In diesem Haus sind die zwölf jungen Syrer ab sofort untergebracht. Fotos: Baiker Foto: Schwarzwälder-Bote

Zwölf junge Syrer leben ab sofort in Empfingen / Bürgermeister Schindler: "Das sind Leute wie du und ich"

Von Ralf Klormann

Empfingen. Die Tatsache an sich war seit Langem angekündigt. Und längst sollten sie bereits vor Ort sein. Doch am Ende ging dann dennoch – wie so häufig dieser Tage – alles Schlag auf Schlag: Am Donnerstagnachmittag sind die ersten zwölf Flüchtlinge in Empfingen angekommen.

Als Empfingens Bürgermeister Albert Schindler am Donnerstagmorgen zur Arbeit kommt, ahnt er noch nicht, welche Überraschung im Laufe des Tages auf ihn zukommen wird. Gegen neun Uhr klingelt dann das Telefon. Am anderen Ende: ein Mitarbeiter des Landratsamtes Freudenstadt. Die Nachricht: die ersten Flüchtlinge kommen nach Empfingen. Noch an diesem Nachmittag.

Nur rund fünf Stunden später steht der Bürgermeister zusammen mit einer Mitarbeiterin den zwölf jungen Männern aus Syrien bereits gegenüber, begrüßt sie mit Butterbrezeln, Obst und Sprudel. Auch Orts- und Lagepläne des Ortes übergibt er ihnen; schließlich sollen die Asylbewerber sich ab sofort weitgehend selbstständig versorgen.

Die Verständigung klappt mit Hilfe von Englisch, einer der Syrer versteht und spricht sogar ein paar Brocken Deutsch. "Was sie gleich wissen wollten war, wo der Kebab ist", schmunzelt Schindler – und schiebt gleich eine Erklärung hinterher: Als Muslime seien sie sich bei diesem Essensangebot auf jeden Fall sicher, dass kein Schweinefleisch darin enthalten sei.

Eine Odyssee von Syrien, quer durch Europa, über Meßstetten und Freudenstadt liegt hinter den jungen Männern. Ihre vorläufige Endstation: eine rund 100 Quadratmeter große Dachgeschosswohnung in der Dettenseer Straße.

Doch war nicht eigentlich immer die Rede von einem gemeindeeigenen Domizil in der Horber Straße 9 die Rede gewesen? "Dort muss zurzeit noch die Heizung von Öl auf Elektro umgestellt werden", erklärt Schindler.

Das Haus in der Dettenseer Straße befinde sich in Privatbesitz. Dass das Landratsamt eine Wohnung darin angemietet habe, sei der Gemeinde erst seit rund einer Woche bekannt. Auch die Ausstattung in der Wohnung sei noch nicht komplett. Außer Betten, einigen Stühlen und einem Tisch gebe es kein Mobiliar; Schränke fehlten noch. Dafür sei die Küche bereits mit Besteck und Geschirr bestückt. Insgesamt spricht Schindler von "guten Verhältnissen" – nicht zuletzt, da es sich bei dem Haus um einen kaum 15 Jahre alten Neubau handle.

Doch mit der Ankunft der Asylbewerber ist zunächst nur der erste Schritt getan. Das weiß auch Schindler, der bereits seit einiger Zeit in Kontakt mit einem freiwilligen Helferteam aus den Reihen von Kirche und Bürgern steht. "Wir hatten vereinbart, dass wir einen sofortigen Rundruf machen, wenn die Flüchtlinge ankommen", sagt Schindler.

Gesagt, getan, die Maschinerie greift perfekt. Bereits am Freitagmorgen gegen 11 Uhr kommt das sechsköpfige Team mit dem Bürgermeister zusammen, bespricht die Lage. Ein erster Entschluss: "Wir werden die jungen Männer übers Wochenende zunächst mal in Ruhe lassen", erklärt Schindler.

Insgesamt ist derzeit mit 30 weiteren Flüchtlingen zu rechnen

Gleich am Montagmorgen steht dann allerdings ein Telefonat mit dem hauptamtlichen Sozialarbeiter des Landratsamtes an. Dieser soll den Syrern dabei helfen, das Leben in Deutschland zu verstehen.

Ein nächstes Treffen der Gruppe steht auch bereits fest: am kommenden Mittwoch um 19 Uhr. Ein wichtiger Tag, an dem Schindler zusammen mit anderen Bürgermeistern zuvor an einer Kreisverbandssitzung des Gemeindetages teilnehmen wird. Dabei soll unter anderem erläutert werden, ab wann Flüchtlinge in Deutschland arbeiten dürfen.

Und wie es danach weitergeht? Schindler betont auf jeden Fall, dass jeder, der helfen möchte, willkommen sei. "Es soll niemand ausgeschlossen werden", sagt er. Die Zahl der Flüchtlinge wird auf jeden Fall steigen, weiß der Bürgermeister. Derzeit habe das Landratsamt zusätzlich zur Wohnung in der Dettenseer Straße noch drei weitere Wohnungen angemietet. Insgesamt sei daher noch mit etwa 30 weiteren Asylbewerbern zu rechnen, vielleicht sogar "im Laufe des Oktobers noch".

Schindler lässt sich von der Herausforderung jedoch nicht schrecken, schon gar nicht angesichts der jungen Flüchtlinge, die bei ihm "einen guten Eindruck" hinterlassen hätten. "Wir gehen guten Mutes heran", sagt der Bürgermeister. "Das sind ja keine Menschen vom Mond. Das sind Leute wie du und ich."