Manfred Gerst (links) und Willy Seiler wollen eine Bebauung des Ginter-Areals, die zum Charakter der Siedlung mit ihren eher kleinen Einfamilienhäusern passt. Foto: Schickle

Bürger fördern mehr Beteiligung. Investor will Gebäude abreißen und Mehrfamilienhäuser bauen.

Dunningen - 2011 stellte die Dunninger Uhrengehäusefabrik Ginter ihren Betrieb ein. Seither befindet sich das Areal im Dornröschenschlaf. Ein Investor will die Gebäude abreißen und Mehrfamilienhäuser bauen. Zu groß für den bisherigen Charakter der Siedlung, meinen Anwohner.

Willy Seiler weiß, wie Mehrfamilienhäuser aktuell aussehen. In Zimmern hat sich der Dunninger angeschaut, was dort in den vergangenen Jahren so alles aus dem Boden geschossen ist. "Was die Leute vors Haus gesetzt kriegen in Zimmern..." Da fühle man sich doch nicht mehr wohl. "Ich dachte gleich an die Titanic", sagt er über eines der Häuser, die im Nachbarort gerade entstehen.

Mehrgeschossig, Flachdach, riesig: So einen Bau, befürchten Seile und sein Mitstreiter Manfred Gerst, beide wohnen in der Dunninger Jakob-Mayer-Straße, könnte bald auch vor ihrer Haustür stehen. Dabei, das sind sich die beiden einig, würde er den bisherigen Siedlungscharakter des Gebiets in der "Breite" zerstören. Der Gemeinderat ist derzeit dabei, den Weg für das Vorhaben planungsrechtlich freizumachen. Anfang November hatte er den vorliegenden Bebauungsplanentwurf für das Ginter-Areal befürwortet.

Damals, wie bereits vor über einem Jahr, hatten die Anwohner ihre Bedenken vorgetragen. So richtig allerdings – das ist ihr Eindruck – werden die im Gemeinderat nicht ernst genommen. Gerst, einst selbst im Gremium, ist "sehr enttäuscht" von den ehemaligen Kollegen. Dabei sei doch etwa im CDU-Programm für die Kommunalwahl 2014 von "umfassender Bürgerbeteiligung im Vorfeld wichtiger kommunalpolitischer Entscheidungen" die Rede, auch die SPD setzt auf mehr "Demokratie und Beteiligung". Davon, so kritisiert das Duo, ist in Dunningen wenig zu spüren.

Deshalb haben die zwei unter den Anwohnern der Jakob-Mayer-Straße 31 Unterschriften gesammelt und an Bürgermeister Stephan Kröger übergeben. Ihr Ziel ist es, als Bürger am Planungsprozess beteiligt zu werden. Über die Umwandlung des Ginter-Areals in Wohnbebauung heißt es im Anschreiben: "Diese Entwicklung wird von uns allen sehr begrüßt!" Enttäuscht allerdings seien die Unterzeichner, "dass die Planung der Neubebauung nicht mit der betroffenen Bürgerschaft, sondern mit dem Investor vorbesprochen wurde".

Schweizer-Gelände dient als Beispiel

Vor gut einem Jahr war die Rede davon, dass auf dem Gelände ein dreigeschossiges und drei zweieinhalbgeschossige Mehrfamilienhäuser geplant seien. Zu den Dimensionen des Vorhabens will sich Bürgermeister Stephan Kröger auf Nachfrage nicht äußern, auch den Namen des Investors will er nicht nennen. Dem Vernehmen nach handelt es sich allerdings um den Schramberger Alexander Mücke. Offenbar gehört ihm das Gelände bereits.

Seiler, Gerst und ihre Mitstreiter appellieren nun an den Rathauschef und die Gemeinderatsfraktionen, mit ihnen in einen "offenen Gedankenaustausch" zu treten. Durch die großen Mehrfamilienhäuser, erst recht mit Flachdach, würde der Charakter der Siedlung nachhaltig geschädigt.

Als gelungenes Beispiel nebenan nennen sie das ehemalige Schweizer-Gelände. Dort entstanden in den 90ern Mehrfamilienhäuser, allerdings mit maximal zwei Voll- und einem Dachgeschoss. "Wir sind dafür, dass was gemacht wird", meint Willy Seiler über das Ginter-Areal, schließlich sei die Ruine nicht schön. "Aber normale Häuser", ergänzt Manfred Gerst.

Jetzt erwarten die Anwohner, dass sie angehört werden. Kröger allerdings betont, die Bürger hätten im Lauf des Verfahrens nun bereits zum zweiten Mal die Gelegenheit, sich zum vorliegenden Entwurf zu äußern. Dabei sei die frühzeitige öffentliche Beteiligung in solch einem beschleunigten Verfahren gar nicht erforderlich. Darüber hinaus müssten ohnehin alle Einwendungen geprüft werden.

Auf Details will sich der Schultes nicht festlegen – etwa, wie viele Geschosse laut Bebauuungsplan einmal erlaubt sein werden. Von vier reden Seiler und Gerst. Kröger meint nur, man sei mitten im Verfahren, nun müsse neu diskutiert werden. Könnten sich die Bedenken der Anwohner also am Ende als überflüssig erweisen? "Absolut", sagt Bürgermeister. Ob Seiler und Gerst es glauben können?

Zerreißprobe. Was fehlt, ist ein Konzept. Auch deshalb werden die Dörfer von den Veränderungen überrollt.