Joachim Fütterling (rechts) arbeitet seit sechs Jahren in der Außenstelle Egenhausen der Jugendhilfe. In regelmäßigen Abständen tauschen sich die Betreuer mit Bereichsleiter Peter Böltz (links) aus. Foto: Köncke Foto: Schwarzwälder-Bote

Soziales: Die Stiftung "Jugendhilfe aktiv" unterhält seit 15 Jahren eine Außenstelle in Egenhausen

Sie halten es daheim nicht mehr aus, schwänzen die Schule, treiben sich nachts herum, werden von der Polizei aufgegriffen, ins Elternhaus zurückgebracht – oder in der Außenstelle Egenhausen der Stiftung "Jugendhilfe aktiv" aufgenommen.

Egenhausen. Die soziale Einrichtung in der Sommerstraße 6 besteht seit 15 Jahren. Dort wohnen bis zu acht Jugendliche zwischen zwölf und 18 Jahren aus dem Landkreis Calw. Der Aufenthalt "ist zeitlich begrenzt, im Durchschnitt sind es drei Monate", sagt Diplom-Pädagoge Joachim Fütterling aus Wildberg. Er arbeitet seit sechs Jahren in der Außenstelle zusammen mit fünf weiteren ausgebildeten Fachkräften.

Gründe für die Herausnahme von Kindern und Jugendlichen aus einer Familie können für Bereichsleiter Peter Böltz körperliche Misshandlungen, Missbrauchsverdacht, totale Vernachlässigung, fehlende emotionale Bindung, weil die eigene Kindheit stark belastet war, massive Paarkonflikte der Eltern, mangelnde Geborgenheit und traumatische Erlebnisse sein, die eine Krisensituation heraufbeschwören.

In der Wohngruppe befänden sich die Jugendlichen außerhalb des belastenden, familiären Umfeldes "auf neutralen und sicheren Boden". Das angemietete Haus in der Sommerstraße 6 ist an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr geöffnet. So ist für Böltz gewährleistet, dass gefährdete Jugendliche auch nachts in Obhut genommen werden können. Deshalb dauere der Dienst für jeden der sechs Sozialpädagogen oder Erzieher von mittags 12.30 Uhr bis zum nächsten Morgen um 9 Uhr – am Wochenende eine Stunde länger.

Die Außenstelle ist mit acht Bewohnern voll belegt. Jeder hat ein eigenes Zimmer. Zur Einrichtung gehören eine Gemeinschaftsküche und ein gemeinsames Wohn- und Esszimmer mit Fernseher. Die Jugendlichen "sollen sich wie in einer Familie fühlen", lautet das pädagogische Konzept. Je nach Unterrichtsbeginn an der Altensteiger Werkreal- oder Realschule oder wenn sie das Berufsvorbereitungsjahr, beziehungsweise das Vorqualifizierungsjahr Arbeit/Beruf (VAB) in Nagold besuchen, stehen sie morgens unterschiedlich früh auf und machen sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf den Weg. Bei der Rückkehr in die Wohngruppe "lassen wir ihnen freie Hand, wie sie den Nachmittag gestalten möchten".

Wichtig sei, den Jugendlichen das Gefühl zu vermitteln, "dass wir da sind und als Ansprechpartner zur Verfügung stehen", beschreibt Böltz das pädagogische Konzept. Dazu gehört für ihn auch, dass Fremde keinen Zutritt zum Haus haben, um Unruhe und Eifersüchteleien zu vermeiden.

Aus langjähriger Erfahrung kann Joachim Fütterling sagen, "dass sich die Jugendlichen bei uns richtig wohl fühlen". Einige von ihnen besuchen am Mittwochabend den Jedermannsport der evangelischen Kirchengemeinde in Egenhausen, andere einen Fitnessclub in Nagold und bekommen dafür einen Zuschuss.

Nach einer bestimmten Zeit in der vollstationären Wohngruppe wird vom Jugendamt geprüft, ob eine Rückführung ins Elternhaus Sinn hat. Wenn nicht, wird für Jugendliche ab 17 Jahren nach einem eigenen Wohnraum gesucht. Für die Außenstelle Egenhausen übernehmen zwei Sozialpädagogen die Aufgabe des betreuten Jugendwohnens.

Die Stiftung "Jugendhilfe aktiv" kümmert sich unter dem Leitspruch "Lust auf Leben – Zukunft stiften" mit mehr als 800 pädagogischen Mitarbeitern um Kinder, Jugendliche und Familien auf ihrem Weg zu einem selbstbestimmten, eigenverantwortlichen Leben. Außer in Egenhausen gibt es im Landkreis Calw noch die Außenstelle in Ebhausen als Kinderwohngruppe.