Urgemütlich war’s in der alten und unverbauten Wirtsstube bei der unvergessenen Waldhorn-Wirtin Gertrud. Fotos: Lang Foto: Schwarzwälder-Bote

Nicht nur für die treuen Stammgäste ist der Abriss des alten Gasthauses "Waldhorn" ein herber Verlust

Von Karl Lang

Ebhausen-Rotfelden. Mit jedem Abriss von alten Häusern geht auch ein Stück Vergangenheit und Tradition unwiederbringlich verloren. So wie in Rotfelden mit dem Gasthaus "Waldhorn".

"Nichts ist wie es war und was ist, wird nicht ewig sein" – dieses Zitat, einer Wüstenbeschreibung des 19. Jahrhunderts entnommen, hat auch hierzulande und in heutiger Zeit durchaus seine Gültigkeit. Eine Erkenntnis, die die Realität beschreibt, auch wenn es bisweilen traurig stimmt. Innerhalb weniger Tage haben Bagger und Motorsäge ein Stück Alt-Rotfelden für immer verschwinden lassen. Das Gasthaus Waldhorn ist nicht mehr – es musste in den vergangenen Tagen einem geplanten Wohnhausneubau weichen.

An der Stelle von abgerissenen Häusern rücken meist Neubauten, beliebig und austauschbar. So verändert sich der Charakter und das Aussehen eines Dorfes zusehends. Eine Entwicklung, die schleichend daherkommt und je mehr alte Bausubstanz den Baggern zum Opfer fällt, umso gleichförmiger werden die einzelnen Ortschaften in Zukunft aussehen.

Eines sollte dabei nicht übersehen werden: Solchen Umbrüchen gehen meist gesellschaftliche Veränderungen seiner Bewohner voraus. Ihre Lebensgewohnheiten und ihr Alltag zu Hause und im Beruf ist ebenfalls einem Wandel unterworfen. Ein Bauerngasthof mit kleiner Landwirtschaft ist heute eher die Ausnahme und wohl auch nicht zukunftsfähig. Man mag eine solche Entwicklung bedauern, doch aufhalten lässt sie sich in den wenigsten Fällen.

Das Gasthaus Waldhorn wurde von Christian Bühler 1827 erbaut. Auf dem Sandsteintürsturz war neben der Jahreszahl eine Brezel abgebildet, die den Hinweis liefert, dass hier, neben der Wirtschaft, auch eine Backstube, eine Bäckerei betrieben wurde. 1854 war das Gebäude im Nagolder Amts- und Intelligenzblatt zum Verkauf ausgeschrieben. Ein späterer Besitzer war Joh. Georg Bruder, der Großvater des Bäckermeisters Karl Bruder junior.

Anfang des 20. Jahrhunderts erwarb Philipp Ungericht, der Vater von Gertrud Renz, das Anwesen. Sie hat die Wirtschaft zusammen mit ihrem Mann Christian jahrzehntelang bis zu ihrem Tod betrieben.

Das Waldhorn war einfach ihr Leben. Tag für Tag hatte sie offen, bis sie 2011 im Alter von 89 Jahren verstarb. Danach erhielt das Waldhorn nochmals eine letzte Überlebensfrist. Anne und Hans Haselmaier, Tochter und Schwiegersohn, führten das Gasthaus im Sinne von Gertrud, der letzten Waldhornwirtin weiter. Für sie und die treuen Stammgäste ist der Verlust natürlich schmerzhaft. Für die alte, einzigartige Gaststube ist es besonders schade. Es wurde noch versucht, sie an ein Museumsdorf abzugeben, doch es bestand offensichtlich kein Interesse.

So bleibt die Dokumentation, die vom Denkmalamt gefordert wurde, das einzige, was neben der Erinnerung bleibt – eine Erinnerung, die irgendwann verblassen wird.

Beim Gedanken ans Waldhorn erinnert man sich gerne an das gemütliche Zusammensitzen, bei der unvergessenen Gertrud in der alten, originalen und unverbauten Wirtsstube. Gar mancher wird sich noch an seine Hochzeit erinnern und an Taufen, doch das liegt schon Jahrzehnte zurück. Vereinsfeste und Versammlungen wurden hier gefeiert und überhaupt gab es viele Anlässe, um ins Waldhorn zu gehen. Früher gab es auch eine Kegelbahn und eine kleine Theaterbühne. Zum Waldhorn gehörte auch eine Schnapsbrennerei und früher wurde noch eine kleine Landwirtschaft betrieben, wie es damals so üblich war.

Es gab eine Zeit, da wurde im Waldhorn regelmäßig Mittagessen ausgegeben. Regelmäßige Stammtischrunden und der Rentnertreff fühlten sich im alten Ambiente ebenfalls sichtbar wohl und zuhause.