Die Kläranlage in Fischingen muss erweitert werden, damit der Schlamm vor Ort ausgepresst und verarbeitet werden kann. Foto: Hopp

Gemeinderat stoppt landwirtschaftliche Verwertung. Sanierung der Kläranlage nötig. Abwassergebühr steigt.

Empfingen - In Empfingen wird der Schlamm aus der Kläranlage Fischingen aufs Feld gefahren. Damit ist bald Schluss, weil die Gefahr besteht, dass gefährliche Reststoffe in die Nahrungskette gelangen. Der Gemeinderat stimmte für den Ausstieg und für die dadurch notwendige Sanierung der Kläranlage.In der jüngsten Gemeinderatssitzung ging es um die heikle Frage: Sollte man den Schlamm, der aufwendig in der Fischinger Kläranlage aus dem Empfinger Abwasser gefiltert wird, wieder in den natürlichen Kreislauf bringen, indem er wie bisher von einem Bauern zur Düngung auf die Felder der Umgebung ausgebracht wird? Dieses Vorgehen ist nicht verboten, aber das Land empfiehlt den Ausstieg.

Nach einer kontroversen Diskussion stimmte der Gemeinderat bei einer Enthaltung für den Ausstieg zum 1. Januar 2016. Bis dahin muss die Kläranlage des Abwasserverbands Sulz/Empfingen saniert und erweitert werden, damit der Schlamm vor Ort weiterverarbeitet werden kann. Die Kosten für die Sanierung splittet sich nach Anteilen am Verband auf: 59 Prozent trägt die Gemeinde Empfingen, 41 Prozent die Gemeinde Sulz.

Die Kommunen wälzen die Kosten auf die Bürger ab. Die Abwassergebühr wird in Empfingen voraussichtlich ab 2016 um 24 Cent pro Kubikmeter steigen. Für einen Vierpersonenhaushalt sind das laut Schindlers Berechnungen rund 36 Euro Mehrbelastung pro Jahr. "Jeden Monat ein Weizenbier weniger", sagt dazu er lapidar in der Sitzung.

Bisher entsorgt der Sulzer Landwirt Reiner Plocher den Schlamm auf seinen Feldern. Zum 1. Januar 2016 soll der Vertrag mit Plocher aufgelöst werden.

Empfingen wird damit die letzte Gemeinde im weiten Umkreis sein, die Klärschlamm landwirtschaftlich verwertet. Im Kreis Rottweil steigen die beiden letzten Gemeinden 2014 aus, im Kreis Freudenstadt gibt es schon jetzt keine andere Gemeinde mehr, die so verfährt.

Dabei gibt es keine billigere Variante der Entsorgung. Der Abwasserverband zahlt Plocher aktuell 16,50 Euro pro ausgebrachtem Kubikmeter Klärschlamm. Im Jahr summieren sich alle Kosten auf rund 30 000 Euro.

Das Ingenieurbüro Götzelmann aus Balingen hat drei Entsorgungs-Alternativen erarbeitet. Jede davon kostet rund 70 000 Euro pro Jahr, mehr als doppelt so viel wie bisher. Die Varianten sind im Einzelnen:

 Verbrennung: Für diese Variante hat sich der Gemeinderat ausgesprochen. Sie sieht vor, dass der Klärschlamm in Fischingen ausgepresst wird, bis ein Material übrig bleibt, das an handfeuchten Humus erinnert. Es wird gegen Gebühr von einem Entsorgungsunternehmen abgenommen, getrocknet und verbrannt – in Zementwerken, Müllverbrennungsanlagen oder Kohlekraftwerken.

In Fischingen muss dafür die Kammerfilterpresse saniert werden. Das Wasser, das aus dem Klärschlamm herausgepresst wird, ist hochbelastet mit Ammonium und muss weiterbehandelt werden – dafür ist der Ausbau der biologischen Klärung in Fischingen nötig. Sanierung und Erweiterung kosten rund 850 000 Euro. Die Gemeinde Empfingen müsste von ihrem Anteil der Kosten wohl dank üppiger Förderung nur rund ein Drittel bezahlen. Laut Bürgermeister Albert Schindler wurde vom Regierungspräsidium Karlsruhe eine Förderung von 64 Prozent zugesagt.

Mobile Entwässerung: Eine mobile Presse kommt regelmäßig nach Fischingen und erledigt die Pressung des Schlamms als Lohnarbeit.

Transport in Fremdanlage: Man könnte den Klärschlamm in eine andere Anlage transportieren, die bereits auf die Pressung eingerichtet ist. Doch durch zu langes Abwarten in dieser Angelegenheit sind die Kapazitäten der nahegelegenen Anlage in Horb-Dettingen ausgereizt. "Ich mache mir da keinen Vorwurf", sagt Schindler. "Bisher haben wir uns von den Finanzen leiten lassen und die billigste Art der Entsorgung gewählt." Dies habe der Verband mitgetragen, bis es 2010 erste Ausstiegsbestrebungen von Seiten der Stadt Sulz gegeben habe.

Bei den letzten beiden Varianten wäre man um eine Erweiterung der Kläranlage herumgekommen – zunächst. Denn 2022 muss eine neue wasserrechtliche Erlaubnis für die Anlage beantragt werden. "Am Ausbau der Kläranlage kommen Sie spätestens dann vermutlich sowieso nicht mehr vorbei", sagt Klaus Gaiselmann, Leiter des Rottweiler Umweltschutzamtes.

Beim Abwasserverband Sulz/Empfingen werden die Empfinger Vertreter für die Verbrennungs-Variante stimmen. Im Jahr 2015 könnte nach derzeitiger Planung die Kläranlage umgebaut und ab 2016 in neuem Umfang betrieben werden.

Das Schlusswort der Diskussion kam von Reiner Ziefle-Leinweber. "Warum hinterherhinken, wenn es um die Gesundheit der Bürger geht?" Es werde künftig bessere Methoden geben, um geringe Schadstoffmengen nachzuweisen. "Man muss kein Prophet sein, um zu wissen, dass man den Schlamm langfristig nicht mehr ausbringen darf."