Reinhard Ganter bestreut die frisch gelaugten Brezeln mit Salz. Gespannt schauen die Drittklässler der Empfinger Grundschule zu. Foto: Begemann

Bäckerei Walz in Empfingen ist dankbar für Schüler, die sich für Bäckerhandwerk interessieren.

Empfingen - Das Bäckereihandwerk leidet unter einem massiven Mangel an Auszubildenden. Ein Grund ist nicht zuletzt das Jugendschutzgesetz. Damit aber doch immer wieder junge Menschen am Bäckerberuf Interesse finden, freut sich die Bäckerei Walz in Empfingen über Besuche von Schülern.

Die Kinder der Klasse 3a der Empfinger Grundschule stehen in der Backstube der Bäckerei Walz in Empfingen vor dem Ofen mit den Brezeln. Lautstark zählen sie bis 60. Denn gerade hat Bäcker Reinhard Ganter in den Ofen geschaut, um zu sehen, ob das Laugengebäck schon fertig gebacken ist. "Noch eine Minute!", lautet sein Urteil. Die Kinder können es kaum erwarten.

Für die Drittklässler ist der Besuch in der Backstube der Abschluss einer fächerübergreifenden Unterrichtseinheit zum Thema Brot und Getreide. Andreas Nowotny und Reinhard Ganter zeigen den Kindern beispielsweise die Knetmaschine, erklären, wann welches Gebäck gebacken wird und wie die Arbeitszeiten der Bäcker sind. Nowotny sagt: "Am späten Nachmittag fangen wir an, die Kuchen zu backen. Brezeln kommen in der Nacht als letztes dran. Sie sind ein Gebäck mit großer Fläche und trocknen deshalb schneller aus. Wenn man Qualität haben möchte, muss man Zeit mitbringen." Nowotny und Ganter beginnen mit ihrer Arbeit um 17 Uhr. Zwischen 20 und 22 Uhr kommen dann weitere Mitarbeiter. "Die letzten Bäcker machen gegen 6.30 Uhr Feierabend."

Nicht jeder sei für das Bäckerhandwerk geeignet, wissen Ganter und Nowotny aus Erfahrung. "Geduld ist wichtig", sagt Nowotny. Auszubildende, denen diese Charaktereigenschaft fehle, würden ihre Lehre oft abbrechen. Doch das sei nicht der Hauptgrund, warum es schwierig sei, Jugendliche für das Bäckerhandwerk zu gewinnen. Das Problem liege laut Nowotny vor allem bei den Arbeitszeiten und dem damit verbundenen Geltungsbereich des Jugendschutzgesetzes. Zu Nachtzeiten dürfen erst Jugendliche ab 18 Jahren arbeiten. Wenn die Jugendlichen mit einem Hauptschulabschluss oder mit der Mittleren Reife die Schule verlassen, sind sie zu jung, um in einen Beruf einzusteigen, in dem Nachtarbeit unerlässlich ist. Früher sei das Problem laut Nowotny noch nicht so immens gewesen. Damals habe man erst um drei Uhr anfangen können, die Auszubildenden hätten dann etwas später am frühen Morgen mit ihrer Arbeit beginnen können. "Damals konnte man aber auch noch das Brot erst um 8 Uhr in den Laden bringen." Das sei heute nicht mehr möglich, da sich das Konsumverhalten verändert habe. Nowotny sagt: "Das Jugendschutzgesetz ist unseren Bedingungen nicht angepasst worden." Er fände es sinnvoll, wenn die Eltern von nicht volljährigen Auszubildenden beispielsweise eine Einverständniserklärung dazu abgeben könnten, dass ihr Kind auch nachts arbeiten darf.

Betroffen seien vor allem kleinere Bäckereien. "Größere Betriebe mit 20 oder 30 Filialen können ihre Arbeitsprozesse anders strukturieren und in mehreren Schichten arbeiten", sagt Nowotny.

Trotz allem sei die Bäckerei Walz froh, dass sie derzeit drei Auszubildende habe – zwei Bäcker und eine Verkäuferin. Um weiterhin Jugendliche zu begeistern, freue sich die Bäckerei auch immer über Praktikanten – oder eben Besuche von Schülern.