Foto: Lang Foto: Schwarzwälder-Bote

Reise: Karl Lang war zu Fuß in Siebenbürgen unterwegs / Begegnungen mit Schäfern und Baumaßnahmen

"Es ist wie eine Reise zurück in die Kindheit" – die Rede ist von Siebenbürgen, auch Transsilvanien genannt. Der Fotograf Karl Lang hat die Region in Rumänien besucht und teilt seine Erfahrungen in Form einer eindrucksvollen Bildreportage.

Ebhausen-Rotfelden. "Wenn man dieses unbekannte Land zum ersten Mal betritt, so erscheint doch manches seltsam vertraut zu sein", versucht Lang, seinen ersten Eindruck in Worte zu fassen. Das fruchtbare und landwirtschaftlich geprägte Land jenseits der Wälder – Siebenbürgen oder auch Transsilvanien – liegt mitten in Rumänien. Eindrucksvoll wird es von den teilweise über 2000 Meter hohen Bergen der Karpaten umschlossen. Neben den großen Städten wie Hermannstadt, Kronstadt oder Klausenburg sind es vor allem die nach einheitlichen Strukturen gegründeten Sachsendörfer, die an die über 850 Jahre andauernde deutsche Siedlungsgeschichte erinnern.

Der Rotfelder Reisefotograf Karl Lang nennt es eine Reise zurück in eine Zeit, in der die Landwirtschaft noch nicht von PS-starken Traktoren dominiert wurde, sondern von Handarbeit. 2002 hat er die Gegend zum ersten Mal für einige Tage besucht und ist mit dem Fahrrad von Kronstadt, dem heutigen Brasov bis nach Hermannstadt geradelt. Die Begeisterung für das Land, seine Bewohner sowie seine wechselhafte Geschichte hat den Fotografen immer wieder nach Siebenbürgen gebracht. Viele Wochen lang hat er das Land zwischen Karpaten, dem Alt und der Mieresch bis hinauf nach Maramures an der Grenze zur Ukraine zu Fuß oder mit dem Auto bereist.

Begeisterung für Land, Bewohner und Geschichte

"Nur dort wo man zu Fuß war, da war man auch wirklich" – nach diesem Spruch von Rainer Maria Rilke habe er sich im Frühjahr des vergangenen Jahres mit Zelt und Rucksack auf den Weg gemacht. Ausgangspunkt sei das Mitte des 12. Jahrhunderts durch deutsche Siedler gegründete Hermannstadt gewesen. Von dort aus nahm er den Bummelzug bis nach Freck am Rande der Südkarpaten. Über Kerz, einem ehemaligen, heute teilweise verfallenen Zisterzienserkloster wanderte er durch den regnerischen Tag und durchquerte manch kleines Dorf auf dem Weg nach Norden. Zwischen zwei Dörfern fand er abends eine ebene Stelle für sein Zelt. Am gegenüberliegenden Hang erahnte er eine Schafherde, bevor der Nebel aufzog.

Nach einigen Tagen hatte der Fotograf sich an die harten Schlafbedingungen in einem kleinen Zelt gewöhnt. Doch nach der ersten Nacht wurde es nichts mit Ausschlafen. Am frühen Morgen vernahm er das Blöken von Schafen, dann näher kommendes Hundegebell. Der Lautstärke nach musste sich eine ganze Hundemeute um sein Zelt versammelt haben – es habe beängstigend von allen Seiten gebellt und geknurrt. Der Schäfer schlug dann auch noch aufs Zeltdach ein. Lang musste sich zu erkennen geben. Die Verständigung sei schwierig gewesen. Doch weil die Schafherde schon weitergezogen war, ging auch der Schäfer schließlich seiner Wege und ließ Lang, der schon Ärger gerochen hatte, damit aufatmen.

"Zwei Tage später hatte ich weniger Glück und musste mich gegen acht oder neun Hirtenhunde zur Wehr setzen", erzählt Lang weiter. Wichtig sei, keine Angst zu zeigen und dafür zu sorgen, dass die Hunde einem von hinten nicht gefährlich werden könnten. "Wenn urplötzlich über ein halbes Dutzend Hunde zähnefletschend den Hang herunter stürmt, ist es mit der Idylle vorbei", meint Lang zu diesem Erlebnis. Es habe einige Zeit gedauert bis der Schreck nachgelassen hatte.

Anschließend sei er der Landstraße, die entlang des Harbachs verläuft, gefolgt. Einige Kilometer hinter Agneteln bog eine Fahrstraße nach Probstdorf ab. Dass dieses kleine Dorf für ihn zu einer Art Schlüsselerlebnis der Siebenbürgen-Wanderung werden sollte, das habe er zu diesem Zeitpunkt noch nicht gewusst.

