Die Prognosen gehen von einem Hausärztemangel in nur wenigen Jahren aus. Die Professoren Birgit Vosseler und Axel Olaf Kern wollen Wege aus dem Dilemma aufzeigen. Foto: Schönfelder/Murat

Ganzheitliche Lösungen beim Erhalt der Gesundheitsversorgung gefragt. Dunningen startet Projekt mit Hochschule Ravensburg.

Dunningen - Verwaiste Arztpraxen, das nächste Krankenhaus etliche Kilometer entfernt, die Bevölkerung wird im Durchschnitt immer älter, die Zahl der Pflegebedürftigen und der Demenzkranken wird steigen – und es wird schlimmer. Die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum krankt, das ist den politisch Verantwortlichen in Kreisen, Städten und Gemeinden längst klar. Jetzt kommt es darauf an, die richtigen Weichen zu stellen. Aber was ist in den einzelnen Gemeinden an Strukturen vorhanden? Was muss vordringlich angefasst werden, und überhaupt, was wünschen sich die Bürger?

Dieser Themenkomplex lag dem Dunninger Gemeinderat in seiner Sitzung am Montag auf dem Tisch. Zu Gast waren die Professoren Birgit Vosseler und Axel Olaf Kern von der Hochschule Ravensburg-Weingarten.

Unter ihrer Leitung entsteht das Projekt "Innovative transprofessionelle Gesundheitsvorsorge in den mittleren Gemeinden Hardt, Eschbronn, Dunningen und Fluorn-Winzeln im Landkreis Rottweil". Dieses Wortungetüm hat zum Ziel, so formulierten die beiden, eine qualitativ hochwertige, bedarfsgerechte und wohnortnahe medizinische und familienorientierte gemeindenahe Versorgung für alle Menschen im Landkreis Rottweil sicherzustellen, unabhängig vom örtlichen Wohnraum. Ein ganzheitlicher Ansatz also, der neben der reinen Versorgung mit Haus- und Fachärzten auch die immer wichtiger werdende pflegerische Komponente im Auge hat.

Und es ist ja nicht so, dass die Gemeinde Dunningen das Problem noch nicht erkannt hätte. In seiner Einführung ins Thema fasste Bürgermeister Gerhard Winkler diese, bisher allerdings weitgehend erfolglosen, Bemühungen zusammen. Die drei in Dunningen ansässigen Hausärzte werden ihre Praxen mittelfristig aufgeben, blickte Winkler in die Zukunft. Gleichzeitig ist der Nahbereich Schramberg, zu dem auch Dunningen zählt, derzeit für Allgemeinärzte gesperrt, nachdem eine "Überversorgung" festgestellt worden ist.

Untersuchungen der Uni Heidelberg zogen allerdings ein ernüchterndes Resümee. Künftig werden weniger Hausärzte zur Verfügung stehen, Einzelpraxen der Vergangenheit angehören und die Entfernungen zum Arztbesuch werden wachsen.

Die Gruppe um Vosseler und Kern will zur Lösung einen moderierten Dialog mit den Bürgern aufnehmen, was mittelfristig zu einer Vernetzung aller im Gesundheitswesen Beteiligten in der Region beitragen soll. Auf diesem Wege, so zeigten sich die beiden überzeugt, könne es gelingen, innovative sektoren- und berufsgruppenübergreifende Versorgungs- und Gesundheitskonzepte zu entwickeln.

Axel Olaf Kern betonte, dass man im ländlichen Raum zu einer regionalen und dezentralen Gesundheitssteuerung kommen müsse.

Und hier kommt die von ihnen initiierte Ideenbörse ins Spiel. Die Bürger Dunningens sind am kommenden Montag, 5. Mai, eingeladen, ihre Vorstellungen einer grundlegenden Gesundheitsversorgung in die Diskussion einzubringen. Um 19 Uhr sind sie eingeladen, sich in der Aula der Eschachschule an dem von den Professoren skizzierten Prozess zu beteiligen.

Dabei sollen zunächst in Gruppen die Ideen an Stellwänden gesammelt und diskutiert werden, wobei es jedem Bürger freisteht, auch einmal in die Nachbargruppe zu schnuppern. Nach und nach sollen sich so Schwerpunkte und Wünsche, aber auch Lösungen herauskristallisieren. Am Schluss sollen die Ergebnisse wieder im Plenum dargestellt werden.

Bürgermeister Winkler fand, dass der dargestellte Ansatz verfolgt werden solle, fürchtete jedoch ein gewisses Desinteresse in der Bürgerschaft. Er appellierte an die Gemeinderäte, für die Veranstaltung am Montag zu werben. Hermann Hirt erkundigte sich nach der Umsetzung der an diesem Abend entwickelten Ideen. Birgit Vosseler bestätigte, dass die Hochschul-Gruppe auch Empfehlungen zur Umsetzung an die Gemeinde gebe.

Auf die Frage von Simone Spengler, wie sich die weitere Kooperation mit der Hochschule gestalte, antwortete Axel Olaf Kern, dass die Bürgerbeteiligung lediglich den Anfang darstelle. Dort dürfe man natürlich nicht stehenbleiben und die Hochschule werde den Prozess der Umsetzung begleiten.

Weitere Informationen: Die Ideenbörse beginnt am Montag, 5. Mai, um 19 Uhr in der Aula der Eschachschule in Dunningen.

Kreis Rottweil