Diener: Marktführer aus Ebhausen

Von Martin Bernklau

Ebhausen. Sowas kommt nicht von ungefähr: Als Junge hatte Christof Diener von den Eltern einen Elektronik- und einen Chemiebaukasten geschenkt bekommen. Später gründete der Ingenieur eine Garagen-Firma. Heute ist sein Unternehmen Diener Marktführer in einer Schlüsseltechnologie um Elektronik, Plasma und Oberflächen.

Zahllose große Hightech-Firmen zählen weltweit zu seinen Kunden, sogar die Raumfahrt-Industrie, Nobelpreisträger oder amerikanische Elite-Unis wie das MIT. Für die vielfältigen Anwendungen seiner Innovationen – Christof Diener hält rund 15 Patent-Familien – steht beispielhaft eine der jüngsten, die in Italien und China schon boomt: Die Oberfläche von Zahnimplantaten aus Titan wird mit den von Diener entwickelten Plasma-Geräten so behandelt, dass sie leichter und viel dauerhafter mit dem menschlichen Gewebe zusammenwächst. In der Medizintechnik kann aber auch das Gegenteil erwünscht sein: dass etwa Katheter reibungslos durch die Gefäße flutschen. Auch da hilft Plasma-Technologie weiter, die es seit 30, 40 Jahren gibt.

Mit diesen Methoden kam der in Esslingen studierte Diplom-Ingenieur für Elektrotechnik in Kontakt, als ihn das Fraunhofer-Institut für Automation nach Stuttgart-Vaihingen berief. Drei junge Firmen, für die der Sohn eines Nagolder OHG-Lehrerehepaars dann tätig war, gingen pleite. Für die letzte von ihnen machte er in winzigen Räumen in Jettingen eine Bestellung fertig und traute sich auch einen Anschluss-Auftrag aus der Schweiz zu. Er war gerade 29, als er sich ausgerechnet im Krisenjahr 1993 selbstständig machte. Ein Jahr später war der Durchbruch geschafft, als Diener für einen führenden Medizintechnik-Konzern in Berlin eine Herzkatheter-Maschine entwickelte.

Plasma-Technologie bedeutet, dass bestimmte Gase (es kann auch mal Luft sein) unter starkem Unterdruck und hoher elektrischer Spannung in einen besonderen Aggregatzustand kommen, in dem sie elektrisch leitfähig und chemisch hochreaktiv werden. Setzt man Oberflächen diesem leuchtenden Plasma aus, so verändern sie ihre Eigenschaften. Das berühmte Bratpfannen-Teflon etwa, an dem sonst rein gar nichts hängen bleibt, lässt sich so höchst stabil verkleben.

Andere Materialien gleiten gewissermaßen selbstschmierend oder lassen Flüssigkeiten im Lotus-Effekt abperlen. Pflaster haften besser, und Faserstoffe für die Zucht von Zellkulturen geben den fürs Wachstum nötigen Halt. Swarovsky-Kristalle verbinden sich erst stabil mit dem Schmuckmetall, elektronische Mikroteile werden geschützt, beschichtet oder befestigt, und hochempfindliche Sensoren – ob Bio, medizinisch-diagnostisch oder beim EPS im Auto – bekommen erst die nötige Empfindlichkeit. Es lassen sich chemiefrei Nano-Strukturen in Chips ätzen; man kann auch einfach nur extrem sauber reinigen mit Plasma-Technologie.

Gerade werden in den größten Geräten des Hauses Armaturenbretter für Volvo behandelt. Das ist noch im Entwicklungs-Stadium. Und der Chef wäre am liebsten immer dabei. Als "zu 97 Prozent Techniker, zum kleinen Rest Kaufmann" bezeichnet er sich scherzend, als Unternehmer ist er eher schwäbisch konservativ. Manchmal entwickelt und baut Diener in engster Absprache für die Kunden aus den unterschiedlichsten Branchen hochspezialisierte Plasma-Geräte und liefert sie in alle Welt. Manchmal aber ist die Firma mit ihren inzwischen 103 Mitarbeitern sowie Niederlassungen in Italien und bald in China auch ein Dienstleister. Dann werden Mikroteile in Ebhausen plasma-technologisch behandelt und zurückgeschickt.

Die unabdingbare Software übrigens liefert Christof Dieners Bruder Reinhard zu, der eine eigene Firma betreibt. Es gibt Reinräume, Labors, Computerplätze für die Konstrukteure und Designer, mechanische und elektrotechnische Werkstätten, Lager und ein paar Büros in den 2010 bezogenen Gebäuden. Und es gibt eine riesige technische Bibliothek mit echt papierenen, teils alten Büchern, die der scheinbar so auf Hightech versessene Firmengründer liebevoll und mit ein bischen Sammlerstolz stets weiter bestückt. "Sie wird auch benutzt", versichert er.

Christof Dieners Bürotür steht immer offen. Alle sind per Du – "von der Putzfrau bis zum Chef" – wie er sagt, auch die 13 Azubis, darunter zwei Dual-Studenten, zehn Wissenschaftler dazu. Er bildet die Elektroniker und Mechatroniker gerne selber aus, was bei der hochspezialisierten Tätigkeit nicht wunder nimmt. Diener hat aber zum Beispiel vor vier Jahren auch einen Physiker eingestellt, der an sich schon im Ruhestand war. Dem macht die spannende Plasma-Technologie so viel Spaß, dass er noch nicht ans Aufhören denkt.