Im Wald erleben die Wiesenstetter Kindergartenkinder einige Abenteuer. Foto: Kindergarten Foto: Schwarzwälder-Bote

Bildung: Im Wald lernen Zwei- bis Sechsjährige aus Wiesenstetten Naturgesetze kennen

Die Kinder des Kindergartens Wiesenstetten haben das Glück, mit dem Auchtertwald einen Platz gefunden zu haben, in dem es verschiedene Zimmer wie in einem Haus gibt.

Empfingen. Das Waldstück wird von allen Seiten durch Feldwege eingegrenzt, so dass der Eindruck eines heimeligen Naturhauses entsteht, in dessen Mittelpunkt das von den Vätern errichtete Stelzenhaus thront. Als ob ein Architekt den Kindergartenwald im Auchterwald nach pädagogischen Gesichtspunkten geplant hätte, kann man dort alles finden, was das Erzieherinnenherz höher schlagen lässt. Das können Alexandra Deuringer, Andrea Dehner und Jessica Lacher immer wieder bei Sonderaktionen und auch beim wöchentlichen Waldgang feststellen.

Es fängt damit an, dass es im übertragenen Sinne einen Werkraum gibt, in dem die Grobmotorik geschult wird. Dort werden mit Ästen Zäune errichtet, Lehm hergestellt oder mit kleinen Stämmen Wippen gebaut. Mit diesen Wippen eröffnet sich gleich die Möglichkeit des Experimentierzimmers.

Zwergenhäuser gebastelt

Die Kinder üben sich in physikalischem Wissen. Sie untersuchen, wie schwer ihr Gegenüber sein muss, damit es in der Luft schwebt. Weitere physikalische Gesetze werden erprobt, indem getestet wird, wie weit unterschiedlich schwere Holzstücke eine Rampe hinunterrollen. So können sich zukünftige Ingenieure unter den Kindern schon einmal auf ihre Arbeit einstellen.

Ihre Grobmotorik schulen die Zwei- bis Sechsjährigen aber auch in ihrem Turnraum, in dem zum Beispiel über Baumstämme balanciert wird, um das Gleichgewicht zu schulen. Aber damit nicht genug, gibt es doch auch einen Handarbeits- und Kreativraum für die Feinmotorik. Die Kinder weben mit Naturmaterialien und richten filigrane Zwergenhäuser mit viel Geduld ein.

Auch das kognitive Lernen kommt nicht zu kurz. Als ob im Auchtertwald ein Bücherzimmer wäre, kommen die Kinder jedes Mal mit neuem Wissen heim. Sie erzählen davon, dass Amselweibchen nicht schwarz sind, weil sie sonst beim Brüten zu schnell entdeckt werden würden. Sie erfahren auch, dass es unterschiedliche Vogelnestarten gibt, je nach Körperbau ihrer Bewohner oder dass Amseleier grün, die Vögelchen, die daraus schlüpfen, aber braun, grau und schwarz sind. All dies lernen sie durch Erklärungen der Erzieherinnen, aber vor allem durch das Studieren der Natur. Ganz nebenbei findet hier eine visuelle Schulung und Konzentrationsübung statt.

Gäste eingeladen

Wie bei einem richtigen Zuhause laden die Kinder auch immer wieder Gäste zu sich ein. So waren letztes Jahr die Märchenerzählerin Sigrid Maute und das Ökomobil während einer Waldwoche da. Dieses Jahr wird der Jäger Werner Schatz zu Besuch kommen und den Kindern vieles über ihr Zuhause im Wald und die Tiernachbarn erzählen. Er gehört der Jägervereinigung an und wird den Kindern erklären, warum Jagen wichtig ist.

Neben den Beschäftigungsräumen im Kindergartenwald gibt es aber auch Räume für die elementaren Bedürfnisse. So gibt es ein Esszimmer mit selbst gezimmerten Bänken und Tischen. Dort wird Umwelterziehung betrieben, darf doch nach dem Essen nichts im Wald liegen bleiben. Was auch nicht vergessen werden darf, sind die Ruheräume. So laut die Kinder im Freien auch sein dürfen, wissen sie doch, dass sie in anderen Waldgebieten leise sein müssen, um die Tiere nicht zu stören. Die Schlafzimmer der Nachbarn werden respektiert. Automatisch lernen die Kinder Rücksichtnahme und emotionale Reife, die sie im Zusammenleben mit anderen brauchen.

Also alles zusammen gesehen, ein Naturhaus, in dem sich alle wohlfühlen. Daher hört man immer wieder ein "Ooh, schade!" wenn es heißt, dass es wieder heimgeht. Ein Trost bleibt den Kindern aber: Am nächsten Donnerstag dürfen sie – wie in jeder Woche – wieder in ihren Kindergartenwald zu ihrem Naturhaus.