Um den gigantischen Betonturm betrachten zu können, müssen die Kinder den Kopf weit in den Nacken legen. Foto: Schwarzwälder-Bote

Weihnachts-Aktion: Kleine Bauarbeiter erkunden Baustelle beim Rottweiler Testturm

Von Jasmin Cools

"Gleich geht’s los", sagt der kleine Tim und setzt sich seinen Baustellenhelm auf. Dann zurrt er die orangefarbene Warnweste fest und richtet den Blick auf das Objekt der Begierde. Die Sonne strahlt vom Himmel und es weht ein starker Wind, als die Kinder sich schnurstracks auf den Weg zur Testturm-Baustelle machen. Alle müssen sie den Kopf in den Nacken legen – so hoch ragt der gigantische Betonturm in den Himmel.

Während es Fabio Schäfenacker angesichts des imposanten Bauwerks glatt die Sprache verschlagen hat, leuchten Philipp Deublers Augen. Sein Bruder Hannes kann derweil mit Fragen kaum an sich halten: Wie hoch ist der Turm? Wie viel wiegt er? Wie hat man ihn gebaut? Wo kommt der Beton her? Was ist dieser Erdhaufen da? Fragen haben alle Kinder massig und Führerin Ulrike Lehmann von der "Woman in Business"-Akademie steht ihnen Rede und Antwort. "Eigentlich sprechen wir am Anfang immer erst über die anderen Rottweiler Türme, aber ich seh’s euch an – ihr wollt gleich weiter", erkennt sie die Begeisterung richtig.

Der achjährige Tim Laudert aus Rottweil, der fünfjährige Fabio Schäfenacker aus Dornhan bei Sulz, der achtjährige Hannes und sein sechsjähriger Bruder Philipp Deuble aus Ebhausen-Wenden im Kreis Calw sind echte Turm-Fans und haben sich bei der Schwarzwälder Bote "Wünsch dir was"-Aktion, die von der Sparkasse Pforzheim Calw unterstützt wird, gewünscht, auf der Baustelle mehr über das neue Rottweiler Wahrzeichen zu erfahren. "Bei uns im Kindergarten hängt ein Poster vom Turm und wir haben den schon nachgebaut", erklärt Fabio schüchtern seine Passion. 40 000 Tonnen wiegt der echte Turm, erzählt Lehmann. Die Diplom-Ingenieurin, Veranstalterin und Rednerin ist selbst eingefleischte Testturm-Begeisterte. "Das sind so viel wie 8000 afrikanische Elefanten", kann Tim gleich mit Wissen auftrumpfen. Dafür weiß der kleine Hannes, der später einmal Schreiner werden will, wie man eine Betonmauer baut. Den Beton für den Turm hat man liefern lassen, erklärt Lehmann. Was noch fehlt, ist die charakteristische geschraubte Wendel-Form.

Natürlich hat Lehmann auch was zum Anfassen mitgebracht: ein Stück der 12 Meter breiten und 20 Meter langen Netzbahnen, die später um den Turm gewickelt werden. Auch die Frage, warum die Form so gewählt wurde, kann Hannes beantworten – zumindest ungefähr. "Damit der Turm stabiler ist?" Ja, denn die gedrehte Form und die eingebaute Netz-Membran sorgen dafür, dass der Turm nicht mehr schwankt als die 1,50 Meter, die er es bei Wind ohnehin schon tut. Die Bewegung des Turmes habe man zuvor mit einem Modell im Windkanal getestet, erklärt die Führerin. Im Januar habe man mit Betonieren begonnen, im Juli gab’s das Richtfest.

Der Turm mit Deutschlands höchster Aussichtsplattform

Endlich fertig wird der Testturm in etwa einem Jahr sein – dann mit der höchsten Aussichtsplattform Deutschlands auf 232 Metern. Bis er seine voll Höhe erreicht hat, wuchs er schneller als eine Bambuspflanze, nämlich 3,60 Meter pro Tag. Am liebsten wären die Kinder jetzt schon ganz oben. Als dann noch Hardy Stimmer, Projektleiter vom ThyssenKrupp-Elevator-Baumanagement, dazu kommt, fallen den Kindern noch viel mehr Fragen ein. 1700 Stufen sind es ungefähr bis oben – gut, dass es da den Panorama-Aufzug geben wird, der die Besucher dahin bringt.

Tim, der sich natürlich schon im Vorfeld informiert hat, weiß, dass in den Schächten – zwölf an der Zahl – Aufzüge getestet werden. "Wir bauen ja auch Aufzüge in anderen Ländern mit vielen Hochhäusern. Und damit die sicher sind, testen wir in diesem Turm hier zum Beispiel den schnellsten Aufzug mit 65 Kilometern pro Stunde. So schnell darf der Papa maximal durch die Stadt fahren", scherzt Stimmer. Wenn alles wie geplant läuft, sollen Besucher nie länger als 30 Sekunden auf einen Aufzug warten müssen. "Da hat man noch nicht einmal richtig ins Vesperbrot gebissen, schon ist er da", meint Lehmann. Sich vorzustellen, dass es auch Aufzüge geben soll, die zur Seite fahren oder zwei, die in einem Schacht fahren, das fällt den kleinen Baumeistern schwer.

"Was ist das für ein Erdhaufen?", fragt Philipp. Stimmer erklärt, dass man für das 30 Meter tief gehende Fundament ja ein Loch graben musste. Jetzt sitzt der Turm schon fest wie ein Dübel im Boden. Tim begeistert am meisten der Kran: "Wie hoch ist denn der?" Auch darauf weiß der ThyssenKrupp-Mitarbeiter eine Antwort. Eingesetzt wird nämlich Deutschlands höchster Kran mit 258 Metern – schon wieder ein Deutschlandrekord für den Turm. Hannes kann noch gar nicht richtig glauben, dass er wirklich vor dem gigantischen Betonturm steht, den er zuvor von der Autobahn aus gesehen hat. "Von hier aus ist er noch viel größer", staunt er.

Ein letztes Rätsel gibt es noch um die roten Lampen, die den Turm nachts beleuchten. Ob da nicht mal irgendwann die Batterie leer werde, fragt Tim skeptisch und Lehmann erklärt ihm, dass die Lampen quasi per Kabel an Steckdosen hängen.

Erinnerungsstücke, die den Tag nicht so schnell vergessen lassen

Nachdem die Kinder den Blick von den emsigen Bauarbeitern, den lauten Betonmischern und den riesigen Kränen gerissen haben, bekommen sie von Lehmann noch ein paar Turm-Erinnerungsstücke, wie ein Poster und einen Playmobil-Bauarbeiter. "Papa, wir müssen mal auf den Turm, wenn er fertig ist, ja?", fragt Hannes zum Abschluss seinen Vater. Dem Berufsmaler, der selbst sehnsüchtig nach oben schaut, bleibt wohl oder übel nichts anderes übrig, als zustimmend zu nicken.