Ein bisschen Heiterkeit macht im Arbeitsalltag manches leichter. Foto: dpa

Humor ist nicht die schlechteste Stressbremse, findet Professor Alfred Kirchmayr. Humor eröffnet neue Sichtweisen im Arbeitsalltag.

'Leistungslust und Lebensfreude gehören zusammen', sagt der Wiener Psychotherapeut Professor Dr. Alfred Kirchmayr und rät zu etwas mehr Humor im Arbeitsalltag. Humor sei ein wichtiger Stimmungsaufheller und deshalb beileibe nicht die schlechteste betriebliche Stressbremse. 'Um wie viel effizienter könnte dadurch auch die Zusammenarbeit werden', ergänzt Kirchmayr. So wie Fehler, wenn sie mehr sach- als schuldorientiert analysiert würden, außerordentlich hilfreiche Fingerzeige auf Verbesserungs- und Optimierungsmöglichen oder wünschenswerte Verhaltensänderungen seien, so führe auch die entspannt-humorvollere Sicht auf die andere Meinung oder die zwangsläufigen Ungereimtheiten des Zusammenarbeitens rascher und mit weniger Aufwand in der Sache weiter als langatmige Auseinandersetzungen.

Humor wirke wie eine Notbremse. Wie ein Airbag verhindere er bei Zusammenstößen allzu schwere Verletzungen. Vorgesetzte, die mit einem Schuss 'Humor' führten, seien nachweislich ein Segen für die Gesundheit ihrer Leute. Und für die Effizienz des Betriebs. Humor wirke sich ungemein positiv auf die Tatkraft aus, auf die Bereitschaft, Dinge zu bewältigen, sich nicht entmutigen und unterkriegen zu lassen. In der humorvollen Einstellung, die durchaus auch mit Witz verbunden sein könne, blitze bei allem Ernst immer ein Funke Heiterkeit auf. Und das mache aus dem Humor die Kunst des Drüberstehens. Aus dieser humorvollen Lebenseinstellung heraus werde es möglich, nicht nur Akteur auf der Bühne des Lebens zu sein, sondern zugleich auch Betrachter des Akteurs von außen.

Distanz schafft Spielraum

So werde Distanz zu sich selbst, zum eigenen Denken, Handeln und Erleben möglich. Diese Distanz schaffe Spielraum für weniger konfrontatives, verletzungsfreieres Zusammenarbeiten, was wiederum eine unproblematischere und dadurch effizientere Lösung von all dem ermögliche, was im betrieblichen Alltag nun mal pausenlos gelöst werden müsse. Kirchmayr: 'Wer mit Humor durch den Arbeitsalltag geht, der entdeckt neue Möglichkeiten der Wahrnehmung und Auffassung und Verständigung.

Dies führt zu neuen, ungewöhnlichen Sicht- und Lebensweisen und hilft, Fixierungen und Einengungen verschiedenster Art zu überwinden. Das ermöglicht, sich selbst wie andere schädigendes Verhalten wahrzunehmen und abzubauen. Humor verändert die Welt-Anschauung, befreit aus Fixierungen zu neuer Lebendigkeit.' Mit einem Witz illustriert Kirchmayr das Gesagte: Zwei Irre brechen aus der Anstalt aus und laufen auf den Schienen der Bahn. Da dreht sich der eine um, guckt zurück und sagt: 'Hinter uns kommt ein Zug!' - Meint der andere: 'Dann müssen wir das Gepäck wegwerfen und schneller laufen!' - Das tun sie. Dann dreht sich der eine wieder um und sagt: 'Du, der Zug ist schon knapp hinter uns!' - Sagt der andere: 'Wenn jetzt nicht gleich eine Weiche kommt, sind wir verloren!

' 'Wir alle kennen sie, diese Angst vor Veränderung. Dass wir Gewohnheitstiere sind, hat auch Vorteile - aber nicht nur', sagt Kirchmayr. Es sei interessant, dass dieser Witz als Irren-Witz erzählt werde, obwohl er den ganz normalen Wahnsinn zum Thema habe. Er sei eigentlich kein humorvoller Witz, 'aber er appelliert an unseren Humor: Guck dich mal von außen an. Läufst du nicht auch auf eingefahrenen Gleisen, obwohl dir eine Änderung bitter nottäte?'

'Gott, bitte verrate mir die Weltformel!'

Dieser Witz weise auf ernstheitere Weise auf die gefährlichen Seiten von Einstellungen und Gewohnheiten hin, die gerade heute in unserer von allgegenwärtigen geschäftlichen und beruflichen Veränderungen bestimmten Zeit mit dazu beitragen könnten, Menschen in die landläufig als Burn-out bezeichnete Kapitulation vor den Umständen zu treiben. Doch nicht nur unreflektierte Einstellungen und Gewohnheiten bergen für Kirchmayr ein enormes Gefahrenpotenzial. Ähnliches gelte auch für undurchdachte Perfektionsvorstellungen, sagt er und erzählt einen passenden Witz: Albert Einstein ist gestorben und kommt in den Himmel. Ein Erzengel sagt ihm, dass er einen Wunsch frei hätte. Gott selbst empfängt Einstein, der dann seinen Wunsch äußert: 'Gott, bitte verrate mir die Weltformel!' - Gott ist einverstanden und beginnt, auf einer riesigen Tafel eine lange, sehr lange Formel aufzuschreiben.

Einstein liest jede Zahl aufmerksam mit, wird immer nervöser und sagt enttäuscht: 'Aber die ist ja voller Fehler!' 'Ich weiß', sagt Gott - und lächelt. Dieses Lächeln wünscht sich Kirchmayr auch für uns Irdische, seien doch Wahrheitswut, Unfehlbarkeitswahn oder geschlossene ideologische Weltanschauungen, in welcher Gestalt auch immer, Ausdruck von Allmachtsfantasien und Angst vor der Wahrnehmung menschlicher Beschränktheit. Sie würden immer von Humorlosigkeit und tierischem Ernst begleitet. Humor, fasst Kirchmayr zusammen, 'spielt eine existenzielle Rolle im Leben, weil er Sinn für die Vielfalt und Widersprüchlichkeit des Menschlichen ebenso fördert wie Lebensfreude und Leistungslust.'