Die Tage der ehemaligen Ginter-Fabrik sollen bald gezählt sein. Foto: Reichert

Ex-Ginter-Areal: Knappe Mehrheit für umstrittenen Bebauungsplan. Bewohner halten Bedenken aufrecht. Mit Kommentar

Dunningen - Mit knapper Mehrheit nahm der Bebauungsplan "Ehemaliges Ginter-Areal" am Montagabend im Dunninger Gemeinderat mit der Feststellung des Entwurfs die nächste Hürde. Indes – die massiven Bedenken vieler Anwohner und wohl auch einer erheblichen Zahl von Räten sind nach dieser Sitzung nicht ausgeräumt.

Dunningens neuer Bürgermeister Stephan Kröger hatte gleich in seiner dritten Sitzung im Amt ein Schwergewicht auf die Tagesordnung gesetzt, den Bebauungsplan "Ehemaliges Ginter-Areal", eine Industriebrache, die ein Investor mit ursprünglich mehr als 30 Wohneinheiten bebauen will.

Natürlich war Kröger klar, dass der Bebauungsplan im Ort höchst umstritten ist. Besonders die Anwohner der Jakob-Mayer-Straße, von denen viele am Montag die Debatte im Gemeinderat verfolgten, machen seit Monaten große Bedenken geltend.

Schon in der Bürgerfragestunde drehte sich fast alles um den umstrittenen Bebauungsplan, bevor das Gremium offiziell in die Diskussion eingestiegen war.

In zahlreichen schriftlichen Äußerungen in der Auslegungsphase des Bebauungsplans stoßen sich die Anwohner besonders an der in ihren Augen geradezu "erdrückenden" Bebauung, die sich nicht in den in Jahrzehnten gewachsenen dörflichen Charakter der Umgebung einfügt und diesen geradezu zerstört. Damit einher gehe eine Entwertung dieser zentralen Wohnlage.

Zudem fürchten die Anwohner der Jakob-Mayer-Straße erheblichen Schattenwurf, der ihnen die Morgensonne nimmt. Mithin stehen die geplanten Gebäude nach Ansicht der Anwohner zu nah an der Straße, so dass die Fassaden fast wie eine zusammenhängende Mauer wirken.

Aber auch den möglichen finanziellen Aspekt lassen die Anwohner in ihren Einwendungen nicht außer Acht. Sie fürchten, dass die geplante Bebauung einen Ausbau des Kanals und der Straße nach sich zieht, wobei sie dann auch noch zur Kasse gebeten würden, ausgelöst durch die von ihnen abgelehnte Bebauung.

Aber auch der zunehmende Verkehr, wenn die Bebauung wie geplant erfolgt, gibt den Anwohnern zu denken. Nach ihrer Auffassung ist ein "Zuparken" der Straße unvermeidlich. Auch die von der Straße sichtbaren Zufahrten zu den geplanten Tiefgaragen sind ihnen ein Dorn im Auge.

Planerin Sandra Graf vom Ingenieurteam Oberer Neckar (ITON) gab sich alle Mühe, die Bedenken zu zerstreuen. Etliche dieser Einwände hatte sie zwischenzeitlich in den Bebauungsplan eingearbeitet.

Denn, so betonte sie, die Akzeptanz der Bevölkerung für ein solches Projekt sei natürlich wichtig. Gleichwohl sei das Ginter-Areal eine Gewerbefläche mitten in einem Wohngebiet und werde durch nun einer wohnbaulichen Nutzung, wie bereits in der unmittelbaren Umgebung, zugeführt. So füge sich die nach ihren Worten "aufgelockerte" Bebauung, aus mehreren Gebäuden bestehend, besser in das vorhandene Umfeld ein, als die geschlossene Gebäudefront der Ginter-Fabrik. Die maximale Höhe der südlichen Gebäude der geplanten Bebauung werde durch einen "Rücksprung von der Straße" optisch gemildert.

Zudem sei der Abstand zur Jakob-Mayer-Straße in der überarbeiteten Version des Bebauungsplans größer als zunächst geplant. Durch die lockere Aufgliederung in mehrere Gebäude würden die Grundstücke der Jakob-Mayer-Straße sogar besser besonnt und belüftet, zeigte sie sich überzeugt.

Auch die finanziellen Bedenken versuchte Graf zu entkräften. Zwar sei durch die Bebauung des Ginter-Areals eine Teilerneuerung des Kanals in der Jakob-Mayer-Straße erforderlich. Diese Kosten werde die Gemeinde allerdings allein tragen. Die Anwohner würden nicht belastet.

Die Bedenken der Anwohner hinsichtlich des zunehmenden Verkehrs, des Lärms und größerer Gefahren für Kinder fanden inzwischen ihren Niederschlag im Planwerk. So wurde die Zahl der geplanten Wohneinheiten entlang der Jakob-Mayer-Straße von 34 auf 30 gesenkt. Indes, Bebauung oder Nicht-Bebauung änderten nichts an der Funktion der Jakob-Mayer-Straße als Verkehrssammelstraße, sagte sie.

Kommentar: Sicht der Dinge

Von Peter Schönfelder

Was ist typisch für ein Dorf? Um diese Frage dreht sich die Diskussion beim ehemaligen Ginter-Areal. Wie soll städtebauliche Innenentwicklung in Dunningen vorangehen? Mit mehrgeschossigen Bauten, wie die Verwaltung meint, oder in kleinen überschaubaren Einheiten, wie es die Anwohner der Jakob-Mayer-Straße wollen. Planerin Sandra Graf hat alles getan, die Anwohner von ihrem Entwurf zu überzeugen, und sie hat sich als alles andere als taub gegenüber den Bedenken gezeigt. Indes, die Skepsis bleibt. Jeder beharrt auf seiner Position, denn im Grunde ist die Sicht der Dinge nicht vereinbar. Die Anwohner wollen die neuen Gebäude so wie ihre eigenen. Ein bisschen Idylle mit Garten. Dass das bestehende Fabrikgebäude größer und wuchtiger ist als die geplante Bebauung, und dass sie seit Jahren mit dem Klotz leben, hat für sie als Gegenargument wenig Gewicht.