Werner Mezger bei Vortrag in Dormettingen: Schwäbisch-alemannisches Brauchtum soll Weltkulturerbe werden

Von Marlies Jenter Dormettingen. "Fasnetspapst" Werner Mezger hat bei seinem Vortag in Dormettingen dafür plädiert, die hiesige Fasnetslandschaft ins Weltkulturerbe der UNESCO aufzunehmen.Vor großem Publikum begrüWolfgang Kiene vom Arbeitskreis Freizeit und Kultur in der Dormettinger Halle Werner Mezger. Es freue ihn besonders, den vielbeschäftigten Kulturhistoriker zu Gast zu haben. Der aus Funk und Fernsehen bekannte "Fasnetspapst" kam aus Stuttgart, wo er am Morgen noch für Fernsehaufnahmen vor der Kamera gestanden hatte. "Ich habe noch nicht einmal Zeit gefunden, meine Schminke zu entfernen", so Mezger. Zudem war er erst in diese Woche beim Konstanzer Narrengericht zu sehen.

Mezger berichtete den Dormettingern, dass seine Wurzeln nicht nur bis nach Schömberg, sondern sogar bis in ihre Gemeinde reichten. Der in Rottweil geborene und derzeit auch dort wohnende Kulturwissenschaftler unterrichtet an der Universität Freiburg am Lehrstuhl für Europäische Ethnologie.

Mit kulturhistorischem Bildmaterial und in präziser, humoriger Sprechweise führte er die Zuhörer, unter ihnen viele Vorsitzende befreundeter Narrenzünfte aus dem Zollernalbkreis, in die Entwicklung und Geschichte des schwäbisch-alemannischen Brauchtums ein.

Geprägt sei die Historie des Fasnetsbrauchtums vom Naturjahr und Agrarzyklus, dem Römischen Kalender sowie dem christlichen Jahresablauf. So seien früher die meisten Hochzeiten im Januar oder Februar gefeiert worden, also vor der Fastenzeit und dem Beginn des Agrarjahres und damit der Feldarbeit.

Aus der Zeit des Römischen Kalenders sei überliefert, dass die Römer bei ihren Festen oder Theatervorführungen schon Masken trugen. Je flacher das Antlitz einer Larve, desto älter die Maske, so der Historiker. Dabei flocht er viel Bildmaterial von den Schömberger und Rottweiler Fasnetsfiguren ein – seinen Lieblingsmasken, so Mezger. Die erste urkundlich erwähnte Maske sei in Ulm gefunden worden und stelle einen Teufel dar. Die Kirche sei in dieser Zeit der Fasnet kritisch gegenüber gestanden und habe zur strengen Fastenzeit und Askese danach aufgerufen.

In Fronleichnamsprozessionen seien Teufelsmasken getragen worden, die an der Fasnet an die Narren ausgeliehen wurden. In südlichen Ländern fänden heute noch kirchliche Prozessionen mit Teufelsmasken statt, betonte der Referent. Viele südländische Bräuche und Riten fänden in der schwäbisch-alemannischen Fasnetswelt ihren festen Platz und seien nicht mehr wegzudenken – wie etwa Bajazzo, Larve, Marotte und andere mehr. Den Umbruch brachte die Reformation um 1500: Fasnet sei in vielen evangelischen Städten und Gemeinden verboten worden und über die Jahre hinweg völlig eingeschlafen. Auch Kriegszeiten hätten immer wieder die Fasnets-Hochkultur beeinträchtigt, so sei erst 1924, also Jahre nach dem Ersten Weltkrieg, wieder Fasnet gefeiert worden; Narrenzünfte gründeten sich.

Fasnets-Hochkultur, Popularkultur, kulturelles Kapital Europas – mit diesen Schlagworten bezeichnet Mezger die hiesige Fasnetslandschaft treffend und plädierte dafür, sie als Weltkulturerbe bei der UNESCO aufzunehmen zu lassen.

Ein Abend voller neuer Erkenntnisse rund um die Fasnet, humorig und spannend vorgetragen von einem Urgestein der schwäbisch-alemannischen Fasnet: Der Arbeitskreis hatte mit diesem Vortrag ins Schwarze getroffen und die beginnende fünfte Jahreszeit mit einem passenden Vortrag dazu eingeläutet.

Kiene bedankte sich bei Werner Mezger mit einem hochprozentigen Präsent aus der Region.