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Für Aljona Sawtschenko und Robin Szolkowy sowie ihren Trainer Ingo Steuer wird es bei der EM im Januar in Zagreb richtig ernst. Das große Ziel des Trios sind aber die Olympischen Spiele 2014 in Sotschi.

Stuttgart - Bei den nationalen Meisterschaften ist das deutsche Vorzeige-Eiskunstlaufpaar nur im Schaulaufen gestartet. Für Aljona Sawtschenko und Robin Szolkowy sowie ihren Trainer Ingo Steuer wird es bei der EM im Januar in Zagreb richtig ernst. Das große Ziel des Trios sind aber die Olympischen Spiele 2014 in Sotschi.


Frau Sawtschenko, Herr Szolkowy, mögen Sie die Weihnachtszeit?
Sawtschenko: Ich finde diese Zeit gemütlich. Ich mag den Schnee, ich gehe dann gerne einkaufen und genieße die warmen Lichter.
Szolkowy: Ich habe den Trubel nicht so gern, aber ich mag die Weihnachtszeit sehr, denn dann haben sich irgendwie alle Menschen lieb. Den Rest des Jahres kämpft jeder mehr oder weniger für sich, an Weihnachten rücken die Menschen näher zusammen.

Bei den deutschen Meisterschaften in Hamburg sind Sie nur im Schaulaufen gestartet, können Sie diese Vorweihnachtstage deshalb ganz besonders genießen?
S zolkowy: Ganz so ist es nicht, wir haben schließlich unseren Kollegen auf dem Eis die Daumen gedrückt und bereiten uns auf die EM Mitte Januar in Zagreb vor.

2013 wird ein Übergangsjahr. Das große Ziel heißt Olympia-Gold 2014 in Sotschi. Nach je vier EM- und WM-Titeln fehlt diese Auszeichnung. Ist der Druck 2013 deshalb geringer?
Szolkowy: Keinesfalls, wir können nicht zur EM und zur WM fahren und sagen: Jetzt schauen wir mal, was rauskommt. Wir müssen uns bewähren, unsere Gegner schlafen nicht, sie wollen uns besiegen. Aber ich gebe zu: Man könnte eine Niederlage eher verschmerzen, weil man ja schon vier Titel im Koffer hat.

Wie gehen Sie mit der Fixierung auf 2014 um?
Steuer: Wir werden immer auf dieses Thema angesprochen, es sind eher die Medien, die uns in diese Richtung drängen, auf Olympia-Gold in Sotschi. Wenn wir im täglichen Training das stets im Hinterkopf hätten, könnten wir uns gar nicht konzentrieren. Also gehen wir locker damit um und denken immer nur darüber nach, wenn die Frage gestellt wird. Alles läuft Schritt für Schritt, und wir vermeiden, Extradruck aufzubauen.
Sawtschenko: Man muss reif für Olympia-Gold sein. Dafür arbeiten wir.

Ist das Programm 2013 auch das für Sotschi?
Steuer: Wir stellen jedes Jahr ein neues auf.

Ist das nicht ein Risiko?
Szolkowy: Mag sein, aber für uns wär’s nichts, zwei Jahre dieselbe Kür zu laufen.
Sawtschenko: Wir versuchen immer, etwas Neues zu kreieren, wir wollen beweisen, was wir können, wollen uns steigern. Es wäre doch sonst langweilig. Zudem ist es unser eigener Anspruch, stets etwas Neues aufs Eis zu bringen. Jede Kür hat eine Geschichte, und sobald der letzte Saisonwettkampf endet, ist die Geschichte abgeschlossen.

Wer komponiert die Kür?
Steuer: Wir besitzen ein großes Musikrepertoire, das ständig erweitert wird. Im März, April setzen wir uns zusammen und einigen uns auf die Musiktitel für den nächsten Winter. Danach gehen wir aufs Eis und schauen, was wir daraus machen können.
Sawtschenko: Also, wir alle drei.
Steuer: Und dann entwickeln wir die Kür auf dem Eis, dort findet der kreative Teil statt. Sie können sich das so vorstellen, wie wenn ein Künstler ein Bild malt. Er hat zunächst seine Vorstellungen, wenn er dann seinen Pinsel in die Farbe taucht, geht’s los.

Sie sehen sich wahrscheinlich häufiger als alle übrigen Menschen auf der Welt. Welches Verhältnis entwickelt man da zueinander?
Sawtschenko: Die Beziehung ist eine wie zwischen Bruder und Schwester.
Szolkowy: Das trifft es. Es gibt Streit, es gibt Harmonie, es gibt alles.

Gibt es eine Eigenschaft, die Sie an Ihrem Gegenpart zur Verzweiflung treibt?
Sawtschenko: Kein Mensch ist perfekt, man muss mit Schwächen und Eigenheiten leben.

