Die Staatsanwaltschaft geht in ihrer Anklage davon aus, dass der 18-jährige Angeklagte der Haupttäter ist, der erst gewürgt und dann zugestochen hat. Foto: Bernklau

Tag 2 im Prozess um Mord an 15-Jährigen. Umfeld des Opfers und Angeklagten untersucht.

Ebhausen/Tübingen - Es ist Tag 2 im Prozess um den Mord an einem 15-Jährigen in Ebhausen. Ein Tag, an dem es am Landgericht Tübingen weniger um die brutale Tat selbst als um das Umfeld der zwei Angeklagten und des Opfers geht.

Es sind ganz normale Jugendliche, die da auf den unbequemen Stühlen vor dem Schwurgerichtssaal im Tübinger Landgericht sitzen. Einige haben ihre Mutter mitgebracht, andere beide Eltern. Sie sind angezogen, wie Jugendliche heutzutage eben angezogen sind. Nichts besonders Schickes, nichts Abgerissenes. Ganz gewöhnliche Teenager aus einem kleinen Schwarzwaldort eben.

Doch die Jungen und Mädchen, die da sitzen, sind nicht gewöhnlich. Sie sind Zeugen in einem Prozess um eines der brutalsten Verbrechen in der jüngeren Geschichte der Region: dem Mord an einem 15-Jährigen Ende Februar hinter dem Feuerwehrhaus von Ebhausen. Erst wurde der Junge bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt und dann mit 30 Stichen in den Hals getötet.

Die Staatsanwaltschaft geht in ihrer Anklage davon aus, dass der 18-jährige Angeklagte der Haupttäter ist, der erst gewürgt und dann zugestochen hat. Ein ebenfalls des Mordes beschuldigter 15-Jähriger soll lange Zeit dabeigestanden, vor den tödlichen Stichen den Tatort aber verlassen haben. Trotzdem geht die Anklage davon aus, dass auch er den Tod des Jungen wollte. Beide Angeklagten schwiegen zum Prozessauftakt vergangene Woche zu den gegen sie vorgebrachten Vorwürfen.

Deshalb ist die dritte Große Jugendkammer des Tübinger Landgerichts zur Klärung des Falls auf die Aussagen der 36 Zeugen und drei Sachverständigen angewiesen. Sie alle machen ihre Aussagen hinter verschlossenen Türen, denn die Öffentlichkeit ist für den Rest der Verhandlung vom Prozess ausgeschlossen.

Für die Zeugen wird es zur Geduldsprobe

Für Richter Martin Streicher spielt die Akzeptanz in einer Gruppe Jugendlicher in diesem Mordfall eine ganz zentrale Rolle. Das machte er schon zum Prozessauftakt klar. Da liegt es auf der Hand, dass sich Streicher im Prozess gründlich mit eben jener Clique Jugendlicher beschäftigt, zu der die beiden Angeklagten und das Opfer gehörten.

Knapp ein halbes Dutzend von ihnen ist es, das an diesem Dienstagmorgen vor Gericht erscheint. Für sie wird es eine große Geduldsprobe. Denn die Vernehmungen dauern deutlich länger als ursprünglich geplant – bei manchen fast 45 Minuten oder länger. Und das für gute drei Stunden zwischen 11 und 13.45 Uhr. Nachmittags sind weitere jugendliche Zeugen an der Reihe – von 14 bis 17.30 Uhr steht alle 30 Minuten ein neuer Zeuge auf der Agenda des Gerichts.

Die Vernehmung von drei Polizisten am Morgen, darunter auch ein Kriminaltechniker der Kripo Calw, läuft im Vergleich dazu im Schnellverfahren. Nach gut 45 Minuten haben die Beamten ihre Pflicht getan und können das Feld einem Gutachter überlassen, der die Faserspuren am Tatort ausgewertet hat.

Für den ganzen Prozess sind sechs Verhandlungstage angesetzt, das Urteil soll Mitte Dezember fallen. Doch ob das Landgericht diese Zeitplan einhalten kann, steht noch in den Sternen. Auch eine Fortsetzung des Prozesses bis ins neue Jahr scheint möglich.