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Es ist ein Satz, der vermutlich zig Mal am Tag in Deutschland fällt: „Irgendwann gibt es in diesem Land einen großen Knall.“ Für Svetlana B. haben diese Worte weitreichende Konsequenzen. Das Ausländeramt in Ludwigsburg zeigte sie daraufhin wegen terroristischer Bedrohung an.

Ludwigsburg - Als Svetlana B. den Brief von der Polizei bekam, wusste sie nicht, dass sie etwas falsch gemacht hatte. Inzwischen ist ihr klar, dass sie beim Ludwigsburger Ausländeramt einen Satz gesagt hat, der offenbar nicht gut ankam. Es ist ein Satz, der vermutlich zig Mal am Tag in Deutschland fällt - ohne großes Aufsehen. Doch für Svetlana B. hat es weitreichende Konsequenzen, dass sie anmerkte: „Irgendwann gibt es in diesem Land einen großen Knall.“ Denn die Behörde zeigte sie daraufhin wegen terroristischer Bedrohung an - der Fall liegt nun bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart.

Der Vorfall liegt inzwischen knapp einen Monat zurück. Svetlana B. wollte sich ihren Niederlassungstitel für ihren neuen Reisepass abholen. Früher sei das immer nur ein kostengünstiger Stempel im Pass gewesen, erzählt die 44-jährige gebürtige Russin, die seit mehr als 20 Jahren in Ludwigsburg lebt. Doch nun sollte sie 60 Euro für den aus ihrer Sicht „völlig unnötigen“ elektronischen Aufenthaltstitel auf einer speziellen Karte zahlen. Zudem habe sie sich der „erniedrigenden Zwangsprozedur der Fingerabdruck-Abnahme“ unterziehen müssen und sei sehr unfreundlich behandelt worden.

Deshalb habe sie sich beschwert. Als Ausländer in Deutschland sei man ohnehin schon sehr fremdbestimmt, habe sie ausgeführt und angefügt, dass es, wenn die Entmündigung und Überwachung noch weiter zunehme, irgendwann einen großen Knall in diesem Land gebe. Gemeint habe sie damit natürlich den sozialen Sprengstoff, den der nach ihrem Empfinden despektierliche Umgang mit Ausländern berge. Dass dieser Satz missverstanden werden könnte, ahnte die promovierte Linguistin, die perfekt Deutsch spricht, erst einige Tage später, als sie Post von der Polizei bekam. Ihr wurde, so berichtet sie, mitgeteilt, dass sie wegen terroristischer Bedrohung angezeigt worden sei. Weil sie sich keinen Reim darauf machen konnte, rief sie bei der Polizei an. Erst im Laufe des Gesprächs sei es ihr langsam gedämmert, dass es um diesen Satz gehen müsse.

Die Stadt Ludwigsburg bestätigt die Erstattung der Anzeige. Svetlana B. habe eine verbale Drohung gegenüber einer städtischen Mitarbeiterin geäußert, bei der man nicht habe einschätzen können, wie ernst sie gemeint sei, heißt es aus dem Rathaus. Bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart ist die Anzeige gegen Svetlana B. bereits eingegangen. Das Verfahren laufe aber nur unter dem Vorwurf der Bedrohung, von terroristischer Art sei keine Rede, teilt die Sprecherin Claudia Krauth mit. Nun werde geprüft, ob es zur Anklage komme, so Krauth. Svetlana B. kann derweil immer noch nicht fassen, dass sie wegen der aus ihrer Sicht völlig harmlosen Aussage als Bedrohung gesehen wird. Doch einschüchtern lässt sich Svetlana B. nicht: Sie hat einen Brief an das Innenministerium geschrieben. Dort will man die Reaktion der Ludwigsburger Behörde aber nicht kommentieren.