Foto: Gemeinde Ebhausen/Arscholl/Montage: Helber Foto: Schwarzwälder-Bote

Ebhauser Bürgermeister fordert in persönlichen Briefen vom Bund die Übernahme der Flüchtlingskosten

Von Sebastian Bernklau

Eine siebenstellige Summe muss Ebhausen für die Unterbringung von Flüchtlingen aufbringen. Das passt Bürgermeister Volker Schuler gar nicht. Er ärgert sich und schreibt an die, die aus seiner Sicht eigentlich die Kosten tragen sollte: Bundeskanzlerin Angela Merkel. Und er bekommt Antwort.

Ebhausen/Berlin. Ebhausen im Nagoldtal ist eine Gemeinde wie viele andere auch. Wie andere muss sie mit dem Problem der Flüchtlingsunterbringung kämpfen. Mehr als 40 Flüchtlinge sind schon in der Kommune untergebracht. Dazu hat man eigene Wohnungen freigeräumt, Wohnungen privat angemietet. Der Wohnungsmarkt des 5000-Einwohner-Ortes ist leer gefegt.

Doch Prognosen sagen, dass Ebhausen in diesem Jahr bis zu 140 Flüchtlinge unterbringen muss. Im Rathaus rechnet man mit Gesamtausgaben für die Flüchtlingsunterbringung von gut einer Million Euro.

Angesichts dieser Zahl wird es Ebhausens Bürgermeister Volker Schuler zu viel. Er entschließt sich zu einem außergewöhnlichen Schritt. Er schreibt einen Brief nach Berlin, an Bundeskanzlerin Angela Merkel höchstpersönlich. Und er hält sich nicht lange mit Höflichkeitsfloskeln auf, lässt seinem Ärger freien Lauf. Es sei nicht zu akzeptieren, dass seine Kommune die Kosten für Entscheidungen des Bundes und der Bundeskanzlerin tragen müsse. "Nach dem Prinzip ›Wer bestellt, bezahlt‹ müssen wir die Kosten für die Unterbringung an den Bund weitergeben", schreibt Schuler an Angela Merkel. "Selbstverständlich können wir Mietverrechnungen vornehmen." Direkt an die Kanzlerin gewandt beschließt Schuler seinen Brief mit den Worten "Wir wünschen uns keinen Zuspruch und warme Worte von Ihnen. Wir schaffen das auch so, wenn Sie uns die notwendigen finanziellen Mittel zukommen lassen."

Auf diesen forschen Brief erhält Schuler keine Antwort – vorerst. Drei Wochen später setzt sich der Schultes erneut an den Schreibtisch. Erneut geht ein Brief nach Berlin. Erneut an Angela Merkel. Schuler erneuert seine Forderung, dass der Bund die Kosten für die Flüchtlingsunterbringung übernehmen müsse. "Für uns als kleine Gemeinde ist eine Million Euro sehr, sehr viel Geld und unser Haushalt steht und fällt mit Ihrer Aussage." Seine klaren Forderungen garniert Schuler dabei mit kleinen, aber merklichen Spitzen. "Ich hoffe, ich greife nicht zu sehr in Ihre Planungen für den Bundeshaushalt ein", schreibt er an Merkel, die der Bürgermeister gleich mit den nötigen Informationen versorgt: der Kontonummer der Gemeinde Ebhausen.

Eines Tages dann kommt sie doch, die Reaktion aus Berlin. Ein Brief mit dem Briefkopf des Bundeskanzleramtes flattert auf Schulers Schreibtisch. Doch der Absender ist nicht die Kanzlerin, sondern ein Herr namens Tonne, Michael Tonne. Referatsleiter 431 Haushalts- und Finanzpolitik. Das, was der Mann aus dem Kanzleramt zu sagen hat, das gefällt Schuler gar nicht. Tonne führt aus, dass der Bund doch schon erhebliche Leistungen für die Aufnahme der Flüchtlinge leiste – zum Beispiel pauschal pro Flüchtling und Monat 670 Euro vom Tag der Registrierung bis zum Ende des Asylverfahrens.

Für direkte Leistungen vom Bund an die Kommunen, wie sie Schuler von Merkel fordert, "gibt es dagegen insoweit keine finanzverfassungsrechtliche Grundlage", stellt der Referatsleiter klar, der den Ebhäuser Bürgermeister darüber hinaus auf die vom Bund aufgestockten Mittel für Wohnraumförderung hinweist, die an die Länder gehen.

Das ist nicht das, was Schuler hören wollte. Noch einmal verfasst er einen Brief an die Kanzlerin, in dem er deutliche Worte findet: "Ich bin zutiefst enttäuscht, wie die Bundesregierung uns Kommunen finanziell wie politisch hängen lässt und außer wohlmeinenden Sprüchen kein Konzept erkennen lässt", schreibt Schuler nach Berlin. "Das Wegdrücken und Beschwichtigen bei Problemen reicht bei uns vor Ort nicht aus."

Schuler fordert den Bund erneut auf, die finanziellen Konsequenzen seiner Politik zu übernehmen und nicht auf die Kommunen abzuschieben. Die Hilfs- und Unterstützungsangebote des Bundes an Länder und Kommunen seien unzureichend und "werden die Kommunen in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten bringen", so Schuler. "Für uns Kommunen bedeutet dies, dass wir Leistungen streichen müssen, Aufgaben schieben werden und notwendige Investitionen nicht durchführen können. Wir werden Schulden aufnehmen und Steuern und Gebühren erhöhen müssen. Und wir werden Wahlergebnisse erhalten, die uns nicht gefallen werden."

Dass er auf diesen bisher letzten Brief an Merkel eine Antwort bekommen wird, glaubt Schuler indes nicht. "Ich wüsste auch nicht, was da drin stehen sollte", sagt Schuler im Gespräch mit unserer Zeitung. "Denn ich habe den Eindruck, dass sie in Berlin in dieser Sache keinen Plan haben."