Schornsteinfegermeister Christoph Seidel bei seiner Kehrrunde im Empfinger Zollernring und In Seiten

Von Lena Straub

Empfingen. Manche sagen, dass es Glück bringt, ihn zu sehen, andere wollen ihn anfassen und wieder andere wollen gerne den Knopf an seiner Arbeitskleidung drehen – die Rede ist vom Schornsteinfeger und dem Glauben, dass er den Menschen Glück bringe.

Früher führten Schornsteinbrände oft dazu, dass ganze Viertel, wenn nicht sogar ganze Städte vom Feuer zerstört wurden. Daher war man froh, wenn der Schornsteinfeger ins Haus kam, um den Bränden vorzubeugen.

Das tut er heute noch und viele sind davon überzeugt, dass er Glück bringt, erklärt Christoph Seidel, Schornsteinfegermeister aus Oberndorf, der in Empfingen kehrt: "Viele wollen einen Knopf an meiner Kleidung drehen, vor allem bei Krankheit sind die Leute oft froh, mich zu sehen". Er habe sogar schon Lottoscheine für andere Leute ausgefüllt, sagt er lachend – leider nie wirklich erfolgreich. Christoph Seidel ist seit 18 Jahren Schornsteinfeger. "Das ist mein Traumberuf. Wie heißt es so schön? – Beruf kommt von Berufung", erklärt er. Jeden Tag lerne er so viele verschiedene Leute kennen, und "vor allem ist es ein wirklich sinnvoller Beruf". Denn es ist der vorbeugende Brandschutz, der an oberster Stelle steht.

Wo viel geheizt wird, muss viel gekehrt werden, deshalb ist Seidel in der Winterzeit sehr gefragt. Es ist um die Mittagszeit und er ist unterwegs in Empfingen im Zollernring und In Seiten. Christoph Seidel geht seinem Handwerk beim Gang von Haus zu Haus nach und erklärt: "Der Trend geht immer mehr zur Holzheizung". Das heißt, es gibt viel zu tun für Christoph Seidel, der beinahe jeden kennt, und die Leute kennen ihn. Nach getaner Kehrarbeit wird gefragt, wann er denn wieder komme: "Natürlich nächstes Jahr!"

Einmal im Jahr kommt der Schornsteinfeger zum Kehren ins Haus. Wenn niemand da ist, hinterlässt er eine Nachricht. Über die unangekündigten Besuche freuen sich die Leute. Bei einem älteren Ehepaar gibt es einen Zugang zum Schornstein vom Inneren des Hauses aus. Hier kehrt Seidels Lehrling Max Schwarzkopf den Kamin mit der "Stange", so heißt das genutzte Kehrwerkzeug. Vorne sitzt eine Bürste, die an einem flexiblen Draht befestigt ist. Damit wird gekehrt und der Ruß wird dann, meistens im Keller, aus dem Auffangbehälter geholt.

"Wir schauen immer nach Glanzruß, der entsteht, wenn nasses Holz verbrannt wird", sagt Seidel. Wenn der nicht beseitigt wird, dann kann es zu einem Schornsteinbrand kommen. Deshalb wird er vom Profi "ausgebrannt" oder "ausgeschlagen". Man merke schon, dass der letzte Winter nicht besonders hart gewesen sei und dass bisher auch noch nicht viel geheizt wurde, sagt der Schornsteinfegermeister. Deshalb würden die Leute oft frage, warum er denn schon wieder hier sei. "Natürlich ist dann teilweise wenig Ruß im Kamin, aber gerade die milden Jahre sind gefährlich, denn dann machen die Leute die Luftzufuhr dicht, damit es nicht zu warm wird. So setzt sich schnell eine dicke Schicht Ruß ab", so Seidel.

Während der 17-jährige Schornsteinfegerlehrling mit routinierten Handgriffen seiner Arbeit nachgeht, erzählt er, wie er zu dieser Ausbildung kam: "Ich bin jetzt im zweiten Lehrjahr. Damals habe ich ein Praktikum bei Christoph gemacht, und das hat mir sehr gut gefallen. Es ist einfach abwechslungsreicher als in der Fabrik". Nach dem ersten Praktikumstag habe er sich daheim direkt aufs weiße Sofa gesetzt, meint er lachend. "Das hat Stress gegeben", die Arbeit mit dem vielen Ruß ist den beiden deutlich im Gesicht anzusehen. "Man muss daheim direkt unter die Dusche und darf nichts anfassen, sonst ist alles schwarz", sagt Max, der in der üblichen Handwerkstracht gekleidet ist – schwarz von oben bis unten.

Ein paar Häuser weiter muss der Lehrling auf das Dach steigen. So wie man es sich beim Kaminfeger vorstellt. Erst mal die Leiter holen, und damit alles komplett ist, setzt er den typischen schwarzen Zylinder auf. Jetzt steht er auf dem Dach mit der "Leine" in der Hand. Mit ihr wird der Kamin vom Dach aus gereinigt, sie sieht aus wie die "Stange", allerdings ist eine schwere Kugel daran befestigt, die die "Leine" in den Kamin zieht. So ausgerüstet sieht er aus wie das Abbild eines Kaminfegers aus dem silvesterlichen Bleigieß-Set.

Sich ein bisschen Glück ins Haus holen kann schließlich nie schaden

Nachdem Max vom Dach kommt, sagt Schornsteinfegermeister Seidel grinsend zu seinem Lehrling, dass er nun an der Reihe sei, und so zieht er selbst den Zylinder auf. Er erklärt, was es damit auf sich hat. Früher legten die Leute Eier in den Zylinder – als Bezahlung, "wenn man dann fertig war, hat man den Zylinder einfach samt Eiern auf den Kopf gesetzt", sagt Seidel. Allerdings konnte das auch mal schief gehen, meint er schmunzelnd. Heute bezahlt der Kunde nicht mehr mit Eiern, sondern danach, wie viele Meter Kamin gereinigt werden müssen.

Eine Frau erklärt ihrem kleinen Enkel, was der Schornsteinfeger so macht, während der auf dem Dach steht. Als die Frage nach der Rauchmelderpflicht aufkommt, schaut die Kundin plötzlich auf. "Das würde ich auch gerne wissen", meint sie. Seidel gibt ihr eine Broschüre und weist darauf hin, dass es ab dem 1. Januar Pflicht ist, in jedem Schlafzimmer und jedem Fluchtweg einen Raumelder zu haben. "Genau für diese Aufklärungsarbeit werden wir speziell ausgebildet, die gehört ebenso zum Handwerk", so der Kaminfeger.

Genauso gehört die Feuerstättenschau zum Beruf, dabei kontrolliert Seidel den Kamin oder Ofen von oben bis unten und schaut sich alle möglichen Gefahrenstellen an. Im vergangenen Jahr konnte er dabei 120 Mängel feststellen. Meistens seien es verrostete Rohre, teilweise würden die Leute auch sehr fahrlässig handeln. Beim Bau eines Ofens muss man diesen auf jeden Fall vor Inbetriebnahme vom Kaminfeger abnehmen lassen. Und sich ein bisschen Glück ins Haus holen kann schließlich nie schaden.