Martina Brandl – hochdekoriert und immer mit "Datschkapp" unterwegs Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder-Bote

Martina Brandl bietet vergnüglichen Auftakt zur neuen "Kultur im Museum"-Saison

Von Peter Morlok

Dornstetten. Tags zuvor im Fernsehen, am nächsten Tag in der Zehntscheuer von Dornstetten. Martina Brandl mit frischen Gedanken inmitten Dornstetter Heimatgeschichte im Museum – Komödiantenherz, was willst du mehr? Für die in Geislingen geborene Kabarettistin, Schriftstellerin und Sängerin ging dieser Traum am Freitag in Erfüllung. Die Frau, die mit der Mütze Witze macht – sie trägt als Alleinstellungsmerkmal ständig eine "Datschkapp" –, eröffnete im ausverkauften großen Saal die neue Spielzeit von "Kultur im Museum".

"Irgendwas mit Sex" lautet der Titel des neuen Programms der Wahlberlinerin, die schon immer durch leicht schlüpfrige Songs, Bücher – ihr erster Roman hieß "Halbnackte Bauarbeiter" – und Kabarettprogramme auf sich aufmerksam machte. Im Gegensatz zu einigen ihrer Kollegen bot die Kappenträgerin aber viel mehr als nur oberflächliches Gelaber und Effekthascherei mit dem "F-Wort". Sie nahm das Leben, so wie es jeder auf der Straße, im Beruf, in der Freizeit und wo auch sonst immer tagtäglich mitbekommt, als Basis, führte einige Situationen ad absurdum und entwickelte daraus die Gags des Abends. Heiter bis hintersinnig, und doch mit der gewissen Tendenz zur Erwachsenenunterhaltung, die schon im Titel offen propagierte wurde.

Gleich zu Anfang freute sie sich, dass sie mal wieder im Schwabenland auftreten dürfe, denn diesen Dialekt versteht sie, obwohl sie inzwischen ein TV-kompatibles Hochdeutsch, von einer leicht sächsischen Note durchzogen, spricht. Kleine Beispiele für landesspezifische Sprach-Missverstände hatte sie bei dieser Gelegenheit auch parat. Ihre Frage nach einem Soundcheck, etwa, wurde ihr in Bayern einmal mit der Feststellung "Wir zahlen unsere Künstler in bar, nicht mit Scheck" beantwortet. In Dornstetten bekam sie sicher auch einen Scheck, hatte aber mit Licht, Sound und ihrem Monitor den ganzen Abend über so zu kämpfen, dass einem die Herren an den Knöpfchen und Saallichtschaltern fast leidtun konnten. Trotzdem kalauerte Frau Brandl ein wenig über sich selbst, über ihre Mitmützenträger Papa Schlupf, den Papst und die Jungs vom Ku-Klux-Klan. Sie freue sich, wenn man sie wegen ihrer Schlägermütze auf der Straße wenigstens als Sängerin von den "Scorpions" erkenne.

Viel Mitleid mit ihrem Publikum hat sie bei diesem Programm nicht, wie sie unumwunden zugab. "Ihr macht‘s freiwillig", so zumindest ihr Eindruck, und als ihre Show irgendwie steckenzubleiben drohte, gab‘s als Info: "Ihr habt alle das Plakat gelesen – da steht Kabarett drauf, und deshalb müsst ihr euch auch mal einen Satz ohne Pointe anhören." Dann bastelte sich Martina Brandl als Rettungsanker einen Schwenk in Richtung Castingshows und dem eigenen Willen, der dort pro Meinungsabgabe gerade mal 50 Cent kostet. "Dafür dürft ihr bestimmen, wer Deutschlands next Dorftrottel wird. Bei der Bundestagswahl zahlt ihr dafür keinen Cent, dort ist die Wählerei völlig umsonst", so ihr Alternativvorschlag. "Die Römer beruhigten einst das Volk mit "panem et circenses" (Brot und Spiele) – heute heißt dies Bohlen und Cindy": So lautet ihr Eindruck zum laufenden Fernsehprogramm, von dem sie selbst jedoch auch ganz gut lebt.

Zum Thema Sex konnte sie aus ihrer Warte nur die Erkenntnis beisteuern, dass bei ihr zwar noch die Ladeneinrichtung vorhanden, der Rollladen aber längst unten sei. Dazu noch das passende Wortspiel "Wechseljahre sind keine Herrenjahre" und die Songkombination "Atemlos, in the Heat of the Night" und aus einem eigentlichen Tabuthema wurde ein Brüller.

Martina Brandl machte sich noch über Smartphones, die smarter sind als sie, und über dauerfotografierende Handynutzer lustig, erklärte, dass eine Selfi-Stange keine ganz arg dünne Beate Uhse-Puppe sei, berichtete von Menschen, die sogar ihr Essen knipsen – Foodpornografie nennt sie diese Abart der Diät – und überlegte musikalisch, ob sie sich nicht einen QR-Code auf den Hintern tätowieren lassen sollte: "Dann kann ich checken, ob beim Joggen die Glocken richtig rocken."

Vollends zur Hochform lief Brandl nach der Pause in ihrer Paraderolle als "Angie – Die Queen von Berlin" auf. Es war ein recht vergnüglicher Auftakt im neuen Museums-Programm, auch wenn nicht alles so ganz ernst gemeint war, was die Mehrfach-Preisträgerin so von sich gab. Man könnte es gut gemeint locker mit "Späßle g‘macht" zusammenfassen und sich der Dame anschließen, die einst nach einem Auftritt auf sie zukam und sagte: "Das war saulustig – fast hätte ich lauthals naus glacht". Aber halt nur fast.