Lukas Ullrich (rechts) und Till Florian Beyerbach agieren kongenial. Foto: Vollmer Foto: Schwarzwälder-Bote

"Play Luther": Evangelische Kirche lädt zum szenischen Spiel von Lukas Ullrich und Till Florian Beyerbach

Von Hanni Vollmer

Am vergangenen Freitag lud die evangelische Kirchengemeinde Dornhan in die Stadthalle zu "Play Luther" ein, einem musikalischen Theaterstück über die Lebensgeschichte Martin Luthers.

Dornhan. Nächstes Jahr feiern die Protestanten das 500-jährige Bestehen ihrer Kirche. Den Auswirkungen der Reformation bis in unsere Zeit werden sich viele Veranstaltungen im Jubiläumsjahr widmen. Schon mal vorgezogen wurde in Dornhan das Lutherjahr 2017 mit dem szenischen Spiel von Lukas Ullrich und Till Florian Beyerbach, so Pfarrer Landenberger.

Wer kennt ihn nicht den Reformator mit seinen 95 Thesen? Bekannt ist auch, dass Martin Luthers kraftvolle Bibelübersetzung die deutsche Schriftsprache wesentlich geprägt hat.

Was steckt wirklich hinter diesem Mann?

Doch was steckt wirklich hinter dem Mann, der als Gründer der evangelischen Kirche gilt? In "Play Luther" wird er ungeschönt gezeigt – mit seinen Lebensumständen, seinem Alltag und der Zeit, in der er lebte. Die drei stofflichen Ausgangspunkte des Stückes sind zum einen Szenen, die sich um den großen Reformator drehen und zum anderen kontroverse Dialoge über Religion, damals und heute, mit Glaube und Macht, Gewissensfreiheit und Menschenrecht. Als Brücke kommen Lutherlieder hinzu, quasi zeitgemäß intonierte Gassenhauer, von Pop, Blues oder gar Volksmusik bis hin zu Rap mit Schlagzeug und Piano.

Das Bühnenbild, bestehend aus Dreiecken, wird symbolisch für die Dreifaltigkeit gewählt. Im Laufe des Stückes kommen weitere Dreiecke hinzu und es entsteht eine stetig wachsende, sich verändernde Kuppel als Synonym für Luthers Kämpfe, seine sich nach und nach entwickelnde Glaubenswelt. Die Kuppel ist des weiteren Synonym für die Kirche als solche in der Konfrontation mit konstanten Veränderungen und Erneuerungen.

So stehen sich zu Beginn Ullrich und Beyerbach als Katholik und Protestant gegenüber. Dann folgt die Blitz-Szene als Luther in Todesnot schrie: "Hilf’, du heilige Anna, ich will Mönch werden!" Das Porträt wird weiter gemalt mit Luther auf dem stillen Örtchen, die Paulus-Briefe an die Römer und die Botschaft der Gnade Gottes lesend und seine Erkenntnis der Errettung ohne Ablasshandel. Der Reichstag zu Worms und Luthers Verteidigung bis hin zum unfreiwilligen Aufenthalt des Junker Jörg auf der Wartburg sind weitere wichtige Stationen.

Dabei scheuen sich die Akteure nicht, während der 90 Minuten das klassische Lutherbild kritisch, jedoch mit einer gesunden Portion Witz unter die Lupe zu nehmen. Die schauspielerische Doppelbesetzung von Ullrich und Beyerbach ermöglichen eine gute Umsetzung der Zerrissenheit und Ambivalenz respektive Beziehungs- und Gedankenwelt des Reformators im Übergang vom späten Mittelalter zur frühen Neuzeit. Und sie schaffen Verbindungen zum Heute. So werden provozierend CO2-Zertifikate als monetärer Ablasshandel unserer Zeit genannt. Ist dieser klassische Double Bind Nachhaltigkeit oder eben doch Ablasshandel? Ist Papst Franziskus nicht eher Lutheraner? Und Edward Snowden der kämpferische Luther unserer Zeit?

Einfach zu verändernde Kostüme unterstreichen den stufenlosen Übergang von der Mönchskutte zum Manager-Anzug. Auf Luthers Spuren – dazu gehört auch die strenge Mutter und traumatische Kindheitserlebnisse, die nicht in Hellblau skizziert sind. Seine Äußerungen über die Juden bleiben nicht unerwähnt, waren sie doch gepflanzte Wurzeln für den Antisemitismus im Naziregime. Grisaillewerte auch für Luthers hartes Urteil über die Bauern in den Bauernkriegen. Die letzte Anekdote ist dagegen wieder hell und klar "Wir sind doch alles nur Bettler", soll auf einem Zettel auf dem Nachttisch des Sterbebettes gestanden haben. Großer Applaus für eine überzeugende Doppeldarstellung.

Spannend, nachhaltig ist das Stück und 499 Jahre nach der Reformation immer noch brandaktuell. Ullrich und Beyerbach haben auch eine Vision, wenn sie lebhaft von einer Ökumene oder dem Miteinander aller Religionen debattieren. Schade – es hätten schon mehr Besucher sein können.