Reisigbär reist um die Welt / Charles Fréger nimmt Bilder von traditionellen Gestalten in ganz Europa auf

Von Lena Straub

Empfingen. Der Reisigbär stammt aus Empfingen, doch was macht er eingereiht zwischen Gestalten wie den Nevasta aus dem mazedonischen Begnishte oder den Babugeri aus Bulgarien, die Kostüme aus Ziegenfell tragen?

Im Magazin Dummy, das zum Verlag des Tagesspiegels gehört, in der Winterausgabe des Jahres 2014 (12. Jahrgang) sind wir fündig geworden. Plötzlich schaute uns der Empfinger Reisigbär, vollkommen eingehüllt in Reisig, entgegen. Im Magazin war die Rede von "wilden Männern", die den Winter vertreiben und die Fruchtbarkeit fördern. Bei der genauen Beschreibung des Reisigbären wurde er mit der Gestalt des Bären Arkouda verglichen. Er stammt aus Monastiraki (Griechenland). Über sie ist zu lesen: "Beide verkörpern das Gottlose und Böse." Die Bilderserie soll zeigen, dass Gestalten wie der Reisigbär in ganz Europa Tradition haben und den Winter vertreiben sollen. Allerdings muss angemerkt werden, dass der Reisigbär im Dummy Magazin als Erbsenbär (der eigentlich in Erbsenstroh gekleidet ist) bezeichnet wird.

Der Franzose Charles Fréger hat die Bilder dieser Gestalten aufgenommen, die er unter anderem in Bulgarien, der Slowakei, Griechenland und Spanien fotografiert hat und in einem Buch veröffentlicht, das "Wilder Mann" heißt. Unter anderem findet sich hier der Empfinger Reisigbär und der Erbsenbär. Das Dummy Magazin schreibt dazu: "Überall findet man Traditionen und Rituale, die letztlich von der Verwandlung des Menschen in ein Biest handeln."

"Der Brauch lässt sich wohl eher auf das ›Heischen‹ zurückführen"

So auch im Falle des Reisigbären, der jährlich die Fleggafasnet der Empfinger mitgestaltet. Auf den Bären stieß Charles Fréger im Jahr 2011, durch die Hilfe von Werner Baiker, wie der Fotograf erklärt. "Er ist ein echter Spezialist in Sachen Strohfiguren im Schwarzwald", erklärt er unserer Zeitung auf Englisch. In Kontakt kamen sie durch eine von Werner Baiker organisierte Internetseite im Jahr 2010. Hier hatte er verschiedene Strohbärentraditionen dargestellt. Der Fasnetexperte vermittelte dem Fotografen einige Kontakte im Schwarzwald, die er für seine Bildreihe benötigte. 2011 kam Fréger dann anlässlich der Narrentage nach Empfingen, da man als Programmpunkt das Strohbärenbinden hatte. "Er wollte die Bären in freier Landschaft fotografieren und wir haben sie dann rausgefahren", berichtet Baiker.

Was das Gottlose und Böse angeht, sieht Werner Baiker dies ein bisschen anders: "Der Brauch lässt sich wohl eher auf das ›Heischen‹ zurückführen." Unter Heischen versteht man das Erbetteln von Lebensmitteln, was bei einigen Zünften Brauch hat.

Die Idee zu dieser Reihe kam Fréger, weil er die Möglichkeit zu einem Überblick über die Tradition des "wilden Manns" bieten wollte, sagt er, dabei sollten nicht die bunten Gestalten der Fasnet dargestellt werden, sondern vor allem die, die sich in organisches Material wie Fell, Stroh und Holz hüllen.

Charles Fréger und Werner Baiker stehen immer noch in regem Kontakt: Sie arbeiten gerade zusammen bezüglich einer Strohfigur im Oberelsass. Dabei geht es speziell auch darum, dass die Strohfiguren in Europa nicht zwangsweise an der Fasnet unterwegs sein müssen, sondern generell über das Jahr verteilt eine Rolle spielen.