Daniel Schmidt-Rothmund hält das Wanderfalken-Weibchen in Händen, seine Mitarbeiterin Kathrin Tollas schaut nach, ob die Ringe des Altvogels mit den registrieren Daten übereinstimmen. Foto: Visel

Auf 60 Meter hohem Siloturm ist Brutplatz nun im fünften Jahr belegt. Schmidt-Rothmund: "optimaler Standort".

Dotternhausen - Daniel Schmidt-Rothmund hält den drei Wochen alten Wanderfalken ganz vorsichtig in den Händen. Es ist einer von dreien, die er auf dem Holcim-Siloturm beringt. Dort ist ein Brutkasten angebracht, der von einem Wanderfalkenpaar im fünften Jahr benutzt wird.

Der Leiter des Mössinger Vogelschutzzentrums ist mit seiner Mitarbeiterin Kathrin Tollas, die im Zentrum ein freiwilliges ökologisches Jahr ableistet, nach Dotternhausen gekommen. "Jetzt, wenn die Vögel noch nicht fliegen können, ist die beste Zeit, sie zu beringen", sagt Schmidt-Rothmund. Dies sei wichtig, um Aufschlüsse über diese geschützten und seltenen Vögel zu erhalten, von denen es in Baden-Württemberg nur noch 250 Brutpaare gibt.

Im Zollernalbkreis, so Schmidt-Rothmund, seien maximal fünf Wanderfalkenpaare beheimatet. Der Bestand habe in den vergangenen insgesamt leicht abgenommen, wenngleich sich Taubenzüchter darüber beklagten, dass es zu viele Falken gebe. Diese jagen im Umkreis von etwa fünf Kilometern rund um ihr Nest vor allem Tauben; aber auch Elstern, Eichelhäher und Krähen gehören zu ihrer Beute. "Wenn die Jungtiere etwas größer sind, braucht die Wanderfalkenfamilie drei bis vier Futtertiere pro Tag."

Auf dem Siloturm holt er zunächst das Weibchen aus dem Brutplatz, das sich heftig wehrt. Der Diplom-Biologe hält das Tier fest an den Füßen und versucht, es zu wiegen. Vergeblich, der Widerstand ist zu stark, Schmidt-Rothmund gibt auf, um den Vogel nicht zu sehr zu stressen. Dann setzt er den Wanderfalken ins Einflugloch. Dieser fliegt sofort davon, kehrt aber immer wieder zum Silo zurück und hält Ausschau nach den Jungen.

Nun sind die drei, etwa drei Wochen alten Jungtiere an der Reihe. Wie flaumige Kugeln sehen sie aus, dennoch wehren auch sie sich mit Schnabel und Krallen. Aber sie haben keine Chance. Einer nach dem anderen wird aus dem Nest geholt und in eine Wanne gesetzt. Sofort bilden die drei eine "Wärmepyramide", um sich gegenseitig zu wärmen und schützen.

Dann wird jeder Vogel gewogen. Sie bringen zwischen 546 und 352 Gramm auf die Waage. "Die Weibchen wiegen in der Regel mehr als die Männchen", sagt der Biologe und schätzt: "Ein Weibchen, zwei Männchen." In diesem Alter, so Schmidt-Rothmund, sei das Geschlecht der Falkten noch schwer zu bestimmen. Aufschluss gebe das Gewicht. Deshalb nimmt er auch an einer Studie zu Wanderfalken teil, mit der überprüft werden soll, ob sich anhand solcher Zahlen bei den Jungvögeln das Geschlechterverhältnis belegen lässt. Neben dem Gewicht werden noch die Flügellänge, die Länge der Schwanzfedern und die Beinlänge gemessen. Auch der Kropf wird kontrolliert.

Die Jungtiere bleiben etwa 45 Tage im Nest und werden von den Eltern gemeinsam aufgezogen. Wenn sie fliegen können, trennt sich die Familie. Die Jungtiere suchen sich ein eigenes Revier. Hingegen bleibt das Wanderfalkenpaar zusammen. Dass der Nistkasten auf dem Holcim-Siloturm nun das fünfte Jahr in Folge belegt ist, ist für Schmidt-Rothmund kein Wunder: "Das hier ist eine absolut optimale und sichere Brutstelle. Die Tiere haben nichts zu befürchten." Solche Brutstellen gebe es nur wenige. "Wir sind stolz, mit der Brutstätte seit 2011 einen Beitrag zum Erhalt der Wanderfalken zu leisten", sagt Holcim-Pressesprecherin Sabine Schädle. Neben den Wanderfalken gebe es im Zementwerk auch Turmfalken, "die ganz ohne Online-Präsenz im Werk nisten." Über den Werdegang der Wanderfalken kann man sich im Internet informieren.