Fluch und Segen zugleich: Viele Bäume wie hier in der Empfinger Obstbaumanlage hängen voll, doch der geringe Streuobstpreis entlohnt kaum die mühsame Pflege der Wiesen und für die Ernte. Foto: Baiker

Obst-Ernten für einen Appel und ein Ei: Bäume hängen voll, doch für Obstgärtner ist Ernte derzeit kaum rentabel.

Empfingen - Zwei Nachmittage Arbeit, 650 Kilo Äpfel – aber nur zwölf Euro Erlös im WLZ-Lagerhaus. Viele Bäume hängen immer noch brechend voll, doch die Rekordernten in Süddeutschland drücken den Streuobst-Preis. Ein Problem, das auch die Empfinger Obstgärtner zu spüren bekommen.

Wenn man in diesen Tagen unterwegs ist, sieht man am Straßenrand auf Apfelbäume, die so voll hängen, dass deren Äste abgestützt werden müssen, damit sie nicht abbrechen. Doch die Ernte erscheint derzeit wenig lukrativ: In den WLZ-Lagerhäusern, die bereit sind, die zusammengelesenen Äpfel zu nehmen, werden aktuell für 100 Kilo nur 3,50 Euro bezahlt – das entspricht für ein Kilo Äpfel gerade mal 3,50 Cent.

Ist da der Aufwand des Auflesens überhaupt noch rentabel? Bei Dieter Reich aus Empfingen, der sich ebenfalls über einen guten Apfelertrag freuen konnte, ist sogar an einem Baum ein Ast unter der Last der Äpfel abgebrochen. Was also tun mit den Früchten? Schließlich können die Äpfel nicht liegen bleiben, sie in den Grüncontainer auf dem Recyclinghof entsorgen oder im Wald abladen, das will man auch nicht. Also bleibt nur der Weg in Richtung WLZ-Lagerhaus, wo die Obstgärtner für die mühsame Pflege der Streuobstwiesen nur wenig Geld bekommen.

Aber es gibt auch andere Lösungen. So bieten vereinzelt Obstwiesen-Eigentümer, die selbst keinen Bedarf mehr haben oder in hohem Alter sind, anderen Familien an, die Äpfel zu ernten. Die können sie dann in die Moste bringen und eigenen Apfelsaft herstellen. Dieser wird dann in großen Tetrapacks im Keller gelagert.

Gemeinde Empfingen verpachtet kostenlos Obstbäume

Die Gemeinde Empfingen hilft sich damit, ihre Obstbäume kostenlos zu verpachten. Personen, die Obst für den Eigenbedarf ernten möchten, können dies unentgeltlich tun und die gemeindeeigenen Obstbäume (die Bäume sind mit Nummern gekennzeichnet) selbst abernten.

Bei der Obstbaumanlage im Empfinger Fischerweg, die vom Obst- und Gartenbauverein Empfingen betreut wird, ist der Ertrag dieses Jahr "nicht ganz so spannend": Einige Bäume hängen voll, andere nicht, so der OGV-Vorsitzende Herbert Gaus. Die 55 Grundstücke haben je zirka acht Ar zu bieten und werden von Eigentümern oder Pächter umgetrieben.

An Äpfeln gibt es Brettacher, Glockenäpfel, Mcintosh, Boskop. Als neue moderne Apfelsorte gibt es Topaz, die gerade neu angebaut wird. Jeder der Pächter hat eigene Sorten, so Gaus. Der OGV ist inzwischen 30 Jahre alt. Für Gaus ist es ein großes Anliegen die Obstanlage in einem ordentlichen Zustand zu halten. So muss für den Gemeinschaftsteil der Obstanlage jeder fünf Arbeitsstunden im Jahr einbringen – die Zeit für die Pflege des eigenen Grundstücks nicht mitgerechnet.

Auch in Lützenhardt sind die Menschen erfinderirsch: Der Apfelbaum im Außengelände des dortigen Herz-Jesu-Kindergartens wird in den nächsten Wochen von den Kindern geerntet und zur Moste nach Pfalzgrafenweiler gebracht. Die Menge gibt es her: 250 bis 320 Liter Apfelsaft wird es wieder geben, die übers Jahr dem Kindergarten zur Verfügung stehen.

Weitere Informationen: Der Obst- und Gartanbauverein Empfingen lädt für Freitag, 10. Oktober, um 16 Uhr in seiner Obstanlage zu einer Obstsortenbestimmung ein. Referenten sind Christian Kugler vom Kreisverband für Obstbau, Garten und Landschaft Zollernalb sowie Markus Zehnder, Kreisfachberater für Obst- und Gartenbau des Zollernalbkreises. Die Interessenten sollten eigene Äpfel mitbringen, um zusammen mit den Referenten die Sorten zu bestimmen. Die Teilnahme ist kostenlos. Für das leibliche Wohl ist mit Kaffee, Kuchen und Getränken gesorgt.