Seit 2007 gebe es in Probstdorf ein Sozialprojekt unter der Leitung einer gewissen Barbara Schöfnagel. Die gebürtige Wienerin war früher Sozialattachée an der österreichischen Botschaft in Bukarest. Nun sei sie unermüdlich tätig, um die einheimischen Zigeuner und Rumänen für den Arbeitsmarkt fit zu machen und ihnen ein Mindestmaß an Disziplin zu vermitteln. Aus heimischen Früchten und Obst aus dem Dorf werden Marmeladen, Liköre und Schnäpse hergestellt und verkauft. Eigentlich wollte er nur einen Tag bleiben, doch es wurde mehr als eine Woche daraus.

Stecheisen sehen auswie stumpfe Meißel

"Wir saßen abends in der Pfarrhausküche bei einer kräftigen Suppe, als jemand nach Schmirgelpapier suchte. Ich habe die Bemerkung gemacht: ›Das kann kein Schreiner sein, sonst würde er Schleifpapier suchen, denn ein Schreiner schmirgelt nicht, sondern schleift.‹ So hat die Bärbel mitbekommen, dass ich früher einmal Schreiner gelernt hatte", berichtet der Fotograf.

Und für einen Schreiner oder Tischler habe es vor Ort natürlich Arbeit gegeben – in dem Fall bei freier Kost und Logis. Sie hätte da ein Problem mit dem Oberkirchenrat und wolle seinen Rat. "Schau’s dir einfach mal an" hatte die Frau gesagt und ihm die Schlüssel der Kirchenburg in die Hand gedrückt.

Auftrag angenommen, aber wie sieht’s mit Werkzeug und Maschinen aus? "Mit einem Wort: übel", sagt Lang. Die Stecheisen sahen aus wie stumpfe Meißel. In der Tischlerei stand eine nicht funktionierende alte Baukreissäge mit einem Schiebeschlitten. Kurzerhand habe Lang sie kurzgeschlossen und zum Laufen gebracht. "Sicherheitsmäßig war das natürlich kritisch, doch es gab im weiten Umkreis keinen Elektriker, der den Schalter hätte reparieren können", erklärt er.

Als Auftrag sollte er einen illegalen Anbau in der Kirchenburg verkleiden, damit er sich besser ins Gesamtbild einfügte. Bis auf den Zuschnitt war alles Handarbeit: Hobeln mit dem Handhobel, Zapfen und Zapfenlöcher ausstemmen, überplatten und dann verleimen. Von einer alten Scheune hatten wettergegerbte Bretter für die "stilvolle" Verkleidung der Türen herhalten müssen.

Dann seien sie von zwei Einheimischen imprägniert worden. Wie er später erfahren habe, mit Altöl. "Dann kam die Stunde der Wahrheit – die Türen zum neuen Museum." Schöfnagel sei begeistert gewesen. "Karl – du hast da etwas Bleibendes geschaffen. Diese Türen wird es auch in 500 bis 600 Jahren noch geben, so wie du die gebaut hast", hatte sie ihn gelobt. Seither habe er viele Bekannte und Freunde in diesem ehemaligen sächsischen Dorf, das heute zu 95 Prozent von Roma bewohnt werde.

Später habe er noch Schäßburg, das "Rothenburg ob der Tauber" Rumäniens besucht und viele kleine Dörfer und Städte. In Viscri/Deutsch-Weißkirch habe ein Filmteam des rumänischen Fernsehens auf Prinz Charles von England gewartet. Vor einigen Jahren habe dieser einen 250 Jahre alten Sachsenhof gekauft und renovieren lassen. Deutsch-Weißkirch sei heutzutage ein Begriff, wenn es allgemein um Erfolgsprojekte in Rumänien gehe. Dazu habe das hohe persönliche Engagement von Prinz Charles und auch der Titel Unesco-Weltkulturerbe beigetragen. "Siebenbürgen ist eine Oase inmitten einer sonst sehr hektischen Welt", lautet Langs Fazit zu seiner Reise.

Wer mehr über seine Erfahrungen sehen möchte, hat am kommenden Wochenende dazu Gelegenheit. Karl Lang berichtet am 13. und 14. November über seine Reisen in das "Land, jenseits der Wälder".

Weitere Informationen: Bildvortrag "Land, jenseits der Wälder" von Karl Lang, am 13. November um 20 Uhr im Feuerwehrgerätehaus Haiterbach und am 14. November um 19.30 Uhr in der Festhalle in Rotfelden.