Viele haben Angst vor der fremden Kultur, der die Flüchtlinge angehören. Sie fürchten um die Ruhe in ihrem Wohnviertel und um ihre Immobilien. "Wer haftet für den Wertverlust meines Hauses, wenn nebenan Flüchtlinge einziehen?", will ein Bürger wissen. Ein anderer macht sich Sorgen um die Sicherheit insbesondere junger Frauen, wenn sich herausstellen sollte, dass in das Gebäude vorwiegend junge Männer einziehen statt Familien mit Kindern.

Bürgermeister Boch versucht zu beruhigen

Wieder andere fragen sich, ob das überhaupt gut gehen kann: "Trichtingen hat noch nicht einmal einen Laden. Was sollen die Leute hier den ganzen Tag lang machen?", fragt eine Anwohnerin.

Nicht zuletzt sei es unzumutbar, so viele Menschen auf so kleinem Raum unterzubringen, argumentieren andere – unzumutbar sowohl für die Nachbarn als auch für die Flüchtlinge selbst.

Bürgermeister Peter Boch versuchte, die teils aufgebrachten Bürger zu beruhigen: Diejenigen Flüchtlinge, die bereits in Epfendorf leben, hätten sich schon gut integriert; auch, weil viele Ehrenamtliche wertvolle Arbeit geleistet hätten. Integration sei ein Prozess, der sich steuern ließe. Es gebe keine Hinweise für einen Anstieg der Kriminalität, wie auch Gemeinderat Stefan Maier, seines Zeichens Polizeibeamter, bestätigte. Die Zuteilung von sieben Quadratmetern pro Flüchtling sei gesetzlich geregelt, eine Änderung der maximal anberaumten Personenzahl für die Unterbringung in der "Halde" sei also nicht möglich. Dass die Zahl 40 ein "worst case"-Szenario darstellt, scheint die Bürger aber nicht wirklich zu beruhigen.

Schließlich wird es emotional: "Die wollen sich nicht integrieren", ist aus den hinteren Reihen zu vernehmen, und: "Die wollen nur unsere Kohle", "Warum behaltet ihr die nicht?", so die Frage einer Zuhörerin an einen Mitarbeiter der Landeserstaufnahmestätte (LEA) Meßstetten, der an diesem Abend das Asylverfahren und die Abläufe in der LEA erläutert hat.

Trotz aller Sorgen: So, wie es aussieht, gibt es zumindest derzeit keine Alternative zur "Halde". Es gebe laut Boch noch die Möglichkeit, den alten Bahnhof in Talhausen umzubauen, eine solche Lösung sei aber teuer und gerade für Familien schwer zumutbar. Die Möglichkeiten der zentralen Unterbringung im Kernort seien ausgeschöpft, jetzt müsse man dezentrale Lösungen suchen.

Der Verwaltung sei es wichtig, alle Bürger ins Boot zu holen und "die Fakten auf den Tisch zu legen". Daher könne man auch nicht versprechen, dass am Ende weniger als 40 Personen in die Unterkunft einziehen. "Was ist Verträglichkeit?", fragte Boch. "40 Personen sind viel. Wir müssen damit leben, wir können aber das Beste daraus machen."

Aktuell leben 45 Flüchtlinge in der Gemeinde Epfendorf. Fast alle wurden bisher zentral im Hauptort in privaten Objekten untergebracht: In der Neckarstraße sind es 18 Asylbewerber, in der Straße Im Winkel werden drei unbegleitete minderjährige Flüchtlinge von Mitarbeitern der Bruderhaus-Diakonie Fluorn-Winzeln betreut. Drei Personen leben derzeit in einem Haus im Kapellenweg in Trichtingen, der Rest in verschiedenen Wohnungen im Kernort.