Die Stelle der Schulsozialarbeiterin ist wieder vakant. Zum 1. Oktober beginnt Katja Hirlinger als Dritte auf diesem Posten. Foto: Hopp

Gemeinderat diskutiert über Neubesetzung des Jugendreferats. Gremium will Arbeitskreis Jugend einrichten.

Empfingen - Schon wieder ein plötzlicher Wechsel des Jugendreferenten – und der Gemeinderat wusste von nichts, weder von der Kündigung der alten Jugendreferentin noch von der Einstellung einer neuen. Dafür hagelte es in der jüngsten Sitzung Kritik für Bürgermeister Albert Schindler.

Das Jugendreferat ist ein heikles Thema in Empfingen, und wird es immer mehr. Da waren die nie ganz geklärten Diebstahl-Vorwürfe gegen den ersten Jugendreferenten, der daraufhin die Stelle verließ. Dann der hoffnungsvolle Neustart einer neuen Frau für die Jugend im Januar 2013. Am 15. Juli dann ihr überraschender Rückzug nach gerade mal eineinhalb Jahren.

Die Kündigung kurz vor den Sommerferien verlangte nach Darstellung von Bürgermeister Albert Schindler und Udo Bartsch vom Haus Nazareth, das die Jugendreferentin stellt, eine schnelle Reaktion. "Im September sind alle Sozialpädagogen versorgt, dann hätten wir jetzt niemanden", erklärte Bartsch am Dienstagabend den zum Teil aufgebrachten Gemeinderäten. Deshalb hätten Schindler und Schul-Rektor Rudolf Linsenmann nach dem ersten Kennenlernen der vom Haus Nazareth vorgeschlagenen Kandidatin entschieden: Sie wird eingestellt. "Eine Eilentscheidung", sagt Schindler.

Zwar wird das schnelle Reagieren der Gemeindeverwaltung von vielen Gemeinderäten gelobt, weil so keine große Lücke außerhalb der Ferien entstand. Schindler wird aber dafür kritisiert, dass er den Vorgang im Gremium nicht bekannt gemacht hat.

"Die Informationspolitik der Gemeinde hat auf ganzer Linie versagt. Es wäre ein Leichtes gewesen, die Gemeinderäte darüber zu informieren", moniert Xaver Kleindienst. "Inzwischen haben wir doch alle eine E-Mail-Adresse." Zumal klar sei, dass es sich um ein kritisches Thema gehandelt habe. Auch Helena Deuringer ist verärgert, dass sie die Neuigkeit aus der Zeitung erfahren hat.

Die weitere Diskussion entzündet sich daran, dass Empfingen nur eine halbe Stelle für die Jugendarbeit zur Verfügung stellt. "Das ist für gute Leute nicht attraktiv", sagt Bartsch vom Haus Nazareth. Seine Einrichtung empfinde die fehlende Kontinuität auf der Empfinger Stelle als Ausnahme. "Wir waren nach der ersten Situation in der Bringschuld", sagt er. Bartsch will gute Arbeit liefern – und das Haus Nazareth subventioniert die Empfinger Stelle offenbar massiv: In Hechingen wurde eine zweite halbe Stelle geschaffen, die es so nicht geben müsste. Er spricht von "Goodwill" des Hauses Nazareth und sagt: "Mit 50 Prozent wird man hier niemanden lange halten können, auch nicht die neue Kandidatin."

Gemeinderat Uwe Gfrörer meldet ebenfalls seine Bedenken an, vor allem angesichts des weit entfernten Wohnorts (Burladingen-Melchen) von Katja Hirlinger: "120 Kilometer hin und zurück für eine 50-Prozent-Stelle zu fahren, ist aus meiner Sicht nicht finanzierbar." Unter diesen Bedingungen sei zu befürchten, dass auch sie wieder abspringt.

Andere Räte wie Andreas Seifert oder Xaver Kleindienst wollen an der 50-Prozent-Stelle erst mal nicht rütteln. Auch mit einem halben Auftrag könne man erste Erfolge erzielen. Kleindienst ärgert sich vielmehr über den Tenor, den er hört: "Wenn ihr nicht gleich eine 100-Prozent-Stelle einrichtet, kriegt ihr keine gute Jugendarbeit." Das könne nicht sein. "Man muss sich finden, wenn’s dann stimmt, ist der Gemeinderat der letzte, der nicht mitmacht bei einer Aufstockung."

Offenbar setzt das Haus Nazareth ganz darauf, dass es so kommen wird. Bartsch wirft sich für die neue Frau ins Zeug, lobt sie schon vor Antritt in den höchsten Tönen. "Das wird ein guter Neuanfang, glauben Sie mir", sagt er. Das Konzept, das für die Jugendarbeit in Empfingen entwickelt worden ist, werde Hirlinger konsequent weiterverfolgen.

Auf die Anregung von Gemeinderätin Helena Deuringer wird voraussichtlich ein Arbeitskreis Jugend eingerichtet. Das Gremium solle ihrer Vorstellung nach Bindeglied zur Jugendreferentin werden. "Dort hört man das Gras vielleicht früher wachsen", sagt Deuringer. Unzufriedenheiten und Unstimmigkeiten könne so früher begegnet werden. Sowohl Bürgermeister als auch der Vertreter des Hauses Nazareth und die Gemeinderäte stehen hinter diesem Vorschlag.

Wer in einem solchen Arbeitskreis sitzen soll, muss noch diskutiert werden. Neben der Jugendreferentin, einem Vertreter des Gemeinderats und des Hauses Nazareth könnten es entweder Vereinsvertreter und Jugendliche sein, oder aber Profis – wie ein Polizist und ein Vertreter des Jugendamtes. Über die personelle Ausrichtung eines rund zehn Personen großen Arbeitskreises wird bei der nächsten Gemeinderatssitzung diskutiert.

Ein Blick ins Archiv unserer Zeitung zeigt, dass man das Gras durchaus hätte wachsen hören können. In einem Artikel von Oktober 2013 heißt es: "Der jetzige Vertrag des Hauses Nazareth mit der Gemeinde Empfingen endet noch in diesem Jahr. Jasmin Kreiner wünscht sich eine Verlängerung, sagt aber, dass eine 50-Prozent-Stelle in Empfingen ›zu wenig ist‹. Von Februar bis Juli diesen Jahres wurde ihr Vertrag auf 75 Prozent aufgestockt. Dies sei ›ideal‹ gewesen."