Dekontamination am Schützenpanzer: Bei 35 Grad im Schatten ist das eine echte Herausforderung. Quelle: ABCAbwBtl 750 Foto: Schwarzwälder-Bote

Manöver: Bundeswehr-Bataillon aus Bruchsal probt mit internationaler Beteiligung den Ernstfall

Von Gert Ungureanu

Bundeswehrlaster, Spürpanzer, Soldaten am Straßenrand: etwa das "Säbelrasseln", das Frank Walter Steinmeier meinte? Keineswegs, sagt Oberstleutnant Andreas Winter schmunzelnd. Derartige Übungen gebe es jedes Jahr. Diese hier werde seit einem Dreivierteljahr vorbereitet.

Dormettingen. Der Kommandeur des ABC-Abwehrbataillons 750 Baden hat seine Steuerungszentrale in die Dormettinger Turnhalle verlegt. Überall stehen Versorgungscontainer, Laptops, Sendegeräte. Auf einer Karte an der Wand ist das Gebiet eingezeichnet, auf dem das Manöver der "Iron Mask" stattfindet: 160 mal 120 Kilometer groß. Mit dabei: Dänen, US-Amerikaner und Niederländer, alles in allem etwa 600 Mann. Übungsannahme: Der Bündnisfall ist eingetreten, das ABC-Abwehrbataillon mit insgesamt fünf Kompanien ist in ein Drittland verlegt worden, das von auswärts bedroht wird. Es gilt, die Souveränität des Bündnispartners zu sichern. "Bei den Übungen werden verschiedene Szenarien durchgespielt", erklärt der Oberstleutnant. Das Bataillon, das in Bruchsal beheimatet ist, hat den Auftrag, atomare, biologische und chemische Kampfstoffe – kurz "ABC" – aufzuspüren und zu beseitigen. Geübt wird noch bis nächsten Mittwoch "im realen Raum".

Die Stabs- und Versorgungskompanie, die für Essen, Trinken, Treibstoff, Ersatzteile, Verbrauchsmaterialien und Instandsetzung zuständig ist, hat um Mitternacht den Befehl bekommen, einen neuen Raum zu erkunden, bei Pfullendorf gebe es eine weitere Kontamination. Die Marschstrecken auf der Karte sind abgesteckt. Im NATO-Jargon heißen sie "Landlines of communication". Sie tragen Mädchennamen wie "Daisy" und "Iris". Zum Auftrag gehöre es auch, die Straßen für andere Einheiten freizuhalten, sagt Andreas Winter: "ABC-Abwehr bedeutet auch Aufklärung." Etwa in Industriegebieten, die eine Gefährdung darstellen könnten. Unter anderem würden dazu der Spürpanzer "Fuchs" und der amerikanische "Striker" eingesetzt.

Die Dekontaminierungsübungen, bei denen auch Schiedsrichter und Rollenspieler eingesetzt werden, seien bei der Hitze eine echte Herausforderung. Realitätsnah: "Drei Stunden im Gummianzug, bis zur absoluten Erschöpfung", sagt Oberleutnant Daniela Rusche. Sie ist S1-Offizier und für Personalangelegenheiten zuständig. Nebenbei auch für Öffentlichkeitsarbeit.

Realitätsnah auch, "wenn man 200 Kilometer weit fahren muss, um den Treibstofftanker wieder aufzuladen", sagt Oberst Henry Neumann vom ABC-Abwehrkommando der Bundeswehr. Die 22 Rekruten, die gerade mal drei Monate Ausbildung hinter sich haben, könnten davon nur profitieren. "Das ist in der Grundausbildung durchaus einzigartig." Die Erfahrungen seien durchweg positiv, bestätigen die beiden Schützen Tobias Hofmann und Kevin Döttling. Die beiden 21-Jährigen können sich durchaus vorstellen, bei der Bundeswehr zu bleiben. Hofmann, der aus dem Raum Heilbronn kommt, hat sich für vier Jahre verpflichtet, der Stuttgarter Döttling für zwei. Ein Großteil der Rekruten werde nach der Ausbildung in Bruchsal bleiben, einige von ihnen würden auch an andere Bundeswehrstützpunkte verteilt, sagt Henry Neumann.

Beeindruckend sei die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft von Seiten der Bevölkerung und der Ortsverwaltungen, die man im Vorfeld umfassend informiert habe. Dass die Turnhalle und das Quartier über der Bäckerei Milles, in dem künftig Flüchtlinge wohnen sollen, zur Verfügung gestellt worden seien, sei "nicht selbstverständlich".