Wer folgt auf Albert Schindler? Der noch amtierende Bürgermeister moderierte den Abend. Foto: Hopp

Wer wird Nachfolger von Albert Schindler? Zehn Kandidaten präsentieren sich vor rund 700 Bürgern.

Empfingen - Wer die Bürgermeister-Wahl hat, hat die Qual. Lieber die Netzwerkerin, den Verwaltungsprofi oder den rhetorisch brillanten Visionär, der den Ort untertunneln will?

Die Tälesee-Halle am Donnerstagabend war gut besucht. Denn: 10 von 13 Bürgermeister-Kandidaten wollten die Empfinger davon überzeugen, dass sie der beste Nachfolger von Albert Schindler sind. Der hatte extra 800 Flaschen Wasser in Plastikflaschen spendiert. Schindler, der den Abend moderierte: "Die Glasflaschen haben wir bewusst weggelassen. Damit die nicht klappern."

Es wurde tatsächlich ein abwechslungsreicher Abend – in jeglicher Hinsicht. "Das hat schon fast Züge von einem Kabarett", sagte ein Besucher, der nach der Kandidatenvorstellung erst mal an die frische Luft musste. Bei so manchem Kandidaten fragten sich die rund 700 Zuhörer, warum sie denn dieses Wagnis einer Kandidatur eingegangen sind. Drei kamen gar nicht zur Vorstellungsrunde. Der politisch umstrittene Kandidat Christian Nonner, der Haigerlocher Lokführer Michael Schneck (er teilte uns mit, dass er für einen erkrankten Kollegen einspringen musste) und der SG-Empfingen-Trainer Oliver Brose, von dem ein Besucher sagte: "Ich habe das Gefühl, der kandidiert nur, weil er eine Wette verloren hat."

Doch dann ging es los. Jede Kandidat bekam acht Minuten Redezeit für seine Vorstellungsrunde. Neun Kandidaten mussten in den Hausmeisterraum, während Ferdinand Truffner als erster Bewerber ans Mikro tritt.

Ferdinand Truffner

Truffner legt mit einem humorvollen Einstieg los: "Stellen Sie sich vor, ich trainiere ab Januar die Mannschaft der SG Empfingen. Dann würde die absteigen in die Kreisliga. Stellen Sie sich vor, ich würde Ihre neuer Bürgermeister. Das könnte dann schon eher funktionieren." Er spielt in seiner Rede die Karte des Verwaltungsprofis aus. Betont, dass er im Horber Rathaus als Qualitätsverantwortlicher gearbeitet hat. Jetzt ist er hauptamtlicher Ortsvorsteher in Nabern (Kreis Esslingen). Truffner: "Hauptamtliche Ortsvorsteher gelten in Fachkreisen als kleine Schultheißen!" Er setzt auf sachorientierte Arbeit, will den Kindergarten Reichenhalden bei der Grundschule neu bauen. Truffner spricht sich für einen Familienbonus bei Grundstücksverkäufen aus, will die Vereine bei einer jährlichen Matinee würdigen. Dann scherzt der Försterssohn noch: "Es gibt den Spruch: Man erkennt den Wald vor lauter Bäumen nicht. Sie haben hier 13 Bäume Damit Sie mich erkennen, stehe ich als erstes auf dem Wahlzettel." Schmunzeln im Publikum. Auch durch seine Rede ist Truffner in den Köpfen geblieben.

Horst Streitmatter

Kein Polit-Profi ist dagegen Horst Streitmatter aus Oberndorf: "Ich habe mich beraten lassen. Doch wenn ich das so machen würde, müsste ich mich verbiegen, müsste ich die Unwahrheit sagen Ich rede jetzt frei Schnauze." Als er von seiner 14-jährigen Bundeswehrzeit mit Einsätzen in Kroatien und Afghanistan redet und sagt "Darüber könnte ich einen ganzen Roman erzählen. Aber ich habe nur acht Minuten" gibt es schon Geraune im Saal. Zu Empfingen selbst hat er nicht viel zu sagen. Seine politischen Ziele: Empfingen 2025 umsetzen. Streitmatter: "Ich möchte mit Ihnen gemeinsam die Projekte antreiben und bewirtschaften. Ich möchte zum Schluss kommen."

