Das Wohn- und Ökonomiegebäude der Familie Schneider in der Seedorfer Sulgenerstraße wird nach dem Brand im Juli (Bild) jetzt abgerissen. Foto: Merz

Hinter "’s Zusa Haus" liegt bewegte Geschichte. Erbauer flüchtet einst nach Amerika. Auch Musikverein von Abbruch betroffen.

Dunningen-Seedorf - Wenn in diesen Tagen das am 31. Juli dieses Jahres durch ein Feuer zerstörte Wohn- und Ökonomiegebäude dem Erdboden gleichgemacht wird, dann verliert die Sulgenerstraße – im Ort s‘Zusa Haus genannt – eines der prägendsten landwirtschaftlichen Gebäude mit interessantem geschichtlichen Hintergrund.

Vom Schaden betroffen ist nicht nur der Besitzer und die eingemietete Familie, sondern auch der Musikverein, der ein Teil seiner Dorffesthütte im Ökonomiebereich eingelagert hatte. Die vierköpfige Familie war nach dem Brand zunächst in einem Hotelgasthof, dann kurzfristig bei Verwandten und jetzt endgültig in Lauterbach untergebracht.

Vor etwa 200 Jahren wurde das Haus in der damaligen Furtgasse (heute Sulgener Straße 51) von einer Familie Rothöhler erbaut. Nach mündlichen Überlieferungen war Herr Rothöhler in Seedorf Gemeindepfleger und hatte sich von der Gemeinde Geld ausgeliehen, ohne diesen Vorgang vorher von den zuständigen Verantwortlichen genehmigen zu lassen. Als der Diebstahl entdeckt wurde, flüchtete Rothöhler und wanderte nach Amerika aus. Seine Frau mit Kindern ließ er im Stich, und diese kamen ins Seedorfer Armenhaus (heutiges Schafhaus). Das Haus in der Furtgasse stand zum Verkauf an, und es wurde von Wendelin und Susanne Baur geborene Baumgärtner um das Jahr 1850 gekauft. Zu Susanne Baur sagte man Sus, woraus der heutige Hausname "’s Zusa" entstand, der bis heute der Hausname der Besitzerfamilien Schneider blieb. Circa. 1880 ging das Haus an den Sohn Matthäus Baur über. Am 15. August 1901, dem kirchlichen Fest Maria Himmelfahrt, wurde das Haus durch einen Blitzschlag in Brand gesetzt und brannte bis auf die Grundmauern nieder. Unter vorgehaltener Hand wurde damals gemunkelt, weil die Landwirte an diesem Sonntag gearbeitet hätten, sei der Brand wohl ein Fingerzeig des Himmels gewesen. 1902 wurde das Haus neu erstellt und am 2. Mai bei Schneetreiben fand das Richtfest mit vorherigem Gottesdienstbesuch statt, wie es früher Sitte war.

1913 vermachte Matthäus Baur, der keine Nachkommen hatte, das Haus an seine Nichte Katharina Schneider, geborene Hangst. Katharina war im Dorf bekannt als "s’Zusa Käthele" und war die Frau von Franz Schneider aus "’s Maucha-Haus", einer ebenfalls angesehenen und kinderreichen Familie. 1945 wurde die Scheune und Hocheinfahrt erweitert.

1952 ging das Haus an den heute noch lebenden jüngsten Sohn Erwin Schneider, der sich aber hinter dem Elternhaus in den 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts ein sogenanntes Leibgeding Haus errichtete. Nach dem allzu frühen Tode seiner Frau Elisabeth und auch bedingt durch seine schwere Gehbehinderung verkleinerte er seinen landwirtschaftlichen Betrieb. 1995 vererbte Erwin Schneider das Haus an seinen jüngsten Sohn Georg Schneider. "S’Zusa Haus", das seit 1969 nicht mehr von den Eigentümern bewohnt wird, wurde danach im Laufe der Jahre an wechselnde Familien vermietet. Am 31. Juli wurde das Haus durch einen Brand (wir berichteten) völlig zerstört und unbewohnbar. Nun wurde mit dem Abriss begonnen. Der Besitzer hat nach Beendigung der Abbrucharbeiten drei Jahre Zeit, um ein Ersatzgebäude zu erstellen.