Der Massenchor unter der Leitung von Uwe Wagner gab ein beeindruckendes Bild ab. Fotos Baiker Foto: Schwarzwälder-Bote

Jubiläum: Musikverein Empfingen feiert sein 170-jähriges Bestehen / Roland Walter: "Viel zu jung, um alt zu sein"

Seit 170 Jahren gibt es den Musikverein Empfingen (MV): Ein wahrer Grund zum Feiern – und das über drei Tage hinweg.

Empfingen. Der Auftakt am Freitag begann mit einem Stehempfang im Musikerheim, bei dem es allerhand an Gedanken auszutauschen galt. Dem schloss sich ein Festakt an. Dabei spielte die Juka 1 unter Leitung von Uwe Wagner letztmalig als eigenständige Formation. Alle Jungmusiker sind nun in die aktive Kapelle integriert.

Nach dem "Zauberland" begrüßte Vorsitzender Hartwig Molitor die Besucher. Er hatte sich im Vorfeld in viele Schriftführerbücher eingelesen und so einiges hervorgekramt, was die Vorgängergenerationen für Sorgen und Nöte hatten.

So gab es in den 50er-Jahren angesichts des Kreismusikfestes eine heftige Diskussion, ob Empfingen oder Betra dieses Fest ausrichten dürfe. In einer geheimen Wahl sprach man sich für Empfingen aus.

In den Monaten September und Oktober fanden wegen Feldarbeiten keine Musikprobe statt. Der Musikverein war auch damals für andere Vereine im Ort aktiv, so übernahm er über das ganze Gartenfest des Männergesangsvereins die musikalische Gestaltung. Neue Uniformen wurden mit Hilfe von Marschmusik durch den Ort und dem Klingeln an den Häusern eingespielt.

Nach 28-jähriger Zugehörigkeit zum hohenzollerischen Musikerbund, gab es 1974 eine Zäsur: Man musste in den Kreisverband Freudenstadt eintreten. Im Schriftführerbuch stand dazu geschrieben: "So ungern man diesen Schritt tun wollte, war aber auf Grund der neuen Zusammenschlüsse und Kreisreform keine andere Wahl möglich."

1995 fiel der Sommerabschluss buchstäblich ins Wasser. Aus dieser Verlegenheit heraus wurde im darauffolgenden Jahr eine Musikerfasnet ins Leben gerufen: "Fasnet made by MVE". Heute ist diese Veranstaltung aus dem Terminkalender des MV nicht mehr wegzudenken.

Seit 2002 kann der Verein das Musikerheim sein Eigen nennen. Der Satz "In freundschaftlicher, kameradschaftlicher und harmonischer Weise haben wir unser Fest bewältigt", begegnete Molitor beim Studium der Bücher immer wieder. Dieser Satz sei heute noch für den Musikverein zutreffend, so Molitor.

Aktuell hat der Verein 98 aktive Musiker. Die beiden Jugendkapellen haben bei Wertungsspielen beste Beurteilungen mitgebracht. Der Musikverein kann getrost positiv in die Zukunft blicken.

Bürgermeister Albert Schindler sprach ein Grußwort: "Nur wer sich seiner Geschichte bewusst ist, bewältigt auch die Zukunft", sagte er. Schon nach der Gründung 1847 hatte der Musikverein Auftritte im Kinzig- und Nagoldtal, in Rottweil und Reutlingen. Wie kamen die Musiker wohl damals dorthin? Mit Kuh-Fuhrwerken? Schindler ließ einige weltgeschichtliche Ereignisse der letzten 170 Jahre Revue passieren. Es gab auch für den Musikverein viele Hochs und Tiefs.

Ältester Verein in der Gemeinde Empfingen

Der Musikverein Empfingen als ältester Empfinger Verein habe sich schon immer für die Zukunft gerüstet. "Unsere Vereine sind eine absolute Bereicherung im Gemeindeleben. Die Blasmusik vermittelt auch Heimatverbundenheit", sagte er. Der Musikverein durchlebe derzeit ein Hoch, sowohl musikalisch als auch in der Jugendausbildung. Der MV könne stolz auf das Geleistete sein. "Ihr habt die Zukunft des Vereins bestens vorbereitet", so Schindler.

Hans Dreher sprach als Vorsitzender für den Kreisverband. Gleichgesinnte seien gerade in unruhigen politischen Zeiten, in Krisenzeiten und in Zeiten der wirtschaftlichen Stagnation Ursachen und Auslöser für Vereinsgründungen gewesen. Vielleicht sei der Musikverein Empfingen ein Kind der 1848er-Revolution.

Der MV habe alle Zeiten gut überstanden und viel für das öffentliche, kulturelle und soziale Leben in Empfingen geleistet.

Die Erhaltung und Weitergabe der Tradition durch die musikalische Ausbildung von Kindern und Jugendlichen, die Bereicherung und Mitgestaltung des kulturellen Lebens und die Pflege der Kameradschaft und des Zusammengehörens als Garanten für das Fortbestehen eines Vereins seien auch heute noch wichtige Aufgaben.

Roland Walter, Vorsitzender der Vereinsgemeinschaft, sprach ein besonderes Kompliment aus: "170 Jahre. Eigentlich ein Methusalem-Alter und doch noch immer zu jung, um alt zu sein."

Das Engagement für die Vereine und auch deren Ehrenämter stünden immer noch auf einem intensiven Prüfstand. Viele Vereine hätten grundlegende Existenzprobleme und bangten um ihren Bestand. "In unserer Heimatgemeinde Empfingen befinden wir uns im blasmusikalischen Bereich noch auf einer Insel der Seligen", konstatierte er. Beim MV lägen die Ursachen dafür in einer breit angelegten musikalischen Erziehung, einer qualifizierten musikalischen Führung und einer selbstbewussten, konzentrierten Vereinsführung.