Colton Teubert besitzt wie viele seiner Iserlohner Teamkollegen sowohl die deutsche als auch die kanadische Staatsbürgerschaft. Foto: Eibner

Eishockey Team ist fast eine kanadische Nationalmannschaft. Einbürgerungspraxis sorgt in der DEL für Diskussionen. Mit Kommentar.

Die Iserlohn Roosters mischen derzeit mit ihren Deutsch-Kanadiern die Liga auf. Doch dies kommt nicht überall gut an.

Der Kölner Kapitän Moritz Müller wollte mit seinem Faustkampf gegen Colton Teubert bei der frustrierenden 1:6-Niederlage gegen Iserlohn seine Mitspieler wachrütteln. Doch mit seinem Interview bei ServusTV in der zweiten Drittelpause rüttelte der Nationalspieler ganz Eishockey-Deutschland wach.

Fast eine kanadische Nationalmannschaft

"Es heißt immer, dass das deutsche Eishockey besser werden muss. Aber wir spielen hier gegen eine kanadische 1c-Nationalmannschaft – da soll die Liga mal den Arsch in der Hose haben, zu fragen, wie das hier mit den Pässen funktioniert in Iserlohn", polterte der Kölner vor laufender Kamera.

Prompt pflichtete Dimitri Pätzold ihm auf seiner Facebook-Seite bei: "Endlich hat einer mal den Mumm, es öffentlich anzusprechen. Respekt! Warum die ständigen Diskussionen jeden Sommer, wie man das deutsche Eishockey voranbringt. Wenn es sowieso eigentlich keinen juckt." Und er ist nicht der einzige Crack, der die Meinung von Müller teilt.

Fakt ist: Iserlohn verpflichtet gerne junge und talentierte Spieler aus Nordamerika – vorzugsweise mit dem gewissen Etwas: deutschen Vorfahren. Daraus macht Manager Karsten Mende auch gar keinen Hehl. Alleine acht Deutsch-Kanadier stehen aktuell für die Roosters auf dem Eis – und nur vier Spieler, die in Deutschland das Eishockeyspielen erlernt haben.

Doch damit bewegt sich Iserlohn im Rahmen der Regularien: "Wir brechen damit weder Gesetze noch Regeln." Auch die Anfeindungen gegen seinen Club stören Mende, jüngst zum Manager des Jahres gewählt, nicht: "Wir haben dieses System nicht erfunden. Andere Vereine machen das genauso."

Dies betont auch DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke immer wieder: "Rein rechtlich ist die Sache eindeutig. Da haben wir gar keinen Handlungsspielraum."

"Wir haben hier den Anspruch, unsere Fans und Sponsoren glücklich zu machen und so erfolgreich wie möglich zu sein. Wenn man da einen nicht so hohen Etat hat wie die Top-Clubs, muss man eben kreativ sein. Denn deutsche Puck-Qualität kostet viel Geld", argumentiert Mende. Und der Erfolg in dieser Saison gibt ihm dabei auf jeden Fall recht.

Rumrich hat eine gespaltene Meinung

Das sagt auch Jürgen Rumrich. Doch der Wild-Wings-Manager hat eine gespaltene Meinung zu diesem Thema: "Allerdings muss es Iserlohn auch verantworten, dass dieses personelle Konzept sicherlich gegen eine gute Entwicklung des deutschen Eishockeys spricht."

Mende sieht das anders: "Wir können dem deutschen Eishockey nur helfen, wenn wir Geld in gute Trainer und den Nachwuchs investieren. Und das machen wir hier zu genüge." Laut offiziellen Angaben ein Betrag zwischen zwei und drei Millionen Euro in den vergangenen Jahren. "Nur diese Doppelmoral stört mich. Seit wir in dieser Saison so erfolgreich sind, schaden wir auf einmal dem deutschen Eishockey. Aber wenn nach dieser Saison die Angebote für unsere Spieler von den Top-Clubs eingehen, interessiert es auf einmal nicht mehr, dass sie eingedeutscht sind", sagt Mende.

Info: So funktioniert die Einbürgerung

Die deutsche Staatsbürgerschaft wird durch Geburt oder Einbürgerung erworben. Dabei ist nicht der Geburtsort entscheidend (wie beispielsweise bei der US-amerikanischen Staatsangehörigkeit), sondern die Staatsangehörigkeit der Eltern. Allein die Geburt in Deutschland reicht dazu nicht aus. Wenn mindestens ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, ist das Kind ebenfalls deutscher Staatsbürger. Ansonsten kann die Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung erworben werden. Dazu muss sich ein ausländischer Staatsangehöriger mindestens seit acht Jahren ununterbrochen in Deutschland aufhalten und ein Aufenthaltsrecht besitzen. Außerdem können Ehegatten von deutschen Staatsangehörigen die Staatsbürgerschaft erlangen – oder ausländische Staatsbürger nach ermessen der Behörden. In allen Fällen werden ausreichende deutsche Sprachkenntnisse, staatsbürgerliche Kenntnisse sowie die Sicherung des Lebensunterhalts vorausgesetzt.

Kommentar: Klare Aussagen

Von Gunther Wiedemann

Klar, Iserlohn spielt mit einer "kanadischen 1c-Nationmannschaft", wie es der frustrierte Kölner Kapitän Moritz Müller ausdrückte. Doch dies ist legitim. Die Überraschungsmannschaft der DEL verstößt gegen keine Regeln, nutzt nur den Spielraum – durchaus geschickt – aus. Jeder Verein muss eben aus seinen Möglichkeiten das Optimale herausholen. Dennoch ist die Kritik – auch des Schwenninger Torwarts Dimitri Pätzold – gerechtfertigt. Beide machen mit ihren Aussagen auf die Probleme des deutschen Eishockeys aufmerksam: mangelnde Nachwuchsförderung, geringer Stellenwert der Nationalmannschaft, (noch) fehlende Auf- und Abstiegsregelungen oder die zu hohe Anzahl der oft durchschnittlichen, aber im Vergleich zu deutschen Spielern "billigeren" Ausländer, die in der DEL auflaufen dürfen. Deshalb war es gut, dass Müller und Co. diese Diskussion entfacht haben.