Dagmar Borrmann

Für gute Stimmung sorgt Dagmar Borrmann aus Wuppertal mit der Aussage: "Ich bin zum zweiten Mal verheiratet. 16 Jahre mit demselben Mann." Sie will das Bürgermeisteramt "im Sinne von Albert Schindler weiterführen. Um mich einzuarbeiten, habe ich genug Zeit. Ich werde mit zu 1000 Prozent einbringen, und 18 Stunden am Tag unterwegs sein. Auskennen ist nicht wichtig. Ich muss es erlenen. Herr Schindler tut mir jetzt schon leid. Ich werde ihn Löcher in den Bauch fragen." Der Empfinger Schultes schaut etwas sorgenvoll bei diesem Gedanken. Borrmann sieht sich qualifiziert, weil sie Vorstand des Elternbeirats im Kindergarten gewesen sei. Personalführung sei für sie kein Fremdwort, weil sie in dieser Funktion für 16 Erzieherinnen zuständig gewesen sei.

Eugenia Jung

Eugenia Jung aus Empfingen zeigt, dass sie sich intensiv mit ihrer Gemeinde beschäftigt hat. Sie will die "Bürgermeisterin sein, die für Sie da ist. Auf Augenhöhe. Respektvoll, ohne Ansehen der Person." Sie ist zum zweiten Mal verheiratet. Humorvoll sagt sie: "Mein Mann wird mir zur Seite stehen, wenn ich seine Bürgermeisterin bin." Sie betont, dass sie in ihrer Tätigkeit in der Deutschen Rentenversicherung sowohl Respekt vor den Menschen gelernt hat, dazu Verwaltungsabläufe. Jung: "Ich bin Expertin für Wirtschaft und Finanzen. Der Gemeindehaushalt ist bei mir in den besten Händen."

Ihre politischen Ziele in Empfingen: Miteinander der Generationen, die Ortskernsanierung, eine Verbesserung der Kinderbetreuung. Jung: "Meine Lebensaufgabe als Bürgermeisterin wäre wirtschaftlicher Fortschritt und menschliches Miteinander." Kommunalpolitisch will sich Jung, die in ihrer Jugend aus Kasachstan kam, auf alle Fälle engagieren. Spätestens 2019, wenn sie sich für den Gemeinderat aufstellen will. Noch einmal versucht sie es mit Humor: "So schnell werden sie mich also nicht los. Dann können sie mich doch auch zu ihrer Bürgermeisterin wählen." Sie erhält schließlich warmen Applaus.

Siegfried Hailer

Siegfried Hailer aus Blaubeuren stammt aus dem sozialen Sektor. Nach seiner Ausbildung zur Pflegefachkraft arbeitet er seit 2010 für ein großes soziales Unternehmen in der Assistenzplanungen "Für mich ist es eine ehrenvolle und spannende Herausforderung, hier Bürgermeister zu sein." Er verspricht den schnellstmöglichen Bau der Umgehungsstraße, das interkommunale Gewerbegebiet –" weil 400 Arbeitsplätze in Empfingen fehlen." Hailer will die Vereine zwei Mal im Jahr besuchen: "Zuhören, die Wünsche anhören und Handeln." Weil der E-Mobilität die Zukunft gehört, will er in Empfingen eine Ladestation bauen. In Dommelsberg will er durch Verkehrsinseln in den Dorfstraße die Geschwindigkeit reduzieren. Hailer: "Ich habe mich sehr wohlgefühlt in der Gemeinde. Ich kann mir sehr gut vorstellen, hier Bürgermeister zu werden. Das wäre mein größter Wunsch."

Dietmar Hoppe

Dietmar Hoppe aus Dommelsberg: "Ich möchte gerne helfen und mich für andere einsetzen. Umsichtig, vernünftig, transparent – wie Schindler." Der Polizist will den Tälesee zu einem Naherholungsgebiet machen – mit Skater-Park, Wasserspielplatz für Kinder, Mini-Golf. Der Wiesenstetter Kindergarten solle auf alle Fälle erhalten bleiben. In Wiesenstetten fehle im Neubaugebiet eine Bushaltestelle, in Dommelsberg soll die eine überdacht werden. Dazu ist die Anbindung der Schlosstraße in die Dorfstraße in Dommelsberg schlecht einsehbar und deshalb gefährlich. Der Ortskern von Empfingen soll wieder ein zentraler Treffpunkt für Jung und Alt werden. Hoppe: "Wir sollten es schaffen, dort auch noch mehr Gastronomie anzusiedeln. Das sind meine Vorstellungen für Empfingen. Ich bitte, dass Sie den nächsten Rednern auch so aufmerksam zuhören."

