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Ein Gleitschirm-Tandemflug mit Bernd Haag aus Seedorf / Auch ganz oben lässt sich’s noch plaudern / Der Ausblick – ein Traum

Von Corinne Otto

Dunningen/Dürbheim. Jetzt hab ich den Salat. Vor gut einem Jahr hab ich über die Gleitschirm-Asse Philipp Haag und seinen Vater Bernd aus Seedorf geschrieben, jetzt bin ich selber dran: Bernd Haag nimmt mich auf einen Tandemflug mit. Und gleich geht es los. Das Gurtzeug ist festgezurrt, die Seilwinde vor uns spannt sich an.

Meine Güte, auf was hab ich mich da eingelassen. Das Herz rast, aber zum Überlegen bleibt jetzt keine Zeit mehr. Auf der Hochfläche bei Dürbheim, wo die Mitglieder des Gleitschirmvereins Heuberg-Baar ihr Schleppgelände haben, ist alles für unseren Start vorbereitet. Wie ein Segelflugzeug werden wir gleich per Seilwinde in Richtung Himmel befördert. Ich bin ausgerüstet mit Anzug und Helm, und der erfahrene Gleitschirmpilot Bernd Haag hat mich bestens in die Materie eingewiesen. Ganz wichtig: Beim Start rennen, rennen, rennen und nicht nachlassen, sonst fällt er in vollem Lauf über mich drüber. In der Luft die Sitzfläche des Rucksacks unter dem Hintern nach vorn ziehen. "Und wenn ich dir’s sage, ziehst du an diesem roten Hebel, der uns von der Seilwinde löst", sagt Haag. Was? Ich??? Oh...ok.

Jetzt gilt’s. Der Wind passt, und Bernd Haag gibt der Helferin mit dem Funkgerät das Zeichen: "Start!" Meine mitgereiste Familie winkt am Rand des Feldes. "Tschüüss, Mama." Die Kinder scheinen nicht besonders besorgt. Ich schon. Am anderen Ende der Wiese, außer Sichtweite, bringt jemand die Seilwinde auf Touren. Das Seil zieht, wir rennen los... der weiß-gelbe Gleitschirm hinter uns spannt sich, und schon nach vier Schritten hab ich keinen Boden mehr unter den Füßen. Mit einem Affenzacken (sieben Meter pro Sekunde, ergeben die Daten der Flugaufzeichnung später) schießen wir in den Himmel, der Höhenmesser piepst wie verrückt – und ich muss lachen. Das ist ja wirklich genial!

Mein Tandempartner gibt mir das Signal – ich ziehe den roten Hebel, und das Seil löst sich. Jetzt fliegen wir richtig. Und wie! So langsam weicht die Anspannung aus dem Körper. Seltsamerweise fühle ich mich ziemlich sicher, der Sitz ist superbequem und die Aussicht einfach ein Traum. Ein Dauerlächeln macht sich auf meinem Gesicht breit. Es ist toll!

Bernd Haag schafft es, dem Höhenmesser und den Wolkenformationen folgend, immer die perfekte Thermik zu finden und nebenher noch zu plaudern. "Da hinten siehst du den Feldberg, da drüben den Bodensee". Ich bin baff.

Der Höhenmesser piepst weiter. 1400 Meter, 1500 Meter. Die Wolken sind zum Greifen nah. Trotz der enormen Höhe springt beim Rundumblick sofort der mächtige neue Aufzugstestturm von Thyssen Krupp ins Auge. "Der macht die Orientierung einfach. Rottweil findet man jetzt immer sofort", lacht Bernd Haag. Dahinter sind winzig klein die Dunninger Windräder zu entdecken. Und auch meinen Heimatort kann ich dank Haags Hilfe ausmachen.

Piep, piep. Wir sind schon auf 1660 Metern. Es ist kalt, und ich bin froh über meine Jacke, die mich am Boden noch ins Schwitzen gebracht hatte. "Jetzt darfst du mal steuern", heißt es hinter mir. Ach herrje. Mit den Händen in den Lenkschlaufen steigt mein Puls. Ich habe das Gefühl, dass ich das Fluggefährt jeden Moment zum Absturz bringen könnte – und übergebe dankend wieder an den Fachmann.

Langsam steuern wir wieder den Startplatz an, was wegen des starken Windes gar nicht so einfach ist. Mehr als 20 Minuten sind vergangen, unten wartet schon der nächste Tandemflieger. "Wenn wir mehr Zeit hätten, würden wir’s jetzt locker bis ins Donautal schaffen", meint Bernd Haag. Sein Sohn Philipp, der erfolgreich in der Deutschen Gleitschirmliga mitfliegt, ist kürzlich einfach mal bis Günzburg hinter Ulm geflogen. Vor Ort wurde der Schirm in den Rucksack gepackt, und per Zug und per Anhalter ging’s zurück nach Seedorf. Ein Hobby, bei dem man das Ländle kennenlernt.

Unter uns kommt der Boden näher, die winkende Familie ist wieder zu erkennen. Butterweich setzen wir auf der Wiese auf. Bernd Haag befreit mich von den Gurten und Haken, und ich bin noch ganz benommen von den vielen Eindrücken. Danke für diesen Flug! Mal sehen, wie weit es dann nächstes Mal geht...

Weitere Informationen: www.gsv-heuberg-baar.de Bernd.Haag@t-online.de