Weil man nur so den gemeinsamen Erfolg erzielen kann. Sehen Ihre Lebenspartner das auch so? Da fällt mir ein: Auf Wikipedia ist zu lesen, Ingo Steuer und Aljona Sawtschenko seien privat ein Paar.
Steuer: Von uns hat sich diesbezüglich keiner geäußert.

Sie könnten es jetzt ja dementieren.
Sawtschenko: Es steht viel in Wikipedia.
Steuer: Es muss keiner etwas dazu sagen.

Im Eiskunstlauf stecken extreme körperliche Nähe und tiefe Emotion. Noch mal: Wie gehen Ihre Lebenspartner mit dieser Situation um?
Sawtschenko: Die müssen damit leben. Die Partner wissen, welchen Beruf wir ausüben, sie müssen eben damit klarkommen (lacht).
Szolkowy: Klar ist das was anderes als ein Job im Büro. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass es schon mal schwierig für Frauen an meiner Seite war, dass ich mit einer anderen Frau sehr eng zusammenarbeite. Ich habe schon häufiger Gespräche über dieses Thema geführt. Auch wenn man immer predigt: Es ist nur Sport – sobald man eine Show sieht, in der wir ein Liebespaar darstellen, kommen solche Gedanken hoch. Es sieht ja keiner, wie es zwischen Aljona und mir vor und nach der Show aussieht, das bekommt keiner mit. Alle nehmen uns als Liebespaar wahr. Und das muss man dann auch so gut wie möglich spielen.

Hollywood on Ice.
Szolkowy: Klar. Ich könnte mir gut vorstellen, dass es manchen Jungs auch zu viel wäre, wie nahe wir zwei uns kommen, was ich alles mit Aljona mache. Aber ich empfinde das anders. Wenn wir uns berühren, denke ich nicht: Das könnte ja was werden heute.
Sawtschenko lacht.
Szolkowy: Ja, das muss man einmal aussprechen. Ich bekomme auf dem Eis gar nicht mit, wie wir uns gelegentlich berühren. Andere erzählen mir das, die uns im Fernsehen gesehen haben, vielleicht sogar in Zeitlupe. Die fragen mich dann, und ich sage erstaunt: Nein, ich kriege das gar nicht so mit.

Gab’s schon Ärger wegen Eifersüchteleien?
Sawtschenko: Ein Partner muss das entweder akzeptieren oder sich trennen. Ich werde den Sport deshalb nicht aufgeben, Eiskunstlauf ist mein Leben. Solche Diskussionen sind mir zu stressig. Die Lebenspartner zu wechseln ist leichter als den Partner auf dem Eis.

Gehen wir von der Emotion zum Geschäftlichen. Haben Sie genügend Sponsoren, um sich ohne finanzielle Sorgen auf Olympia vorbereiten zu können?
Sawtschenko: Leider haben wir nicht so viele, um uns mit Fußballern vergleichen zu können.
Steuer: Unser Sport ist aufwendig und teuer, wir müssen uns finanzieren, um die besten Bedingungen zu schaffen. Nun haben wir seit zwei Monaten in Thomas Lloyd einen neuen Sponsor, was uns weiterhilft. Das sind Bausteine, die wir benötigen, um erfolgreich zu sein. Aber wir sind mit dieser Situation aufgewachsen, wir sind nie mit Geld überhäuft worden. Was von den Sponsoren kommt, wird in den Sport investiert – es ist beileibe nicht so, dass wir davon nach der Karriere leben könnten.

Das ist mir klar. Ich dachte an die Zeit, als Robin Szolkowy aus der Bundeswehr ausscheiden musste, weil er trotz der Stasi-Vorwürfe gegen Ingo Steuer treu zum Trainer hielt. Heute sind Sie finanziell unabhängiger, oder?
Szolkowy: Schwer zu sagen. Wir finanzieren uns ja auch über Preisgelder und Prämien; wobei uns schon klar ist, dass man das in eine Budgetplanung nicht einbeziehen sollte. Wenn einer von uns krank wird oder sich verletzt, dann fehlen diese Einnahmen.
Steuer: Diese Gelder haben schon eine gewisse Größenordnung. Aber wir haben für diese Saison beschlossen, zwischen Weihnachten und Neujahr keine Schaulaufen zu machen und lieber zu trainieren.

Wer plant die Saison, wer setzt die sportlichen Höhepunkte, wer stellt den Finanzplan auf?
Steuer: Das entwickelt sich in der Saison, wir sind ja auch auf die Veranstalter angewiesen, die Einladungen aussprechen – das entscheiden wir dann gemeinsam.
Sawtschenko: Grundsätzlich sind wir finanziell abgesichert.

Und mit Olympia-Gold 2014 würde eine goldene Zukunft beginnen.
Sawtschenko: Wer weiß.
Szolkowy: Jetzt kommt erst 2013, ein Schritt nach dem anderen.