In seinem Büro im Weidener Rathaus ist Wolfgang Vielsack montags von 16 bis 17.30 Uhr anzutreffen – meist verbringt er aber mehr Zeit dort. Fotos: Cools Foto: Schwarzwälder-Bote

Kommunales: Ein Tag mit dem Dorf-Chef von Weiden / Wolfgang Vielsack gibt Einblick in seinen Alltag

Wolfgang Vielsack ist Ortsvorsteher von Weiden. So ein Amt hat es in sich. Wer’s nicht glaubt, muss ihn nur mal einen Tag lang begleiten.

Dornhan-Weiden. Sonntagmorgen, 8.30 Uhr – Ortsvorsteher Wolfgang Vielsacks Tag startet an der Fuchswaldhütte und atmet erleichtert durch. Diesmal gab es keine Zerstörungen oder Vermüllung. Das war schon anders. Vor einiger Zeit musste er die Polizei verständigen, weil der Grillplatz in einem desolaten Zustand verlassen worden war. "Wir haben schon oft darüber diskutiert, ob wir die Einrichtung schließen sollen. Aber 99 Prozent der Benutzer verhalten sich ja korrekt. Der Rest sind eben die Chaoten", weiß Vielsack.

Nächste Station: das Rathaus, Sitz der Ortsverwaltung der 850 Einwohner zählenden Gemeinde. Sprechstunde hat der Ortsvorsteher eigentlich montags von 16 bis 17.30 Uhr. Erreichbar für die Bevölkerung sei er aber eigentlich immer, meint er und zieht dabei sein uraltes Nokia-Tastenhandy aus der Hosentasche. Die Sprechstunde bietet den Bürgern die Möglichkeit, in verschiedenen Belangen mit der Verwaltung in Kontakt zu treten. "Bausachen, Friedhofsangelegenheiten, Hochzeiten, Wohnungs- und Arbeitsvermittlung, Nachbarschaftsstreitigkeiten – die Liste ließe sich mühelos weiterführen", so Vielsack. "Die Bevölkerung macht rege Gebrauch von dem Angebot. Langweilig wird es hier nicht", sagt er lachend.

Der Realschullehrer im Ruhestand bekleidet das Ehrenamt des Ortsvorstehers jetzt schon im zwölften Jahr. Die Prozedur der Wahl hat er jetzt schon dreimal durchlaufen. Seit 1994 ist der Ortsvorsteher in der Kommunalpolitik aktiv und hat die Auswirkungen der Gemeindereform in den 1970er-Jahren hautnah miterlebt. "Damals sind – auch oft gegen den Willen der Bürgerschaft – ehemals selbstständige Gemeinden zu mittelgroßen Einheiten zusammengefasst worden", weiß der ehemalige Geschichtslehrer. "Sie haben dadurch ihre Selbstständigkeit verloren", führt er aus. In mühsamer Kleinarbeit sei es vielen engagierten Ortschaftsrats- und Gemeinderäten gelungen, die dabei aufgeworfenen Gräben der sozusagen Zwangsverheirateten wieder zuzuschütten. Besonders stolz ist Vielsack daher auf das nun harmonische Verhältnis zur Nachbargemeinde Marschalkenzimmern.

Positive Entwicklung

"Bei meinem Amtsantritt 2004 habe ich mir nicht vorstellen können, dass die Zusammenarbeit der beiden Teilgemeinden eine so positive Entwicklung nimmt. Wir haben im kirchlichen Bereich einen Zusammenschluss der evangelischen Kirchengemeinden Weiden und Marschalkenzimmern. In der Jugendarbeit kooperieren die Sportvereine ebenfalls hervorragend, und Weidener Bürger stellen einen stattlichen Anteil der Musiker des Musikvereins der Nachbargemeinde", sagt der Pensionär. "Auch konnten wir im Schulbereich den Erhalt zumindest einer Grundschule durch freiwilligen Zusammenschluss sichern. Der Standort ist jetzt in Weiden. Vor 20 Jahren war das undenkbar", meint er. Dann greift er seinen Schlüsselbund und eilt über den blank geputzten Parkettboden aus der Amtsstube zu seinem Auto. Der nächste Termin steht an.

Am Rande einer Veranstaltung auf dem Sportgelände klärt Vielsack noch schnell die Details einer anstehenden standesamtlichen Trauung. Der Weidener übernimmt diese für seine verhinderten Kollegen. Er ist nämlich auch Trauungsstandesbeamter. Aber nicht nur kleine Verwaltungsakte bestimmen seine Arbeit. "Wir machen hier nicht nur klein-klein. In den vergangenen Jahren habe ich mit meinen Ortschaftsräten schon so manches Großprojekt gestemmt", sagt er nicht ohne Stolz. "Die Breitbandversorgung des Dorfs war zum Beispiel eine solche Mammutaufgabe. Ich habe das Thema anfangs komplett unterschätzt, wie so viele Bürger hier im Dorf. Angetrieben wurde ich von meinem Sohn und seinen Freunden", gibt der Ortsvorsteher zu. "Die haben mich richtig genervt. Da musste eine nachhaltige Lösung her", meint er. Es vergingen doch noch einige Jahre, bis das schnelle Internet Einzug im Dorf hielt. "Die Bürger sind seitdem zufrieden, immerhin sind aktuell bis zu 50 Mbit möglich", wirbt der "Digitalkomissar", wie er scherzhaft genannt wird.

Während somit die digitale Grundversorgung gesichert ist, ergab sich ein neues Problem. Die überraschende Kündigung des Pachtvertrags der seit 35 Jahren im Ort ansässigen Metzgereifiliale und die fast zeitgleiche Schließung der einzigen Bäckereifiliale im Dorf stellte Vielsack vor eine neue Herausforderung. "Auch hier konnte eine gute Lösung gefunden werden. Wir gingen dabei zunächst einen ungewöhnlichen Weg mittels eines Verkaufscontainers. Das hat viel Nerven gekostet." Einziger Wermutstropfen: Selbst nach unzähligen Telefonaten mit nah und fern gelegenen Bäckereien hat er es nicht geschafft, eine neue Bäckereifiliale im Dorf anzusiedeln. "Ich habe das aber noch nicht abgehakt", stellt er klar.

Sambaklänge am Handy

Das Diensthandy klingelt unvermittelt. Die Melodie wäre eher einem Südamerikaner auf den Leib geschneidert, aber der Angerufene findet den Samba-Klingelton toll: "Den höre ich wenigstens", sagt er und greift schon wieder nach dem Schlüsselbund, denn der nächste Termin wartet schon.