Wer nicht schwarz angemalt werden möchte, muss drinnen bleiben. Sind die Hexen wirklich so gefährlich? Unsere Reporterin macht den Test. Mit Video.
Empfingen - Die einzige Rußhexe in weißem Kostüm steht gleich am Eingang des großen Saals im Sängerheim. Es ist Udo Blecher. Schon rund 20 Jahre lang bereitet er die traditionelle Empfinger Hexensuppe zu. Drei bis vier Stunden lang hat er sie gekocht – rund 100 Portionen soll der große Hexenkessel hergeben. Unserer Zeitung hat er auch verraten, welche Zutaten er in der scharfen Gulaschsuppe verarbeitet hat: Schweinefleisch, Kartoffeln, Zwiebeln, Karotten, Paprika und Brühe. »Alle Zutaten sind frisch«, sagt er.
Die Suppe hat in diesem Jahr der Empfinger Zahnarzt Christoph Kleindienst gespendet. Die Getränke sind von Ärztin Corinna Schiletz spendiert worden.
Alle Männer, die zu den Rußhexen gehören, stärken sich mit der Hexensuppe und ein paar Scheiben Brot für den Tag – und genießen die Gemeinschaft.
Werner Baiker unterbricht kurz vor 12 Uhr kurz die Gespräche der Männer. Er stimmt das Lied »Die Regeln der Rußhexen« an. Es ist – wie sonst nur beim Gospel üblich – ein Wechselgesang zwischen ihm und den Hexen. Zwei der Strophen heißen: »A Ruaßhex machet d’Mädle schee, em Gsiicht schaaz wia a Negerle. A Ruaßhex machet d’Mädle it, vom Hals doob schwaaz, naa bis en Schritt.«
Bei den Rußhexen zählen Kameradschaft und gemütliches Beisammensein
Nach dem Lied erzählt eine Rußhexe im Gespräch mit unserer Zeitung, wie es in ihrer Jugendzeit am »Ruaßigen« zuging: »Damals waren im Ort noch die Wirtschaften offen. Die haben den Tisch auch einfach mal auf die Straße rausgestellt. Das waren noch Zeiten!« Trotzdem hat auch diese Rußhexe noch heute ihren Spaß am »Ruaßigen«.
Das, was die Rußhexen aber im Kern ausmacht, hat sich vor allem für die älteste Rußhexe, Anton Dietz, im Laufe der Jahrzehnte nicht geändert. Was ihm bei den Rußhexen gefalle, sei die Kameradschaft, das gemütliche Beisammensein. Dietz ist heute 70 Jahre alt. Im Alter von 18 Jahren hatte er sich den Rußhexen angeschlossen. Er erzählt: »Ich war damals im Musikverein und im Sportverein und Kumpels haben mich dann zu den Rußhexen mitgenommen. Närrisch war ich schon immer, das habe ich von meiner Mutter geerbt.« Er gehört heute zu einer Untergruppe der Rußhexen, den sogenannten Knellern. Alle Mitglieder in dieser Gruppe sind über 60. Wenn die Rußhexen die Straßen unsicher machen und Passanten Ofenruß ins Gesicht schmieren, heißt es für diese Gruppe: »Springen verboten.« Dietz sagt: »Wir haben uns darauf geeinigt, nur noch zu laufen. Wer springt, muss eine Runde zahlen.«
Dann schlägt es zwölf – auf den Straßen herrschen dann sechs Stunden lang die Rußhexen. Entkommen kann ihnen kaum jemand. Und falls es auch Sie erwischt hat, freuen Sie sich an einer Rußhexen-Weisheit: »Ofenruß im Gesicht ist gut gegen Falten!«