Nicole Walter

Nicole Walter aus Balingen punktet erst mal mit ihrer Empfingen-Erfahrung: "Wussten Sie, dass ich Mitte der 80er Jahre hier lebte? Meine Eltern waren Pächter der Krone." Die Wirtschaftskorrespondentin und Betriebswirtin sagt: "Ihr Gewinn ist meine Berufserfahrung. So kann ich für Sie die Gemeinde attraktiv gestalten, ohne das Rad neu zu erfinden. Wie es Albert Schindler hier seit 30 Jahren macht." Sie will härtere Tempolimits. Walter: "Das liegt mir besonders am Herzen – das Nichteinhalten der Tempolimits stört mich. Dazu müssen wir – wie das Modell in Tübingen zeigt – mehr Tempo-30-Zonen beispielsweise in der Mühlenstraße einführen. Und umfangreiche Geschwindigkeitskontrollen machen. Zuerst ohne Bußgeld, dann mit. "

Walter setzt sich für eine Shuttlebus zu den Supermärkten am Rande von Empfingen ein und will die Öffnungszeiten der Kindergärten erweitern – die Mutter von "zwei wundervollen Söhnen": "Das heißt: Vor acht Uhr und nach 16 Uhr." Außerdem will sie das Sicherheitsgefühl mit mehr Polizeipräsenz erhöhen.

Uwe Herbst

Uwe Herbst berichtet, dass er in Schorndorf wohnt, lange zeit in aber in Göttelfingen gelebt habe. Warum der Unternehmer Bürgermeister werden will? "Ich bin der Meinung, man sollte einmal im Leben etwas für die Gemeinschaft tun. Er versucht es ganz mit seiner Erfahrung als Unternehmer, lässt die Zuhörer aber im Unklaren, was er denn genau macht. Sein Ziel vor allem für Empfingen: weitere Firmen ansiedeln. Für Verwirrung sorgt er am Ende, als er die Werbekampagne hervorhebt, dass Empfingen auch Quereinsteiger suche. Als Unternehmer habe er wohl nicht die Chance, in Empfingen Bürgermeister zu werden.

Angelika Stockinger

Rhetorisch stark präsentiert sich die Kandidatin Angelika Stockinger aus Pliezhausen. Sie beeindruckte mit ihrem Werdegang von der Krankenschwester zur Betriebsrätin und Mitherausgeberin der ersten Fachzeitschrift für diesen Branchenbereich und ihrem nächsten Berufschritt mit dem Studium der Gesundheits-pädagogik zur Gesundheitsförderung bis hin zum Mit-Aufbau der Offensive Mittelstand mit dem Netzwerk Baden-Württemberg. Empfingen habe sie vor gut einem Jahr kennengelernt, als es um das Thema Flüchtlinge ging. In einem Projekt habe sie diese Entwicklung in Empfingen begleitet und erfahren, wie die Empfinger sind: "Ich habe sie super erlebt, im Zusammenhalt sehr engagiert." Sie möchte als Bürgermeisterin "Schwächere mitnehmen, wirtschaftlich mit der Gemeinde gut dastehen und das Vereinsleben fördern. Das ist die DNA einer Gemeinde."

Georg Theunissen

Den Abschluss machte Georg Theunissen aus Horb- Ihlingen mit einer flammenden Rede. Empfingen sei wohl das erfolgreichste Kleinzentrum Baden-Württembergs. Er wolle die Arbeitsplätze von morgen gemeinsam mit den Empfingern gestalten und auszubauen. Die große Revolution stehe bevor, die totale Digitalisierung, der stärkere Einfluss asiatischer Länder und neue Energiequellen. Gut gerüstet sieht sich Theunissen mit seinem Studium der Informatik und Wirtschaftswissenschaften.

Er wolle, dass Empfingen schuldenfrei bleibe, höchsten Freizeitwert habe, Anschluss an das Rad- und Wanderwegenetz. Unternehmen, die Empfingen voranbringen, sollten angesiedelt werden. Kein Gedanke dürfte bei den Planungen ausgeschlossen werden, nicht mal ein Empfinger Tunnel, um zur Verkehrsentlastung zu kommen