Bärbel Gerhardt und Johan de Vries berichten in einem Vortrag über ihre Weltreise mit dem Rad

Von Lena Müssigmann

Empfingen. Zwei Durchgesessene Radhosen, 32 Plattfüße, 26 000 Kilometer Wegstrecke: Bärbel Gerhardt aus Empfingen und ihr Partner Johan de Vries sind 619 Tage lang mit dem Fahrrad durch die Welt gereist. Nun haben sie in einem Vortrag in der Schulaula von ihrer Reise erzählt.

Zahnlose Menschen, kalenderblatttaugliche Naturaufnahmen und immer wieder die Räder im Bild, um die es am Donnerstagabend beim Vortrag schließlich ging: Johan de Vries hat sich im Januar und Februar durch das digitale Material gewühlt, das sie von der Reise mitgebracht haben: 30 000 Fotos und über 2000 Filme. Sie haben ihre Präsentation zusammengestellt, die erst mal viel zu lang war. "Wir haben gedacht, dies oder jenes können wir unmöglich weglassen, das war doch so lustig", sagt Bärbel Gerhardt. Und trotzdem mussten sie sich überwinden, kürzen und kürzen, bis sie auf etwa zwei Stunden gekommen sind. "Der Aufwand war riesig, deshalb würden wir unsere Präsentation gerne noch mal irgendwo vorführen", sagt Gerhardt.

Am Ende haben sie trotz Kürzens viele Aspekte ihrer Reise erzählt: Lustiges, Persönliches, Kulturelles. Sie haben von ihrer Begeisterung über die Gastfreundschaft in anderen Ländern erzählt, die man als Deutscher kaum gewohnt sei ("Würden wir ›Herzlich Willkommen‹ rufen, wenn zwei Inder mit dem Ochsenkarren durch Empfingen fahren?"). Und sie erzählten, was sie im negativen Sinn beeindruckt hat: die bittere Armut in Rumänien, die sie in einem EU-Land nicht erwartet hätten, oder die Frauenfeindlichkeit in Indien, wo Bärbel Gerhardt von einem betrunkenen Mann angegriffen wurde.

Die beiden waren ehrlich in ihrem Vortrag. Sie haben die tollen Erlebnisse, zum Beispiel den Anblick beeindruckender Vulkane in Neuseeland oder der "atemberaubenden, einzigartigen" Natur in Nordvietnam gewissermaßen teuer bezahlt: mit Strapazen, Hautausschlägen, lebensgefährlichen Fahrten über schnell befahrene Straßen, mit Moskitostichen und Dengue-Fieber, mit Momenten auf steilen Bergpfaden, die aussehen wie das Ende der Welt.

In Tasmanien seien sie tagelang durch Regen geradelt. "Wir mussten uns in diesen Tagen oft daran erinnern, dass wir uns das selbst ausgesucht hatten", sagen sie. "Die schönsten Erlebnisse hatten wir immer dort, wo keine Touristen waren, wo man den Menschen so begegnet wie sie wirklich sind", sagt Bärbel Gerhadt. Sie haben bei Familien übernachtet, die arm waren, den Gästen aber das Bett überließen. "Wir haben mehr gute als schlechte Menschen getroffen."

Bärbel Gerhardt sagt, sie bereue es nicht, ihren gut bezahlten Job gekündigt zu haben, um auf die Reise zu gehen: "Jeder hat Träume, manchmal lohnt es sich, die zu leben und vom vorgezeichneten Weg abzuweichen."

Der Vater von Bärbel Gerhardt, Otto Gerhardt, stellte sich am Ende vor das Publikum und sagte, es sei ihm nicht Recht gewesen, dass sich seine Tochter auf eine so große Reise begibt: "Ich hatte ein bisschen Angst um sie. Aber jetzt bin ich stolz, dass die beiden den Mut hatten, das zu machen."

Der Vortrag hat bei Marc und Claudia Faude, die im Publikum saßen, Fernweh ausgelöst. "Wir sind selber Reiseradler", sagt Claudia Faude. Ihre Touren bisher: sechs bis acht Wochen, "normale" Länder, sagt sie, USA, Neuseeland. Umso beeindruckter waren sie von der Riesen-Tour der beiden.

Bernd Reich aus Empfingen lobte die Aufarbeitung: "Die Fotos sind toll, genau so die ganze Präsentation, die Show", sagt er.

Bärbel Gerhard und Johan de Vries haben den Vortrag mit einem schnellgeschnittenen Film voller Eindrücke der Reise begonnen. Zu den einzelnen Abschnitten der Reise haben sie zunächst erzählt und dann wieder eine kurze Diashow mit Musik aus dem entsprechenden Land gezeigt. Die rund 100 Besucher in der Aula der Schule waren begeistert. Der Vortrag hatte auf Initiative des Kulturvereins Empfingen stattgefunden.

Nach dem Vortrag sind Bärbel Gerhardt und Johan de Vries auf ihre Reiseräder gestiegen, die zur Dekoration in der Aula gestanden hatten, und sind nach Hause gefahren. Bärbel Gerhardt winkt ab: "Das sind ja nur ein paar hundert Meter."